eingenommen, ehe sie irgend etwas gethan hatte, dies Urtheil zu rechtfertigen. "Solch ein Mädchen könnte und müßte der Schutzgeist eines Hauses sein", sagte sich Eduard, und es that ihm leid, daß dieses milde Wesen einer Familie angehöre, in der sie weder glücklich zu sein, noch glücklich zu machen vermochte.
Als Clara sich beruhigt hatte und das me- dizinische Examen vorbei war, ermahnte Meier sie, sich so viel als möglich zu schonen, und sich ruhig zu halten. "Bedenken Sie, Fräu- lein! daß Körper und Geist bei solchen Auf- regungen gleichmäßig afficirt werden, daß der Körper durch Ihre Gemüthsbewegung leidet und nicht die frühere Kraft gewinnen kann, und daß Sie, andererseits, bei diesem gereizten Nervenzustande, jedes geistige Leid doppelt schwer empfinden." Mit diesen Worten wollte Meier von ihr scheiden, sie hielt ihn aber zu- rück und bat: "Vergessen Sie, was ich heute
eingenommen, ehe ſie irgend etwas gethan hatte, dies Urtheil zu rechtfertigen. „Solch ein Mädchen könnte und müßte der Schutzgeiſt eines Hauſes ſein“, ſagte ſich Eduard, und es that ihm leid, daß dieſes milde Weſen einer Familie angehöre, in der ſie weder glücklich zu ſein, noch glücklich zu machen vermochte.
Als Clara ſich beruhigt hatte und das me- diziniſche Examen vorbei war, ermahnte Meier ſie, ſich ſo viel als möglich zu ſchonen, und ſich ruhig zu halten. „Bedenken Sie, Fräu- lein! daß Körper und Geiſt bei ſolchen Auf- regungen gleichmäßig afficirt werden, daß der Körper durch Ihre Gemüthsbewegung leidet und nicht die frühere Kraft gewinnen kann, und daß Sie, andererſeits, bei dieſem gereizten Nervenzuſtande, jedes geiſtige Leid doppelt ſchwer empfinden.“ Mit dieſen Worten wollte Meier von ihr ſcheiden, ſie hielt ihn aber zu- rück und bat: „Vergeſſen Sie, was ich heute
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eingenommen, ehe ſie irgend etwas gethan
hatte, dies Urtheil zu rechtfertigen. „Solch
ein Mädchen könnte und müßte der Schutzgeiſt
eines Hauſes ſein“, ſagte ſich Eduard, und es
that ihm leid, daß dieſes milde Weſen einer
Familie angehöre, in der ſie weder glücklich zu
ſein, noch glücklich zu machen vermochte.
Als Clara ſich beruhigt hatte und das me-
diziniſche Examen vorbei war, ermahnte Meier
ſie, ſich ſo viel als möglich zu ſchonen, und
ſich ruhig zu halten. „Bedenken Sie, Fräu-
lein! daß Körper und Geiſt bei ſolchen Auf-
regungen gleichmäßig afficirt werden, daß der
Körper durch Ihre Gemüthsbewegung leidet
und nicht die frühere Kraft gewinnen kann,
und daß Sie, andererſeits, bei dieſem gereizten
Nervenzuſtande, jedes geiſtige Leid doppelt
ſchwer empfinden.“ Mit dieſen Worten wollte
Meier von ihr ſcheiden, ſie hielt ihn aber zu-
rück und bat: „Vergeſſen Sie, was ich heute
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/138>, abgerufen am 22.11.2024.
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