Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.gegangen, endlich war man in einem Keller angelangt, da hatten Männer beim Bier gesessen, geraucht und Karten gespielt. Die Frau hatte die Mädchen aufgefordert, es sich bequem zu machen, es war ihnen auch zu essen und zu trinken gegeben worden und sie hatten kein Arg gehabt, bis ihre Beschützerin ihnen gesagt hatte, sie möchten sich doch nicht so in die Ecken drücken, sie betriebe eine Gastwirthschaft, es wären lauter anständige Herren, die bei ihr verkehrten, sie sollten sich denen doch angenehm zu machen suchen, dann könne sie sie vielleicht selbst in ihrem Dienst behalten. Die anständigen Herren wurden dann auch gesprächig und -- zudringlich; und die beiden armen jungen Dinger liefen in ihrer Herzensangst davon, ohne zu wissen, wie die Frau geheißen, die sie angelockt, ohne auch nur zu ahnen, in welchem Stadttheil deren Wohnung gelegen hatte. Dann kamen ein ander Mal um Mitternacht zwei junge Näherinnen. Obschon die Stunde des Reglements vorüber war, bat der in der Nähe stationirte Schutzmann selbst für sie um Aufnahme, da er sie nicht für absichtliche Nachtschwärmerinnen hielt, und sie weinten und flehten so sehr, daß man ihnen nachgab, besonders, da sie ehrlich gestanden, daß sie für diese Nacht durch ihre Schuld auf der Straße geblieben wären. Es war Sonntag, sie waren in einen Verein zum Tanz gegangen, hatten beim Tanze die Zeit verpaßt. Hausschlüssel gab (sehr vernünftiger Weise) ihr Hauswirth ihnen nicht, einlassen gegangen, endlich war man in einem Keller angelangt, da hatten Männer beim Bier gesessen, geraucht und Karten gespielt. Die Frau hatte die Mädchen aufgefordert, es sich bequem zu machen, es war ihnen auch zu essen und zu trinken gegeben worden und sie hatten kein Arg gehabt, bis ihre Beschützerin ihnen gesagt hatte, sie möchten sich doch nicht so in die Ecken drücken, sie betriebe eine Gastwirthschaft, es wären lauter anständige Herren, die bei ihr verkehrten, sie sollten sich denen doch angenehm zu machen suchen, dann könne sie sie vielleicht selbst in ihrem Dienst behalten. Die anständigen Herren wurden dann auch gesprächig und — zudringlich; und die beiden armen jungen Dinger liefen in ihrer Herzensangst davon, ohne zu wissen, wie die Frau geheißen, die sie angelockt, ohne auch nur zu ahnen, in welchem Stadttheil deren Wohnung gelegen hatte. Dann kamen ein ander Mal um Mitternacht zwei junge Näherinnen. Obschon die Stunde des Reglements vorüber war, bat der in der Nähe stationirte Schutzmann selbst für sie um Aufnahme, da er sie nicht für absichtliche Nachtschwärmerinnen hielt, und sie weinten und flehten so sehr, daß man ihnen nachgab, besonders, da sie ehrlich gestanden, daß sie für diese Nacht durch ihre Schuld auf der Straße geblieben wären. Es war Sonntag, sie waren in einen Verein zum Tanz gegangen, hatten beim Tanze die Zeit verpaßt. Hausschlüssel gab (sehr vernünftiger Weise) ihr Hauswirth ihnen nicht, einlassen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0086" n="76"/> gegangen, endlich war man in einem Keller angelangt, da hatten Männer beim Bier gesessen, geraucht und Karten gespielt. Die Frau hatte die Mädchen aufgefordert, es sich bequem zu machen, es war ihnen auch zu essen und zu trinken gegeben worden und sie hatten kein Arg gehabt, bis ihre Beschützerin ihnen gesagt hatte, sie möchten sich doch nicht so in die Ecken drücken, sie betriebe eine Gastwirthschaft, es wären lauter anständige Herren, die bei ihr verkehrten, sie sollten sich denen doch angenehm zu machen suchen, dann könne sie sie vielleicht selbst in ihrem Dienst behalten. Die anständigen Herren wurden dann auch gesprächig und — zudringlich; und die beiden armen jungen Dinger liefen in ihrer Herzensangst davon, ohne zu wissen, wie die Frau geheißen, die sie angelockt, ohne auch nur zu ahnen, in welchem Stadttheil deren Wohnung gelegen hatte.</p> <p>Dann kamen ein ander Mal um Mitternacht zwei junge Näherinnen. Obschon die Stunde des Reglements vorüber war, bat der in der Nähe stationirte Schutzmann selbst für sie um Aufnahme, da er sie nicht für absichtliche Nachtschwärmerinnen hielt, und sie weinten und flehten so sehr, daß man ihnen nachgab, besonders, da sie ehrlich gestanden, daß sie für diese Nacht durch ihre Schuld auf der Straße geblieben wären. Es war Sonntag, sie waren in einen Verein zum Tanz gegangen, hatten beim Tanze die Zeit verpaßt. Hausschlüssel gab (sehr vernünftiger Weise) ihr Hauswirth ihnen nicht, einlassen </p> </div> </body> </text> </TEI> [76/0086]
gegangen, endlich war man in einem Keller angelangt, da hatten Männer beim Bier gesessen, geraucht und Karten gespielt. Die Frau hatte die Mädchen aufgefordert, es sich bequem zu machen, es war ihnen auch zu essen und zu trinken gegeben worden und sie hatten kein Arg gehabt, bis ihre Beschützerin ihnen gesagt hatte, sie möchten sich doch nicht so in die Ecken drücken, sie betriebe eine Gastwirthschaft, es wären lauter anständige Herren, die bei ihr verkehrten, sie sollten sich denen doch angenehm zu machen suchen, dann könne sie sie vielleicht selbst in ihrem Dienst behalten. Die anständigen Herren wurden dann auch gesprächig und — zudringlich; und die beiden armen jungen Dinger liefen in ihrer Herzensangst davon, ohne zu wissen, wie die Frau geheißen, die sie angelockt, ohne auch nur zu ahnen, in welchem Stadttheil deren Wohnung gelegen hatte.
Dann kamen ein ander Mal um Mitternacht zwei junge Näherinnen. Obschon die Stunde des Reglements vorüber war, bat der in der Nähe stationirte Schutzmann selbst für sie um Aufnahme, da er sie nicht für absichtliche Nachtschwärmerinnen hielt, und sie weinten und flehten so sehr, daß man ihnen nachgab, besonders, da sie ehrlich gestanden, daß sie für diese Nacht durch ihre Schuld auf der Straße geblieben wären. Es war Sonntag, sie waren in einen Verein zum Tanz gegangen, hatten beim Tanze die Zeit verpaßt. Hausschlüssel gab (sehr vernünftiger Weise) ihr Hauswirth ihnen nicht, einlassen
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