Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.welche von diesen Vorurtheilen zu leiden haben, sich leider nicht allein aus ihrer eigenen, innern Machtvollkommenheit helfen, besonders, da sie zur Abhängigkeit erzogen, es nicht verstehen, eine Initiative zu ergreifen. Es ist also nöthig, daß man unterscheidet, von welchen Seiten sich wirklich Bedenken gegen die Gewerbthätigkeit der Frauen erheben lassen und von welchen Seiten der Widerstand gegen dieselbe auf bloßem Verkennen der Verhältnisse, auf unbegründeten altherkömmlichen Voreingenommenheiten beruht. Das wollen wir versuchen uns gleichfalls klar zu machen. Vorher aber lassen Sie mich Ihnen noch bemerken, daß nicht nur zu allen Zeiten die Noth einzelne Frauen zur Erwerbthätigkeit hingeführt hat, sondern daß in besonderen Fällen verständige, den gebildetsten Ständen angehörende Väter ihre Töchter geflissentlich zu ihren Mitarbeitern bei ihrem Gewerbe und bei ihren Studien gemacht haben. Einer der würdigsten unter diesen Letztern war Philipp Daniel Lippert, der Freund und Vorläufer von Winckelmann. Justi, der neueste Biograph Winckelmann's und seiner Zeit, berichtet in dem Capitel, welches Lippert gewidmet ist, darüber wie folgt: "Lippert hatte etwas von den Eigenschaften, durch die sonst Bürger deutscher Reichsstädte sich ein Vermögen gründeten: eine starrköpfige Zähigkeit, eine kühne aber sicher schreitende Speculation. Nach dem Vorbild seiner armen tapfern Mutter, welche von diesen Vorurtheilen zu leiden haben, sich leider nicht allein aus ihrer eigenen, innern Machtvollkommenheit helfen, besonders, da sie zur Abhängigkeit erzogen, es nicht verstehen, eine Initiative zu ergreifen. Es ist also nöthig, daß man unterscheidet, von welchen Seiten sich wirklich Bedenken gegen die Gewerbthätigkeit der Frauen erheben lassen und von welchen Seiten der Widerstand gegen dieselbe auf bloßem Verkennen der Verhältnisse, auf unbegründeten altherkömmlichen Voreingenommenheiten beruht. Das wollen wir versuchen uns gleichfalls klar zu machen. Vorher aber lassen Sie mich Ihnen noch bemerken, daß nicht nur zu allen Zeiten die Noth einzelne Frauen zur Erwerbthätigkeit hingeführt hat, sondern daß in besonderen Fällen verständige, den gebildetsten Ständen angehörende Väter ihre Töchter geflissentlich zu ihren Mitarbeitern bei ihrem Gewerbe und bei ihren Studien gemacht haben. Einer der würdigsten unter diesen Letztern war Philipp Daniel Lippert, der Freund und Vorläufer von Winckelmann. Justi, der neueste Biograph Winckelmann's und seiner Zeit, berichtet in dem Capitel, welches Lippert gewidmet ist, darüber wie folgt: »Lippert hatte etwas von den Eigenschaften, durch die sonst Bürger deutscher Reichsstädte sich ein Vermögen gründeten: eine starrköpfige Zähigkeit, eine kühne aber sicher schreitende Speculation. Nach dem Vorbild seiner armen tapfern Mutter, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0052" n="42"/> welche von diesen Vorurtheilen zu leiden haben, sich leider nicht allein aus ihrer eigenen, innern Machtvollkommenheit helfen, besonders, da sie zur Abhängigkeit erzogen, es nicht verstehen, eine Initiative zu ergreifen. Es ist also nöthig, daß man unterscheidet, von welchen Seiten sich wirklich Bedenken gegen die Gewerbthätigkeit der Frauen erheben lassen und von welchen Seiten der Widerstand gegen dieselbe auf bloßem Verkennen der Verhältnisse, auf unbegründeten altherkömmlichen Voreingenommenheiten beruht. Das wollen wir versuchen uns gleichfalls klar zu machen.</p> <p>Vorher aber lassen Sie mich Ihnen noch bemerken, daß nicht nur zu allen Zeiten die Noth einzelne Frauen zur Erwerbthätigkeit hingeführt hat, sondern daß in besonderen Fällen verständige, den gebildetsten Ständen angehörende Väter ihre Töchter geflissentlich zu ihren Mitarbeitern bei ihrem Gewerbe und bei ihren Studien gemacht haben. Einer der würdigsten unter diesen Letztern war Philipp Daniel Lippert, der Freund und Vorläufer von Winckelmann.</p> <p>Justi, der neueste Biograph Winckelmann's und seiner Zeit, berichtet in dem Capitel, welches Lippert gewidmet ist, darüber wie folgt: »Lippert hatte etwas von den Eigenschaften, durch die sonst Bürger deutscher Reichsstädte sich ein Vermögen gründeten: eine starrköpfige Zähigkeit, eine kühne aber sicher schreitende Speculation. Nach dem Vorbild seiner armen tapfern Mutter, </p> </div> </body> </text> </TEI> [42/0052]
welche von diesen Vorurtheilen zu leiden haben, sich leider nicht allein aus ihrer eigenen, innern Machtvollkommenheit helfen, besonders, da sie zur Abhängigkeit erzogen, es nicht verstehen, eine Initiative zu ergreifen. Es ist also nöthig, daß man unterscheidet, von welchen Seiten sich wirklich Bedenken gegen die Gewerbthätigkeit der Frauen erheben lassen und von welchen Seiten der Widerstand gegen dieselbe auf bloßem Verkennen der Verhältnisse, auf unbegründeten altherkömmlichen Voreingenommenheiten beruht. Das wollen wir versuchen uns gleichfalls klar zu machen.
Vorher aber lassen Sie mich Ihnen noch bemerken, daß nicht nur zu allen Zeiten die Noth einzelne Frauen zur Erwerbthätigkeit hingeführt hat, sondern daß in besonderen Fällen verständige, den gebildetsten Ständen angehörende Väter ihre Töchter geflissentlich zu ihren Mitarbeitern bei ihrem Gewerbe und bei ihren Studien gemacht haben. Einer der würdigsten unter diesen Letztern war Philipp Daniel Lippert, der Freund und Vorläufer von Winckelmann.
Justi, der neueste Biograph Winckelmann's und seiner Zeit, berichtet in dem Capitel, welches Lippert gewidmet ist, darüber wie folgt: »Lippert hatte etwas von den Eigenschaften, durch die sonst Bürger deutscher Reichsstädte sich ein Vermögen gründeten: eine starrköpfige Zähigkeit, eine kühne aber sicher schreitende Speculation. Nach dem Vorbild seiner armen tapfern Mutter,
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