Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.in Paris zu sehen die Gelegenheit hatte, war eine Ecole professionelle pour femmes, die unter dem speciellen Schutze von Herrn und Frau Jules Simon stand. Sie war hauptsächlich von den Töchtern der handarbeitenden Stände besucht und man unterrichtete die Mädchen dort, wie jetzt in den meisten derartigen Anstalten, in den Elementarwissenschaften, in weiblichen Handarbeiten und im Zeichnen, ausdrücklich mit dem Hinblick auf industrielle Verwerthung dieses letzteren Talentes. Später, als ich wieder in Deutschland war, suchte mich ein Fräulein Marwedel auf, welche, wie ich höre, jetzt in Amerika ist, um mit mir den Plan einer Bildungs-Anstalt für Frauen zu besprechen, welche sie, im Beistande sehr verdienter Männer, in Leipzig zu errichten wünschte. Sie selber, einer guten Familie der gebildeten Stände angehörend, hatte einen rauhen Weg im Leben zurückzulegen gehabt, und wünschte andere Mädchen aus gleichen Lebenskreisen vor ähnlichen Nöthen und Sorgen zu bewahren. Ihr Vorhaben war äußerst verdienstlich; denn gerade in diesen gebildeten Mittelständen, in denen die Mädchen mit mehr oder weniger hohen Ansprüchen an ein gewisses Wohlleben erzogen werden, fallen Noth und Entbehrung den davon Betroffenen oft doppelt schwer; und eben in diesen Ständen lernen die Mädchen in der Regel gar nichts, womit sich erfolgreich Brod verdienen und eine unabhängige Zukunft begründen ließe. Aber das Programm, in Paris zu sehen die Gelegenheit hatte, war eine École professionelle pour femmes, die unter dem speciellen Schutze von Herrn und Frau Jules Simon stand. Sie war hauptsächlich von den Töchtern der handarbeitenden Stände besucht und man unterrichtete die Mädchen dort, wie jetzt in den meisten derartigen Anstalten, in den Elementarwissenschaften, in weiblichen Handarbeiten und im Zeichnen, ausdrücklich mit dem Hinblick auf industrielle Verwerthung dieses letzteren Talentes. Später, als ich wieder in Deutschland war, suchte mich ein Fräulein Marwedel auf, welche, wie ich höre, jetzt in Amerika ist, um mit mir den Plan einer Bildungs-Anstalt für Frauen zu besprechen, welche sie, im Beistande sehr verdienter Männer, in Leipzig zu errichten wünschte. Sie selber, einer guten Familie der gebildeten Stände angehörend, hatte einen rauhen Weg im Leben zurückzulegen gehabt, und wünschte andere Mädchen aus gleichen Lebenskreisen vor ähnlichen Nöthen und Sorgen zu bewahren. Ihr Vorhaben war äußerst verdienstlich; denn gerade in diesen gebildeten Mittelständen, in denen die Mädchen mit mehr oder weniger hohen Ansprüchen an ein gewisses Wohlleben erzogen werden, fallen Noth und Entbehrung den davon Betroffenen oft doppelt schwer; und eben in diesen Ständen lernen die Mädchen in der Regel gar nichts, womit sich erfolgreich Brod verdienen und eine unabhängige Zukunft begründen ließe. Aber das Programm, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0032" n="22"/> in Paris zu sehen die Gelegenheit hatte, war eine<hi rendition="#aq"> École professionelle pour femmes</hi>, die unter dem speciellen Schutze von Herrn und Frau Jules Simon stand. Sie war hauptsächlich von den Töchtern der handarbeitenden Stände besucht und man unterrichtete die Mädchen dort, wie jetzt in den meisten derartigen Anstalten, in den Elementarwissenschaften, in weiblichen Handarbeiten und im Zeichnen, ausdrücklich mit dem Hinblick auf industrielle Verwerthung dieses letzteren Talentes.</p> <p>Später, als ich wieder in Deutschland war, suchte mich ein Fräulein Marwedel auf, welche, wie ich höre, jetzt in Amerika ist, um mit mir den Plan einer Bildungs-Anstalt für Frauen zu besprechen, welche sie, im Beistande sehr verdienter Männer, in Leipzig zu errichten wünschte. Sie selber, einer guten Familie der gebildeten Stände angehörend, hatte einen rauhen Weg im Leben zurückzulegen gehabt, und wünschte andere Mädchen aus gleichen Lebenskreisen vor ähnlichen Nöthen und Sorgen zu bewahren.</p> <p>Ihr Vorhaben war äußerst verdienstlich; denn gerade in diesen gebildeten Mittelständen, in denen die Mädchen mit mehr oder weniger hohen Ansprüchen an ein gewisses Wohlleben erzogen werden, fallen Noth und Entbehrung den davon Betroffenen oft doppelt schwer; und eben in diesen Ständen lernen die Mädchen in der Regel gar nichts, womit sich erfolgreich Brod verdienen und eine unabhängige Zukunft begründen ließe. Aber das Programm, </p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0032]
in Paris zu sehen die Gelegenheit hatte, war eine École professionelle pour femmes, die unter dem speciellen Schutze von Herrn und Frau Jules Simon stand. Sie war hauptsächlich von den Töchtern der handarbeitenden Stände besucht und man unterrichtete die Mädchen dort, wie jetzt in den meisten derartigen Anstalten, in den Elementarwissenschaften, in weiblichen Handarbeiten und im Zeichnen, ausdrücklich mit dem Hinblick auf industrielle Verwerthung dieses letzteren Talentes.
Später, als ich wieder in Deutschland war, suchte mich ein Fräulein Marwedel auf, welche, wie ich höre, jetzt in Amerika ist, um mit mir den Plan einer Bildungs-Anstalt für Frauen zu besprechen, welche sie, im Beistande sehr verdienter Männer, in Leipzig zu errichten wünschte. Sie selber, einer guten Familie der gebildeten Stände angehörend, hatte einen rauhen Weg im Leben zurückzulegen gehabt, und wünschte andere Mädchen aus gleichen Lebenskreisen vor ähnlichen Nöthen und Sorgen zu bewahren.
Ihr Vorhaben war äußerst verdienstlich; denn gerade in diesen gebildeten Mittelständen, in denen die Mädchen mit mehr oder weniger hohen Ansprüchen an ein gewisses Wohlleben erzogen werden, fallen Noth und Entbehrung den davon Betroffenen oft doppelt schwer; und eben in diesen Ständen lernen die Mädchen in der Regel gar nichts, womit sich erfolgreich Brod verdienen und eine unabhängige Zukunft begründen ließe. Aber das Programm,
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