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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

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das junge Mädchen gerade heimisch und liebens-
würdig erscheint, wird zerstört, und ein neuer
spiegelblanker Palast errichtet. Durch die gro-
ßen Scheiben dringt strahlend hell das Sonnen-
licht, und glänzt von den glatten Marmorwän-
den wieder. Alles ist Licht -- kein Halbdunkel,
kein düsterer Schatten; aber auch kein stiller
Raum, um dem Schöpfer einen Altar zu bauen,
kein traulich Plätzchen für schüchterne Liebe. --
Gustav! ich habe Dir, als Du noch auf meinen
Knien spieltest oft in Märchen und Bildern die
Wahrheit mitzutheilen versucht, die ich Deinem
Herzen einprägen wollte; die alte Gewohnheit
ist mir geblieben, wie Du siehst. Jenny, von
den Ihrigen im Zweifel erzogen, ist ein weibli-
cher Freigeist geworden. Wird sie Dich glück-
lich zu machen vermögen?"

Reinhard sah brütend vor sich nieder, ohne
zu antworten; auch seine Mutter verlor sich in
Gedanken, denen sie nach einigen Minuten

das junge Mädchen gerade heimiſch und liebens-
würdig erſcheint, wird zerſtört, und ein neuer
ſpiegelblanker Palaſt errichtet. Durch die gro-
ßen Scheiben dringt ſtrahlend hell das Sonnen-
licht, und glänzt von den glatten Marmorwän-
den wieder. Alles iſt Licht — kein Halbdunkel,
kein düſterer Schatten; aber auch kein ſtiller
Raum, um dem Schöpfer einen Altar zu bauen,
kein traulich Plätzchen für ſchüchterne Liebe. —
Guſtav! ich habe Dir, als Du noch auf meinen
Knien ſpielteſt oft in Märchen und Bildern die
Wahrheit mitzutheilen verſucht, die ich Deinem
Herzen einprägen wollte; die alte Gewohnheit
iſt mir geblieben, wie Du ſiehſt. Jenny, von
den Ihrigen im Zweifel erzogen, iſt ein weibli-
cher Freigeiſt geworden. Wird ſie Dich glück-
lich zu machen vermögen?“

Reinhard ſah brütend vor ſich nieder, ohne
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[184/0196] das junge Mädchen gerade heimiſch und liebens- würdig erſcheint, wird zerſtört, und ein neuer ſpiegelblanker Palaſt errichtet. Durch die gro- ßen Scheiben dringt ſtrahlend hell das Sonnen- licht, und glänzt von den glatten Marmorwän- den wieder. Alles iſt Licht — kein Halbdunkel, kein düſterer Schatten; aber auch kein ſtiller Raum, um dem Schöpfer einen Altar zu bauen, kein traulich Plätzchen für ſchüchterne Liebe. — Guſtav! ich habe Dir, als Du noch auf meinen Knien ſpielteſt oft in Märchen und Bildern die Wahrheit mitzutheilen verſucht, die ich Deinem Herzen einprägen wollte; die alte Gewohnheit iſt mir geblieben, wie Du ſiehſt. Jenny, von den Ihrigen im Zweifel erzogen, iſt ein weibli- cher Freigeiſt geworden. Wird ſie Dich glück- lich zu machen vermögen?“ Reinhard ſah brütend vor ſich nieder, ohne zu antworten; auch ſeine Mutter verlor ſich in Gedanken, denen ſie nach einigen Minuten

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/196>, abgerufen am 28.11.2024.