Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.wäre auch gegen jene Aussprüche über unsern sogenannten wahren Beruf gar nichts einzuwenden gewesen, wenn die Männer, von denen sie ausgingen, sich nur stets geneigt gezeigt, oder immer in der Lage befunden hätten, sämmtliche Frauen und Mädchen diesem ihrem eigentlichen Berufe, das hieß in ihrer Sprache, der Ehe und der Versorgung durch die Ehe, zuzuführen. Aber von den Männern, welche es mit großer Energie behaupteten, daß "die Frau nur für die Ehe und für die Familie bestimmt sei," stand doch eine recht beträchtliche Anzahl -- und mit großem Rechte -- ganz entschieden an, sich ein armes Mädchen zur Frau zu nehmen; und da zur Gründung einer Familie immer zwei Personen gehören, so sah es denn mit der "Naturbestimmung und dem durch die staatlichen Verhältnisse einzig geheiligten Berufe" für diejenigen Frauen oft gar mißlich aus, welche jene Verfechter unseres eigentlichen Berufes zu heirathen nicht gerathen gefunden hatten. Zu verdenken, ich wiederhole es, war es den Männern nicht. Denn bei all dem Herren- und Herrschaftsbewußtsein der Männer, ist es für sie in vielen Fällen keine Kleinigkeit, lebenslang eine ganze Familie ganz allein zu ernähren und mit der Sorge um ihre Hilflosigkeit noch in der Todesstunde beladen zu sein. Man brauchte nur -- und wenn ist das nicht einmal begegnet? -- in ein Haus zu kommen, in welchem der Ernährer die Augen geschlossen hatte. Ob er Kaufmann, wäre auch gegen jene Aussprüche über unsern sogenannten wahren Beruf gar nichts einzuwenden gewesen, wenn die Männer, von denen sie ausgingen, sich nur stets geneigt gezeigt, oder immer in der Lage befunden hätten, sämmtliche Frauen und Mädchen diesem ihrem eigentlichen Berufe, das hieß in ihrer Sprache, der Ehe und der Versorgung durch die Ehe, zuzuführen. Aber von den Männern, welche es mit großer Energie behaupteten, daß »die Frau nur für die Ehe und für die Familie bestimmt sei,« stand doch eine recht beträchtliche Anzahl — und mit großem Rechte — ganz entschieden an, sich ein armes Mädchen zur Frau zu nehmen; und da zur Gründung einer Familie immer zwei Personen gehören, so sah es denn mit der »Naturbestimmung und dem durch die staatlichen Verhältnisse einzig geheiligten Berufe« für diejenigen Frauen oft gar mißlich aus, welche jene Verfechter unseres eigentlichen Berufes zu heirathen nicht gerathen gefunden hatten. Zu verdenken, ich wiederhole es, war es den Männern nicht. Denn bei all dem Herren- und Herrschaftsbewußtsein der Männer, ist es für sie in vielen Fällen keine Kleinigkeit, lebenslang eine ganze Familie ganz allein zu ernähren und mit der Sorge um ihre Hilflosigkeit noch in der Todesstunde beladen zu sein. Man brauchte nur — und wenn ist das nicht einmal begegnet? — in ein Haus zu kommen, in welchem der Ernährer die Augen geschlossen hatte. Ob er Kaufmann, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0017" n="7"/> wäre auch gegen jene Aussprüche über unsern sogenannten wahren Beruf gar nichts einzuwenden gewesen, wenn die Männer, von denen sie ausgingen, sich nur stets geneigt gezeigt, oder immer in der Lage befunden hätten, sämmtliche Frauen und Mädchen diesem ihrem eigentlichen Berufe, das hieß in ihrer Sprache, der Ehe und der Versorgung durch die Ehe, zuzuführen.</p> <p>Aber von den Männern, welche es mit großer Energie behaupteten, daß »die Frau nur für die Ehe und für die Familie bestimmt sei,« stand doch eine recht beträchtliche Anzahl — und mit großem Rechte — ganz entschieden an, sich ein armes Mädchen zur Frau zu nehmen; und da zur Gründung einer Familie immer zwei Personen gehören, so sah es denn mit der »Naturbestimmung und dem durch die staatlichen Verhältnisse einzig geheiligten Berufe« für diejenigen Frauen oft gar mißlich aus, welche jene Verfechter unseres eigentlichen Berufes zu heirathen nicht gerathen gefunden hatten. Zu verdenken, ich wiederhole es, war es den Männern nicht. Denn bei all dem Herren- und Herrschaftsbewußtsein der Männer, ist es für sie in vielen Fällen keine Kleinigkeit, lebenslang eine ganze Familie ganz allein zu ernähren und mit der Sorge um ihre Hilflosigkeit noch in der Todesstunde beladen zu sein.</p> <p>Man brauchte nur — und wenn ist das nicht einmal begegnet? — in ein Haus zu kommen, in welchem der Ernährer die Augen geschlossen hatte. Ob er Kaufmann, </p> </div> </body> </text> </TEI> [7/0017]
wäre auch gegen jene Aussprüche über unsern sogenannten wahren Beruf gar nichts einzuwenden gewesen, wenn die Männer, von denen sie ausgingen, sich nur stets geneigt gezeigt, oder immer in der Lage befunden hätten, sämmtliche Frauen und Mädchen diesem ihrem eigentlichen Berufe, das hieß in ihrer Sprache, der Ehe und der Versorgung durch die Ehe, zuzuführen.
Aber von den Männern, welche es mit großer Energie behaupteten, daß »die Frau nur für die Ehe und für die Familie bestimmt sei,« stand doch eine recht beträchtliche Anzahl — und mit großem Rechte — ganz entschieden an, sich ein armes Mädchen zur Frau zu nehmen; und da zur Gründung einer Familie immer zwei Personen gehören, so sah es denn mit der »Naturbestimmung und dem durch die staatlichen Verhältnisse einzig geheiligten Berufe« für diejenigen Frauen oft gar mißlich aus, welche jene Verfechter unseres eigentlichen Berufes zu heirathen nicht gerathen gefunden hatten. Zu verdenken, ich wiederhole es, war es den Männern nicht. Denn bei all dem Herren- und Herrschaftsbewußtsein der Männer, ist es für sie in vielen Fällen keine Kleinigkeit, lebenslang eine ganze Familie ganz allein zu ernähren und mit der Sorge um ihre Hilflosigkeit noch in der Todesstunde beladen zu sein.
Man brauchte nur — und wenn ist das nicht einmal begegnet? — in ein Haus zu kommen, in welchem der Ernährer die Augen geschlossen hatte. Ob er Kaufmann,
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Zitationshilfe: | Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/17>, abgerufen am 16.02.2025. |