Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.Fünfter Brief. Als wir im vorigen Jahre in Genf einmal über die Emancipation der Frauen zur Arbeit und über die weibliche Gewerbthätigkeit sprachen, bemerkte man mir, daß in Genf die industrielle Beschäftigung der Mädchen und Frauen in den eigentlichen Arbeiterständen und auch über deren Bereich hinaus etwas Altherkömmliches sei. Für die Mädchen habe man darin keinen Nachtheil gefunden, sie hielten sich zu ihren Familien und brächten es auch zu einem Heirathsgute. Auf meine Frage, ob sich der Bildungsgrad und die Moralität der Mädchen durch die industrielle Beschäftigung, im Vergleich zu den Cantonen, in welchen dieselbe weniger üblich sei, gebessert oder verschlechtert hätten, konnte ich von meinen Bekannten keine Auskunft erhalten. Sie waren aber natürlich auch der Ansicht, daß es eine Wohlthat sei, wenn durch eine ordentliche Unterweisung der Mädchen und durch ihre zuverlässige Erwerbsfähigkeit die Möglichkeit der Ehen und der soliden Familienbegründung erhöht, und eben dadurch der Entsittlichung beider Geschlechter in ungeregelten und zügellosen Verbindungen so viel als Fünfter Brief. Als wir im vorigen Jahre in Genf einmal über die Emancipation der Frauen zur Arbeit und über die weibliche Gewerbthätigkeit sprachen, bemerkte man mir, daß in Genf die industrielle Beschäftigung der Mädchen und Frauen in den eigentlichen Arbeiterständen und auch über deren Bereich hinaus etwas Altherkömmliches sei. Für die Mädchen habe man darin keinen Nachtheil gefunden, sie hielten sich zu ihren Familien und brächten es auch zu einem Heirathsgute. Auf meine Frage, ob sich der Bildungsgrad und die Moralität der Mädchen durch die industrielle Beschäftigung, im Vergleich zu den Cantonen, in welchen dieselbe weniger üblich sei, gebessert oder verschlechtert hätten, konnte ich von meinen Bekannten keine Auskunft erhalten. Sie waren aber natürlich auch der Ansicht, daß es eine Wohlthat sei, wenn durch eine ordentliche Unterweisung der Mädchen und durch ihre zuverlässige Erwerbsfähigkeit die Möglichkeit der Ehen und der soliden Familienbegründung erhöht, und eben dadurch der Entsittlichung beider Geschlechter in ungeregelten und zügellosen Verbindungen so viel als <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0054" n="44"/> <div n="1"> <head>Fünfter Brief.<lb/></head> <p> Als wir im vorigen Jahre in Genf einmal über die Emancipation der Frauen zur Arbeit und über die weibliche Gewerbthätigkeit sprachen, bemerkte man mir, daß in Genf die industrielle Beschäftigung der Mädchen und Frauen in den eigentlichen Arbeiterständen und auch über deren Bereich hinaus etwas Altherkömmliches sei. Für die Mädchen habe man darin keinen Nachtheil gefunden, sie hielten sich zu ihren Familien und brächten es auch zu einem Heirathsgute. Auf meine Frage, ob sich der Bildungsgrad und die Moralität der Mädchen durch die industrielle Beschäftigung, im Vergleich zu den Cantonen, in welchen dieselbe weniger üblich sei, gebessert oder verschlechtert hätten, konnte ich von meinen Bekannten keine Auskunft erhalten. Sie waren aber natürlich auch der Ansicht, daß es eine Wohlthat sei, wenn durch eine ordentliche Unterweisung der Mädchen und durch ihre zuverlässige Erwerbsfähigkeit die Möglichkeit der Ehen und der soliden Familienbegründung erhöht, und eben dadurch der Entsittlichung beider Geschlechter in ungeregelten und zügellosen Verbindungen so viel als </p> </div> </body> </text> </TEI> [44/0054]
Fünfter Brief.
Als wir im vorigen Jahre in Genf einmal über die Emancipation der Frauen zur Arbeit und über die weibliche Gewerbthätigkeit sprachen, bemerkte man mir, daß in Genf die industrielle Beschäftigung der Mädchen und Frauen in den eigentlichen Arbeiterständen und auch über deren Bereich hinaus etwas Altherkömmliches sei. Für die Mädchen habe man darin keinen Nachtheil gefunden, sie hielten sich zu ihren Familien und brächten es auch zu einem Heirathsgute. Auf meine Frage, ob sich der Bildungsgrad und die Moralität der Mädchen durch die industrielle Beschäftigung, im Vergleich zu den Cantonen, in welchen dieselbe weniger üblich sei, gebessert oder verschlechtert hätten, konnte ich von meinen Bekannten keine Auskunft erhalten. Sie waren aber natürlich auch der Ansicht, daß es eine Wohlthat sei, wenn durch eine ordentliche Unterweisung der Mädchen und durch ihre zuverlässige Erwerbsfähigkeit die Möglichkeit der Ehen und der soliden Familienbegründung erhöht, und eben dadurch der Entsittlichung beider Geschlechter in ungeregelten und zügellosen Verbindungen so viel als
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