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Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.

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wollte er sie um die späte Stunde nicht -- oder man hörte ihr Klopfen und Rufen wohl auch nicht -- so war es tief in die Nacht geworden. Der Gedanke, auf der Straße zu bleiben, der Polizei in die Hände zu fallen, für immer verdächtigt zu werden, hatte sie ganz außer sich gebracht; und man sagte mir, sie wären am Morgen wie Kinder, dankend und wieder dankend, aus dem Asyle fortgegangen.

Da war ferner eine polnische Jüdin mit einem Kinde, die ihrem Manne hatte, ich weiß nicht, wohin, nachgehen wollen und unterwegs erkrankt war; eine andere Näherin, die durch Krankheit in ihrem Erwerbe zurückgekommen war und deren Hauswirth, während sie außer dem Hause auf Arbeit ausgegangen war, zum Ausgleich für die fällige Miethe ihre wenigen Sachen fortgenommen und sie Abends nicht mehr in das Haus gelassen hatte. Dann kam ein junges hübsches Frauenzimmer aus Potsdam, das man listig aus seinem Dienst fortzugehen überredet und das noch in viel bedenklichere Lage als jene ersterwähnten Mädchen gebracht worden war; kurz, Noth und Verlegenheit und Hülflosigkeit von aller Art -- und das Alles hatte sich gleich in den ersten acht Tagen so herausgestellt.

Seitdem hat der "Asyl-Verein" sich fest begründet und seine Statuten veröffentlicht; aber von der Gründung eines Männer-Asyles hat man vorläufig noch abstehen müssen, da das Frauen-Asyl erweitert und, wie es voraus

wollte er sie um die späte Stunde nicht — oder man hörte ihr Klopfen und Rufen wohl auch nicht — so war es tief in die Nacht geworden. Der Gedanke, auf der Straße zu bleiben, der Polizei in die Hände zu fallen, für immer verdächtigt zu werden, hatte sie ganz außer sich gebracht; und man sagte mir, sie wären am Morgen wie Kinder, dankend und wieder dankend, aus dem Asyle fortgegangen.

Da war ferner eine polnische Jüdin mit einem Kinde, die ihrem Manne hatte, ich weiß nicht, wohin, nachgehen wollen und unterwegs erkrankt war; eine andere Näherin, die durch Krankheit in ihrem Erwerbe zurückgekommen war und deren Hauswirth, während sie außer dem Hause auf Arbeit ausgegangen war, zum Ausgleich für die fällige Miethe ihre wenigen Sachen fortgenommen und sie Abends nicht mehr in das Haus gelassen hatte. Dann kam ein junges hübsches Frauenzimmer aus Potsdam, das man listig aus seinem Dienst fortzugehen überredet und das noch in viel bedenklichere Lage als jene ersterwähnten Mädchen gebracht worden war; kurz, Noth und Verlegenheit und Hülflosigkeit von aller Art — und das Alles hatte sich gleich in den ersten acht Tagen so herausgestellt.

Seitdem hat der »Asyl-Verein« sich fest begründet und seine Statuten veröffentlicht; aber von der Gründung eines Männer-Asyles hat man vorläufig noch abstehen müssen, da das Frauen-Asyl erweitert und, wie es voraus

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[77/0087] wollte er sie um die späte Stunde nicht — oder man hörte ihr Klopfen und Rufen wohl auch nicht — so war es tief in die Nacht geworden. Der Gedanke, auf der Straße zu bleiben, der Polizei in die Hände zu fallen, für immer verdächtigt zu werden, hatte sie ganz außer sich gebracht; und man sagte mir, sie wären am Morgen wie Kinder, dankend und wieder dankend, aus dem Asyle fortgegangen. Da war ferner eine polnische Jüdin mit einem Kinde, die ihrem Manne hatte, ich weiß nicht, wohin, nachgehen wollen und unterwegs erkrankt war; eine andere Näherin, die durch Krankheit in ihrem Erwerbe zurückgekommen war und deren Hauswirth, während sie außer dem Hause auf Arbeit ausgegangen war, zum Ausgleich für die fällige Miethe ihre wenigen Sachen fortgenommen und sie Abends nicht mehr in das Haus gelassen hatte. Dann kam ein junges hübsches Frauenzimmer aus Potsdam, das man listig aus seinem Dienst fortzugehen überredet und das noch in viel bedenklichere Lage als jene ersterwähnten Mädchen gebracht worden war; kurz, Noth und Verlegenheit und Hülflosigkeit von aller Art — und das Alles hatte sich gleich in den ersten acht Tagen so herausgestellt. Seitdem hat der »Asyl-Verein« sich fest begründet und seine Statuten veröffentlicht; aber von der Gründung eines Männer-Asyles hat man vorläufig noch abstehen müssen, da das Frauen-Asyl erweitert und, wie es voraus

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/87>, abgerufen am 25.11.2024.