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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

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unbekanntes Bangen hielt mich davon zurück.
Wenn ich es zu sagen vermöchte, wie ich Jenny
liebe, das schöne, engelschöne Kind, dessen Leh-
rer und Freund ich bin, dessen Geist, dessen
tiefes, wahres Gefühl mich für ewig an sie
kettet, an dessen Seite zu leben, das heißeste
Verlangen meines Lebens ist! -- Mutter! --
Diese Jenny ist ein edles Mädchen; theilneh-
mend, mild und rein, und ich könnte Alles
opfern, um sie mein zu nennen. Aber in
Jenny ist noch ein zweites, fremdes Wesen,
das mich kalt abstößt, wenn mein Herz offen
und warm ihr entgegenwallt. Hast Du Jenny
gesehen, wenn sie den schalen Witzen des al-
bernen Steinheim Beifall lächelt? wenn sie
mit Wonne die Huldungen von Alt und Jung
duldet, und kein höheres Glück zu kennen scheint,
als die Pracht und den Luxus, der sie umgibt,
keine andere Freude, als Allem Hohn zu spre-
chen, was es Großes und Heiliges gibt? Ich

unbekanntes Bangen hielt mich davon zurück.
Wenn ich es zu ſagen vermöchte, wie ich Jenny
liebe, das ſchöne, engelſchöne Kind, deſſen Leh-
rer und Freund ich bin, deſſen Geiſt, deſſen
tiefes, wahres Gefühl mich für ewig an ſie
kettet, an deſſen Seite zu leben, das heißeſte
Verlangen meines Lebens iſt! — Mutter! —
Dieſe Jenny iſt ein edles Mädchen; theilneh-
mend, mild und rein, und ich könnte Alles
opfern, um ſie mein zu nennen. Aber in
Jenny iſt noch ein zweites, fremdes Weſen,
das mich kalt abſtößt, wenn mein Herz offen
und warm ihr entgegenwallt. Haſt Du Jenny
geſehen, wenn ſie den ſchalen Witzen des al-
bernen Steinheim Beifall lächelt? wenn ſie
mit Wonne die Huldungen von Alt und Jung
duldet, und kein höheres Glück zu kennen ſcheint,
als die Pracht und den Luxus, der ſie umgibt,
keine andere Freude, als Allem Hohn zu ſpre-
chen, was es Großes und Heiliges gibt? Ich

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[175/0187] unbekanntes Bangen hielt mich davon zurück. Wenn ich es zu ſagen vermöchte, wie ich Jenny liebe, das ſchöne, engelſchöne Kind, deſſen Leh- rer und Freund ich bin, deſſen Geiſt, deſſen tiefes, wahres Gefühl mich für ewig an ſie kettet, an deſſen Seite zu leben, das heißeſte Verlangen meines Lebens iſt! — Mutter! — Dieſe Jenny iſt ein edles Mädchen; theilneh- mend, mild und rein, und ich könnte Alles opfern, um ſie mein zu nennen. Aber in Jenny iſt noch ein zweites, fremdes Weſen, das mich kalt abſtößt, wenn mein Herz offen und warm ihr entgegenwallt. Haſt Du Jenny geſehen, wenn ſie den ſchalen Witzen des al- bernen Steinheim Beifall lächelt? wenn ſie mit Wonne die Huldungen von Alt und Jung duldet, und kein höheres Glück zu kennen ſcheint, als die Pracht und den Luxus, der ſie umgibt, keine andere Freude, als Allem Hohn zu ſpre- chen, was es Großes und Heiliges gibt? Ich

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/187>, abgerufen am 28.11.2024.