Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.Vierter Brief. Wie ich mir es vorstelle, dürften es überall wohl zunächst die Töchter der Handwerkerfamilien, die Töchter der Krämer und der unteren Beamtenfamilien sein, welche sich die Lehre und die Vortheile der Gewerbeschule zu Nutze machen werden. Denn bei uns in Berlin z.B. hat selbst in den Familien der wohlhabenden Handwerker die Gewerbthätigkeit der Töchter immer schon bestanden und ist den Mädchen sehr zu Nutze gekommen. Ich kenne einen vermögenden Herren-Schuhmacher, der ein eigenes sehr ansehnliches Haus besitzt, der in London und Paris für seine dort ausgestellten Arbeiten die Preismedaille erhalten hat, der seinen einzigen Sohn in Petersburg, in London und in Paris in den ersten Schuhmagazinen arbeiten läßt, und der es mir eines Tages erzählte, daß seine älteste Tochter mit der Nähmaschine doch jährlich so ein dreihundert Thaler verdiene. Ich fragte, ob sie für seine Fabrik arbeite? Er verneinte es. -- "Ich mag keine Rechnerei mit meinen Kindern haben, sagte er; sie arbeitet für ein feines Mäntel- und Mantillengeschäft und ich frage nicht einmal, was sie mit Vierter Brief. Wie ich mir es vorstelle, dürften es überall wohl zunächst die Töchter der Handwerkerfamilien, die Töchter der Krämer und der unteren Beamtenfamilien sein, welche sich die Lehre und die Vortheile der Gewerbeschule zu Nutze machen werden. Denn bei uns in Berlin z.B. hat selbst in den Familien der wohlhabenden Handwerker die Gewerbthätigkeit der Töchter immer schon bestanden und ist den Mädchen sehr zu Nutze gekommen. Ich kenne einen vermögenden Herren-Schuhmacher, der ein eigenes sehr ansehnliches Haus besitzt, der in London und Paris für seine dort ausgestellten Arbeiten die Preismedaille erhalten hat, der seinen einzigen Sohn in Petersburg, in London und in Paris in den ersten Schuhmagazinen arbeiten läßt, und der es mir eines Tages erzählte, daß seine älteste Tochter mit der Nähmaschine doch jährlich so ein dreihundert Thaler verdiene. Ich fragte, ob sie für seine Fabrik arbeite? Er verneinte es. — »Ich mag keine Rechnerei mit meinen Kindern haben, sagte er; sie arbeitet für ein feines Mäntel- und Mantillengeschäft und ich frage nicht einmal, was sie mit <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0042" n="[32]"/> <div n="1"> <head>Vierter Brief.<lb/></head> <p>Wie ich mir es vorstelle, dürften es überall wohl zunächst die Töchter der Handwerkerfamilien, die Töchter der Krämer und der unteren Beamtenfamilien sein, welche sich die Lehre und die Vortheile der Gewerbeschule zu Nutze machen werden. Denn bei uns in Berlin z.B. hat selbst in den Familien der wohlhabenden Handwerker die Gewerbthätigkeit der Töchter immer schon bestanden und ist den Mädchen sehr zu Nutze gekommen.</p> <p>Ich kenne einen vermögenden Herren-Schuhmacher, der ein eigenes sehr ansehnliches Haus besitzt, der in London und Paris für seine dort ausgestellten Arbeiten die Preismedaille erhalten hat, der seinen einzigen Sohn in Petersburg, in London und in Paris in den ersten Schuhmagazinen arbeiten läßt, und der es mir eines Tages erzählte, daß seine älteste Tochter mit der Nähmaschine doch jährlich so ein dreihundert Thaler verdiene. Ich fragte, ob sie für seine Fabrik arbeite? Er verneinte es. — »Ich mag keine Rechnerei mit meinen Kindern haben, sagte er; sie arbeitet für ein feines Mäntel- und Mantillengeschäft und ich frage nicht einmal, was sie mit </p> </div> </body> </text> </TEI> [[32]/0042]
Vierter Brief.
Wie ich mir es vorstelle, dürften es überall wohl zunächst die Töchter der Handwerkerfamilien, die Töchter der Krämer und der unteren Beamtenfamilien sein, welche sich die Lehre und die Vortheile der Gewerbeschule zu Nutze machen werden. Denn bei uns in Berlin z.B. hat selbst in den Familien der wohlhabenden Handwerker die Gewerbthätigkeit der Töchter immer schon bestanden und ist den Mädchen sehr zu Nutze gekommen.
Ich kenne einen vermögenden Herren-Schuhmacher, der ein eigenes sehr ansehnliches Haus besitzt, der in London und Paris für seine dort ausgestellten Arbeiten die Preismedaille erhalten hat, der seinen einzigen Sohn in Petersburg, in London und in Paris in den ersten Schuhmagazinen arbeiten läßt, und der es mir eines Tages erzählte, daß seine älteste Tochter mit der Nähmaschine doch jährlich so ein dreihundert Thaler verdiene. Ich fragte, ob sie für seine Fabrik arbeite? Er verneinte es. — »Ich mag keine Rechnerei mit meinen Kindern haben, sagte er; sie arbeitet für ein feines Mäntel- und Mantillengeschäft und ich frage nicht einmal, was sie mit
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Zitationshilfe: | Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. [32]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/42>, abgerufen am 03.03.2025. |