Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.vielleicht gern zur Frau genommen hätte, stand davon ab, im Hinblick auf die große nicht vermögende Familie, auf die fünf einst zu versorgenden Schwestern. Es ist dies keine Voraussetzung, keine Beispielerdichtung, sondern eine Thatsache. Als ich dann endlich krank und müde von dem innerlichen fruchtlosen Ringen nach einem Ausweg, unfähig, mich unwürdigen Ehebanden zu fügen, in welche meines Vaters in dieser Hinsicht vorurtheilsvoller Wille mich hatte hineinzwingen wollen, mein Talent erkannt hatte, als ich zu begreifen anfing, wie ich mir helfen und daß ich auch meiner Familie damit helfen könnte, wenn ich ihr die Sorge für mich abnähme, da verlangte mein sonst so aufgeklärter Vater noch ganz ausdrücklich, daß ich dies heimlich thäte. Ich ging aus meinem Vaterhause fort, beladen mit dem Tadel aller meiner Onkel, Tanten, Cousinen; ich mußte es über mich ergehen lassen, daß man mir den Vorwurf machte, mit meinem Leben außer dem Hause mehr Geld aufzuwenden, als von meinem Vater zu fordern mir zustehe. Meinen eigenen Schwestern verbarg mein Vater es, daß ich mich selber unterhielt -- weil ihm die Selbstständigkeit einer seiner Töchter als eine Ungehörigkeit erschien. Meine leiblichen Schwestern -- ich erfuhr dies erst nach meines Vaters Tode -- hatten bis dahin geglaubt, daß mein Vater mich zum großen Theile versorge; und der theure, sonst so wahrhafte Mann, hatte vielleicht gern zur Frau genommen hätte, stand davon ab, im Hinblick auf die große nicht vermögende Familie, auf die fünf einst zu versorgenden Schwestern. Es ist dies keine Voraussetzung, keine Beispielerdichtung, sondern eine Thatsache. Als ich dann endlich krank und müde von dem innerlichen fruchtlosen Ringen nach einem Ausweg, unfähig, mich unwürdigen Ehebanden zu fügen, in welche meines Vaters in dieser Hinsicht vorurtheilsvoller Wille mich hatte hineinzwingen wollen, mein Talent erkannt hatte, als ich zu begreifen anfing, wie ich mir helfen und daß ich auch meiner Familie damit helfen könnte, wenn ich ihr die Sorge für mich abnähme, da verlangte mein sonst so aufgeklärter Vater noch ganz ausdrücklich, daß ich dies heimlich thäte. Ich ging aus meinem Vaterhause fort, beladen mit dem Tadel aller meiner Onkel, Tanten, Cousinen; ich mußte es über mich ergehen lassen, daß man mir den Vorwurf machte, mit meinem Leben außer dem Hause mehr Geld aufzuwenden, als von meinem Vater zu fordern mir zustehe. Meinen eigenen Schwestern verbarg mein Vater es, daß ich mich selber unterhielt — weil ihm die Selbstständigkeit einer seiner Töchter als eine Ungehörigkeit erschien. Meine leiblichen Schwestern — ich erfuhr dies erst nach meines Vaters Tode — hatten bis dahin geglaubt, daß mein Vater mich zum großen Theile versorge; und der theure, sonst so wahrhafte Mann, hatte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0027" n="17"/> vielleicht gern zur Frau genommen hätte, stand davon ab, im Hinblick auf die große nicht vermögende Familie, auf die fünf einst zu versorgenden Schwestern. Es ist dies keine Voraussetzung, keine Beispielerdichtung, sondern eine Thatsache.</p> <p>Als ich dann endlich krank und müde von dem innerlichen fruchtlosen Ringen nach einem Ausweg, unfähig, mich unwürdigen Ehebanden zu fügen, in welche meines Vaters in dieser Hinsicht vorurtheilsvoller Wille mich hatte hineinzwingen wollen, mein Talent erkannt hatte, als ich zu begreifen anfing, wie ich mir helfen und daß ich auch meiner Familie damit helfen könnte, wenn ich ihr die Sorge für mich abnähme, da verlangte mein sonst so aufgeklärter Vater noch ganz ausdrücklich, daß ich dies <hi rendition="#g">heimlich</hi> thäte. Ich ging aus meinem Vaterhause fort, beladen mit dem Tadel aller meiner Onkel, Tanten, Cousinen; ich mußte es über mich ergehen lassen, daß man mir den Vorwurf machte, mit meinem Leben außer dem Hause mehr Geld aufzuwenden, als von meinem Vater zu fordern mir zustehe. Meinen eigenen Schwestern verbarg mein Vater es, <hi rendition="#g">daß ich mich selber unterhielt — weil</hi> ihm die Selbstständigkeit einer seiner Töchter als eine Ungehörigkeit erschien. Meine leiblichen Schwestern — ich erfuhr dies erst nach meines Vaters Tode — hatten bis dahin geglaubt, daß mein Vater mich zum großen Theile versorge; und der theure, sonst so wahrhafte Mann, hatte </p> </div> </body> </text> </TEI> [17/0027]
vielleicht gern zur Frau genommen hätte, stand davon ab, im Hinblick auf die große nicht vermögende Familie, auf die fünf einst zu versorgenden Schwestern. Es ist dies keine Voraussetzung, keine Beispielerdichtung, sondern eine Thatsache.
Als ich dann endlich krank und müde von dem innerlichen fruchtlosen Ringen nach einem Ausweg, unfähig, mich unwürdigen Ehebanden zu fügen, in welche meines Vaters in dieser Hinsicht vorurtheilsvoller Wille mich hatte hineinzwingen wollen, mein Talent erkannt hatte, als ich zu begreifen anfing, wie ich mir helfen und daß ich auch meiner Familie damit helfen könnte, wenn ich ihr die Sorge für mich abnähme, da verlangte mein sonst so aufgeklärter Vater noch ganz ausdrücklich, daß ich dies heimlich thäte. Ich ging aus meinem Vaterhause fort, beladen mit dem Tadel aller meiner Onkel, Tanten, Cousinen; ich mußte es über mich ergehen lassen, daß man mir den Vorwurf machte, mit meinem Leben außer dem Hause mehr Geld aufzuwenden, als von meinem Vater zu fordern mir zustehe. Meinen eigenen Schwestern verbarg mein Vater es, daß ich mich selber unterhielt — weil ihm die Selbstständigkeit einer seiner Töchter als eine Ungehörigkeit erschien. Meine leiblichen Schwestern — ich erfuhr dies erst nach meines Vaters Tode — hatten bis dahin geglaubt, daß mein Vater mich zum großen Theile versorge; und der theure, sonst so wahrhafte Mann, hatte
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Zitationshilfe: | Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/27>, abgerufen am 16.07.2024. |