Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.Siebenter Brief. Berlin, 8. Mai 1869. Als ich in diesen Tagen in der "Kölnischen Zeitung" den Artikel über die gelehrte Geologin und Naturforscherin Mrs. Somerville las, trat mir äußerst lebhaft die Zeit in die Erinnerung, in welcher ich die edle Frau zu wiederholten Malen gesehen und gesprochen hatte Es war in Rom im Winter von Eintausend achthundert fünf und vierzig auf sechs und vierzig. Damals hatte die nun schon lange verstorbene Kölnerin Frau Sibylle Mertens-Schaaffhausen im großen Palazzo Poli, durch dessen Mauern die Aqua Virgo ihre Wasserfluthen in das Riesenbecken der Fontana Trevi ergießt, an jedem Dienstag einen Empfangsabend, und es kam dort eine Gesellschaft zusammen, wie sie sich eben nur in den großen Mittelpunkten des Weltverkehrs begegnen kann. Frau Mertens war selbst eine gelehrte Archäologin, war von großer allgemeiner Bildung, in hohem Grade musikalisch und besaß dabei ein Talent des Erzählens, das geradezu unvergleichlich war. Wer sie nicht in einsamen Stunden am Clavier phantasiren, wer sie nicht hatte mit überwältigender Klarheit die verwickeltsten Siebenter Brief. Berlin, 8. Mai 1869. Als ich in diesen Tagen in der »Kölnischen Zeitung« den Artikel über die gelehrte Geologin und Naturforscherin Mrs. Somerville las, trat mir äußerst lebhaft die Zeit in die Erinnerung, in welcher ich die edle Frau zu wiederholten Malen gesehen und gesprochen hatte Es war in Rom im Winter von Eintausend achthundert fünf und vierzig auf sechs und vierzig. Damals hatte die nun schon lange verstorbene Kölnerin Frau Sibylle Mertens-Schaaffhausen im großen Palazzo Poli, durch dessen Mauern die Aqua Virgo ihre Wasserfluthen in das Riesenbecken der Fontana Trevi ergießt, an jedem Dienstag einen Empfangsabend, und es kam dort eine Gesellschaft zusammen, wie sie sich eben nur in den großen Mittelpunkten des Weltverkehrs begegnen kann. Frau Mertens war selbst eine gelehrte Archäologin, war von großer allgemeiner Bildung, in hohem Grade musikalisch und besaß dabei ein Talent des Erzählens, das geradezu unvergleichlich war. Wer sie nicht in einsamen Stunden am Clavier phantasiren, wer sie nicht hatte mit überwältigender Klarheit die verwickeltsten <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0069" n="[59]"/> <div n="1"> <head>Siebenter Brief.<lb/></head> <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Berlin</hi>, 8. Mai 1869.</hi> </p> <p>Als ich in diesen Tagen in der »Kölnischen Zeitung« den Artikel über die gelehrte Geologin und Naturforscherin Mrs. Somerville las, trat mir äußerst lebhaft die Zeit in die Erinnerung, in welcher ich die edle Frau zu wiederholten Malen gesehen und gesprochen hatte Es war in Rom im Winter von Eintausend achthundert fünf und vierzig auf sechs und vierzig. Damals hatte die nun schon lange verstorbene Kölnerin Frau Sibylle Mertens-Schaaffhausen im großen Palazzo Poli, durch dessen Mauern die Aqua Virgo ihre Wasserfluthen in das Riesenbecken der Fontana Trevi ergießt, an jedem Dienstag einen Empfangsabend, und es kam dort eine Gesellschaft zusammen, wie sie sich eben nur in den großen Mittelpunkten des Weltverkehrs begegnen kann.</p> <p>Frau Mertens war selbst eine gelehrte Archäologin, war von großer allgemeiner Bildung, in hohem Grade musikalisch und besaß dabei ein Talent des Erzählens, das geradezu unvergleichlich war. Wer sie nicht in einsamen Stunden am Clavier phantasiren, wer sie nicht hatte mit überwältigender Klarheit die verwickeltsten </p> </div> </body> </text> </TEI> [[59]/0069]
Siebenter Brief.
Berlin, 8. Mai 1869.
Als ich in diesen Tagen in der »Kölnischen Zeitung« den Artikel über die gelehrte Geologin und Naturforscherin Mrs. Somerville las, trat mir äußerst lebhaft die Zeit in die Erinnerung, in welcher ich die edle Frau zu wiederholten Malen gesehen und gesprochen hatte Es war in Rom im Winter von Eintausend achthundert fünf und vierzig auf sechs und vierzig. Damals hatte die nun schon lange verstorbene Kölnerin Frau Sibylle Mertens-Schaaffhausen im großen Palazzo Poli, durch dessen Mauern die Aqua Virgo ihre Wasserfluthen in das Riesenbecken der Fontana Trevi ergießt, an jedem Dienstag einen Empfangsabend, und es kam dort eine Gesellschaft zusammen, wie sie sich eben nur in den großen Mittelpunkten des Weltverkehrs begegnen kann.
Frau Mertens war selbst eine gelehrte Archäologin, war von großer allgemeiner Bildung, in hohem Grade musikalisch und besaß dabei ein Talent des Erzählens, das geradezu unvergleichlich war. Wer sie nicht in einsamen Stunden am Clavier phantasiren, wer sie nicht hatte mit überwältigender Klarheit die verwickeltsten
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