Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.fragten, nicht erwartet, daß ich Ihnen neue Belege, neue Beweise für die Nothwendigkeit der Emancipation der Frauen zur Arbeit beibringen könnte. Größere als ich, die bedeutendsten Denker unserer Zeit, haben sich in ihren theoretischen Werken ausführlich und so erschöpfend über dieses Thema ausgesprochen, daß für den, der diese Schriften kennt, fast nichts mehr hinzuzusetzen bleibt. Aber für die Einsicht derer, welchen jene umfassende Schriften nicht zugänglich sind, und für die große Zahl jener Andern, welche zu sagen lieben: daß dies Alles in der Theorie recht schön, in der Praxis aber nicht ausführbar sei, oder daß es in der Praxis doch anders herauskomme -- für diese ist es vielleicht von Nutzen, wenn eine Frau ihnen aus dem ziemlich weit reichenden Kreise ihrer persönlichen Erfahrungen immer und immer wieder die Beispiele vorhält, welche für diese gute Sache sprechen. Mehr habe ich in diesen Briefen nicht thun können, nicht thun wollen, und ich lege sie hiermit den Zweiflern wie den Zuversichtigen an's Herz. Halten wir nur das Eine fest: die Gewerbeschulen, wie sie jetzt eingerichtet werden, sind die ersten unerläßlichen Anfänge für die Aufgabe, welche vor uns liegt. Die Mädchen, welche sich in diesen und durch diese Gewerbeschulen auch nur eine Stufe über den Boden ihrer bisherigen Lebensbedingungen emporschwingen, leisten nicht nur sich selber, sondern der günstigen Fortentwickelung unserer gesammten Zustände einen wesentlichen Dienst. fragten, nicht erwartet, daß ich Ihnen neue Belege, neue Beweise für die Nothwendigkeit der Emancipation der Frauen zur Arbeit beibringen könnte. Größere als ich, die bedeutendsten Denker unserer Zeit, haben sich in ihren theoretischen Werken ausführlich und so erschöpfend über dieses Thema ausgesprochen, daß für den, der diese Schriften kennt, fast nichts mehr hinzuzusetzen bleibt. Aber für die Einsicht derer, welchen jene umfassende Schriften nicht zugänglich sind, und für die große Zahl jener Andern, welche zu sagen lieben: daß dies Alles in der Theorie recht schön, in der Praxis aber nicht ausführbar sei, oder daß es in der Praxis doch anders herauskomme — für diese ist es vielleicht von Nutzen, wenn eine Frau ihnen aus dem ziemlich weit reichenden Kreise ihrer persönlichen Erfahrungen immer und immer wieder die Beispiele vorhält, welche für diese gute Sache sprechen. Mehr habe ich in diesen Briefen nicht thun können, nicht thun wollen, und ich lege sie hiermit den Zweiflern wie den Zuversichtigen an's Herz. Halten wir nur das Eine fest: die Gewerbeschulen, wie sie jetzt eingerichtet werden, sind die ersten unerläßlichen Anfänge für die Aufgabe, welche vor uns liegt. Die Mädchen, welche sich in diesen und durch diese Gewerbeschulen auch nur eine Stufe über den Boden ihrer bisherigen Lebensbedingungen emporschwingen, leisten nicht nur sich selber, sondern der günstigen Fortentwickelung unserer gesammten Zustände einen wesentlichen Dienst. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0066" n="56"/> fragten, nicht erwartet, daß ich Ihnen neue Belege, neue Beweise für die Nothwendigkeit der Emancipation der Frauen zur Arbeit beibringen könnte. Größere als ich, die bedeutendsten Denker unserer Zeit, haben sich in ihren theoretischen Werken ausführlich und so erschöpfend über dieses Thema ausgesprochen, daß für den, der diese Schriften kennt, fast nichts mehr hinzuzusetzen bleibt. Aber für die Einsicht derer, welchen jene umfassende Schriften nicht zugänglich sind, und für die große Zahl jener Andern, welche zu sagen lieben: daß dies Alles in der <hi rendition="#g">Theorie</hi> recht schön, in der <hi rendition="#g">Praxis</hi> aber nicht ausführbar sei, oder daß es in der Praxis doch anders herauskomme — für diese ist es vielleicht von Nutzen, wenn eine Frau ihnen aus dem ziemlich weit reichenden Kreise ihrer persönlichen Erfahrungen immer und immer wieder die Beispiele vorhält, welche für diese gute Sache sprechen. Mehr habe ich in diesen Briefen nicht thun können, nicht thun wollen, und ich lege sie hiermit den Zweiflern wie den Zuversichtigen an's Herz.</p> <p>Halten wir nur das Eine fest: die Gewerbeschulen, wie sie jetzt eingerichtet werden, sind die ersten unerläßlichen Anfänge für die Aufgabe, welche vor uns liegt. Die Mädchen, welche sich in diesen und durch diese Gewerbeschulen auch nur <hi rendition="#g">eine</hi> Stufe über den Boden ihrer bisherigen Lebensbedingungen emporschwingen, leisten nicht nur sich selber, sondern der günstigen Fortentwickelung unserer gesammten Zustände einen wesentlichen Dienst.</p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [56/0066]
fragten, nicht erwartet, daß ich Ihnen neue Belege, neue Beweise für die Nothwendigkeit der Emancipation der Frauen zur Arbeit beibringen könnte. Größere als ich, die bedeutendsten Denker unserer Zeit, haben sich in ihren theoretischen Werken ausführlich und so erschöpfend über dieses Thema ausgesprochen, daß für den, der diese Schriften kennt, fast nichts mehr hinzuzusetzen bleibt. Aber für die Einsicht derer, welchen jene umfassende Schriften nicht zugänglich sind, und für die große Zahl jener Andern, welche zu sagen lieben: daß dies Alles in der Theorie recht schön, in der Praxis aber nicht ausführbar sei, oder daß es in der Praxis doch anders herauskomme — für diese ist es vielleicht von Nutzen, wenn eine Frau ihnen aus dem ziemlich weit reichenden Kreise ihrer persönlichen Erfahrungen immer und immer wieder die Beispiele vorhält, welche für diese gute Sache sprechen. Mehr habe ich in diesen Briefen nicht thun können, nicht thun wollen, und ich lege sie hiermit den Zweiflern wie den Zuversichtigen an's Herz.
Halten wir nur das Eine fest: die Gewerbeschulen, wie sie jetzt eingerichtet werden, sind die ersten unerläßlichen Anfänge für die Aufgabe, welche vor uns liegt. Die Mädchen, welche sich in diesen und durch diese Gewerbeschulen auch nur eine Stufe über den Boden ihrer bisherigen Lebensbedingungen emporschwingen, leisten nicht nur sich selber, sondern der günstigen Fortentwickelung unserer gesammten Zustände einen wesentlichen Dienst.
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