Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.denkt, für die allgemeine Bildung des weiblichen Geschlechtes leisten könne, so dünkt mich, daß es eine Organisirung des Privatunterrichtes ist, den gebildete und begüterte Frauen sich gelegentlich zu verschaffen pflegten, und der auf diese Weise von guten Lehrern gemeinsam und weit billiger gegeben wird, als man ihn sich bisher ermöglichen konnte. Das ist etwas sehr Dankenswerthes, eine große Annehmlichkeit für eine Menge von Frauen. Es kommt auch denen zu Statten, die als Lehrerinnen und Gouvernanten ihr Brod verdienen sollen; aber solche Institute sind nicht der Hebel oder das Mittel, welches den ganzen Culturstand und damit die Stellung der Frauen in der Staatsgesellschaft verbessert und erhöht. Ich muß oftmals lachen, wenn ich davon sprechen höre, daß man jetzt schon Universitäten für Frauen in Deutschland gründen will, da es doch noch keinem Menschen eingefallen ist, Universitäten für Tertianer zu gründen; und die Arbeitssolidität und das wirkliche positive Wissen der großen Masse unter den Frauen werden doch bis jetzt schwerlich mit einem soliden Tertianer, der für die Secunda reif ist, eine erfolgreiche Concurrenz aushalten können. Es ist immer dasselbe verderbliche System der Ausnahmestellung, das die Frauen zu keiner gründlichen Ausbildung und deshalb zu keiner vollständigen Entwickelung ihrer Fähigkeiten gelangen läßt. Das aber: die vollständige Entwickelung und der dadurch allein denkt, für die allgemeine Bildung des weiblichen Geschlechtes leisten könne, so dünkt mich, daß es eine Organisirung des Privatunterrichtes ist, den gebildete und begüterte Frauen sich gelegentlich zu verschaffen pflegten, und der auf diese Weise von guten Lehrern gemeinsam und weit billiger gegeben wird, als man ihn sich bisher ermöglichen konnte. Das ist etwas sehr Dankenswerthes, eine große Annehmlichkeit für eine Menge von Frauen. Es kommt auch denen zu Statten, die als Lehrerinnen und Gouvernanten ihr Brod verdienen sollen; aber solche Institute sind nicht der Hebel oder das Mittel, welches den ganzen Culturstand und damit die Stellung der Frauen in der Staatsgesellschaft verbessert und erhöht. Ich muß oftmals lachen, wenn ich davon sprechen höre, daß man jetzt schon Universitäten für Frauen in Deutschland gründen will, da es doch noch keinem Menschen eingefallen ist, Universitäten für Tertianer zu gründen; und die Arbeitssolidität und das wirkliche positive Wissen der großen Masse unter den Frauen werden doch bis jetzt schwerlich mit einem soliden Tertianer, der für die Secunda reif ist, eine erfolgreiche Concurrenz aushalten können. Es ist immer dasselbe verderbliche System der Ausnahmestellung, das die Frauen zu keiner gründlichen Ausbildung und deshalb zu keiner vollständigen Entwickelung ihrer Fähigkeiten gelangen läßt. Das aber: die vollständige Entwickelung und der dadurch allein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0074" n="64"/> denkt, für die allgemeine Bildung des weiblichen Geschlechtes leisten könne, so dünkt mich, daß es eine Organisirung des Privatunterrichtes ist, den gebildete und begüterte Frauen sich gelegentlich zu verschaffen pflegten, und der auf diese Weise von guten Lehrern gemeinsam und weit billiger gegeben wird, als man ihn sich bisher ermöglichen konnte. Das ist etwas sehr Dankenswerthes, eine große Annehmlichkeit für eine Menge von Frauen. Es kommt auch denen zu Statten, die als Lehrerinnen und Gouvernanten ihr Brod verdienen sollen; aber solche Institute sind nicht der Hebel oder das Mittel, welches den ganzen Culturstand und damit die Stellung der Frauen in der Staatsgesellschaft verbessert und erhöht.</p> <p>Ich muß oftmals lachen, wenn ich davon sprechen höre, daß man jetzt schon Universitäten für Frauen in Deutschland gründen will, da es doch noch keinem Menschen eingefallen ist, Universitäten für Tertianer zu gründen; und die Arbeitssolidität und das wirkliche positive Wissen der großen Masse unter den Frauen werden doch bis jetzt schwerlich mit einem soliden Tertianer, der für die Secunda reif ist, eine erfolgreiche Concurrenz aushalten können. Es ist immer dasselbe verderbliche System der Ausnahmestellung, das die Frauen zu keiner gründlichen Ausbildung und deshalb zu keiner vollständigen Entwickelung ihrer Fähigkeiten gelangen läßt. Das aber: die vollständige Entwickelung und der dadurch allein </p> </div> </body> </text> </TEI> [64/0074]
denkt, für die allgemeine Bildung des weiblichen Geschlechtes leisten könne, so dünkt mich, daß es eine Organisirung des Privatunterrichtes ist, den gebildete und begüterte Frauen sich gelegentlich zu verschaffen pflegten, und der auf diese Weise von guten Lehrern gemeinsam und weit billiger gegeben wird, als man ihn sich bisher ermöglichen konnte. Das ist etwas sehr Dankenswerthes, eine große Annehmlichkeit für eine Menge von Frauen. Es kommt auch denen zu Statten, die als Lehrerinnen und Gouvernanten ihr Brod verdienen sollen; aber solche Institute sind nicht der Hebel oder das Mittel, welches den ganzen Culturstand und damit die Stellung der Frauen in der Staatsgesellschaft verbessert und erhöht.
Ich muß oftmals lachen, wenn ich davon sprechen höre, daß man jetzt schon Universitäten für Frauen in Deutschland gründen will, da es doch noch keinem Menschen eingefallen ist, Universitäten für Tertianer zu gründen; und die Arbeitssolidität und das wirkliche positive Wissen der großen Masse unter den Frauen werden doch bis jetzt schwerlich mit einem soliden Tertianer, der für die Secunda reif ist, eine erfolgreiche Concurrenz aushalten können. Es ist immer dasselbe verderbliche System der Ausnahmestellung, das die Frauen zu keiner gründlichen Ausbildung und deshalb zu keiner vollständigen Entwickelung ihrer Fähigkeiten gelangen läßt. Das aber: die vollständige Entwickelung und der dadurch allein
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Zitationshilfe: | Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/74>, abgerufen am 23.07.2024. |