Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.den unehrbaren Anträgen der Männer beleidigt, ohne von ihnen verfolgt zu werden u.s.w. -- Ich hörte ruhig zu und dachte an so manches junge Frauenzimmer, dessen bescheidene Tracht es vor ähnlichen Erfahrungen bewahrt; aber des Zornes und der Empörung unter jenen Frauen war kein Ende, bis ich endlich die Bemerkung machte: "Aber wenn Sie Sich so auffallend und noch auffallender kleiden, als die Frauenzimmer, für die Sie nicht gehalten sein wollen, so können Sie Sich doch nicht darüber wundern, daß man Sie für solche Frauenzimmer hält?" Sie sahen mich sammt und sonders an und schwiegen; nur die eine der beiden Mütter gab mir Recht. Sie tragen Bänder um den Hals, die weit hinter Ihnen her flattern, diese Bänder heißen in der Sprache der Modisten "suivez-moi", und Sie wundern Sich, daß man Ihnen nachgeht! Sie tragen Cocarden hinten mitten auf den Röcken, die den Namen führen "protegez-moi", und sind erstaunt, wenn man sich gemüssigt fühlt, Ihnen diesen Dienst zu leisten! Ihre ganze jetzige Tracht, von Ihren kürbißförmigen Frisuren bis zu Ihren chinesischen Schuhen, ist die Erfindung der verrufensten französischen Frauengesellschaft, und Sie setzen Ihren Stolz darin, es dieser gleich oder noch gar zuvorzuthun. Sie würden es vielleicht unschicklich finden, vielleicht Bedenken tragen, neben ernsthaft arbeitenden oder studirenden jungen Männern zu den Füßen eines Lehrers als Lernende zu sitzen, und Sie reizen durch Ihre auffallende, Ihre Gestalt den unehrbaren Anträgen der Männer beleidigt, ohne von ihnen verfolgt zu werden u.s.w. — Ich hörte ruhig zu und dachte an so manches junge Frauenzimmer, dessen bescheidene Tracht es vor ähnlichen Erfahrungen bewahrt; aber des Zornes und der Empörung unter jenen Frauen war kein Ende, bis ich endlich die Bemerkung machte: »Aber wenn Sie Sich so auffallend und noch auffallender kleiden, als die Frauenzimmer, für die Sie nicht gehalten sein wollen, so können Sie Sich doch nicht darüber wundern, daß man Sie für solche Frauenzimmer hält?« Sie sahen mich sammt und sonders an und schwiegen; nur die eine der beiden Mütter gab mir Recht. Sie tragen Bänder um den Hals, die weit hinter Ihnen her flattern, diese Bänder heißen in der Sprache der Modisten »suivez-moi«, und Sie wundern Sich, daß man Ihnen nachgeht! Sie tragen Cocarden hinten mitten auf den Röcken, die den Namen führen »protegez-moi«, und sind erstaunt, wenn man sich gemüssigt fühlt, Ihnen diesen Dienst zu leisten! Ihre ganze jetzige Tracht, von Ihren kürbißförmigen Frisuren bis zu Ihren chinesischen Schuhen, ist die Erfindung der verrufensten französischen Frauengesellschaft, und Sie setzen Ihren Stolz darin, es dieser gleich oder noch gar zuvorzuthun. Sie würden es vielleicht unschicklich finden, vielleicht Bedenken tragen, neben ernsthaft arbeitenden oder studirenden jungen Männern zu den Füßen eines Lehrers als Lernende zu sitzen, und Sie reizen durch Ihre auffallende, Ihre Gestalt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0157" n="147"/> den unehrbaren Anträgen der Männer beleidigt, ohne von ihnen verfolgt zu werden u.s.w. — Ich hörte ruhig zu und dachte an so manches junge Frauenzimmer, dessen bescheidene Tracht es vor ähnlichen Erfahrungen bewahrt; aber des Zornes und der Empörung unter jenen Frauen war kein Ende, bis ich endlich die Bemerkung machte: »Aber wenn Sie Sich so auffallend und noch auffallender kleiden, als die Frauenzimmer, für die Sie nicht gehalten sein wollen, so können Sie Sich doch nicht darüber wundern, daß man Sie für solche Frauenzimmer hält?« Sie sahen mich sammt und sonders an und schwiegen; nur die eine der beiden Mütter gab mir Recht.</p> <p>Sie tragen Bänder um den Hals, die weit hinter Ihnen her flattern, diese Bänder heißen in der Sprache der Modisten »<hi rendition="#aq">suivez-moi</hi>«, und Sie wundern Sich, daß man Ihnen nachgeht! Sie tragen Cocarden hinten mitten auf den Röcken, die den Namen führen »<hi rendition="#aq">protegez-moi</hi>«, und sind erstaunt, wenn man sich gemüssigt fühlt, Ihnen diesen Dienst zu leisten! Ihre ganze jetzige Tracht, von Ihren kürbißförmigen Frisuren bis zu Ihren chinesischen Schuhen, ist die Erfindung der verrufensten französischen Frauengesellschaft, und Sie setzen Ihren Stolz darin, es dieser gleich oder noch gar zuvorzuthun. Sie würden es vielleicht unschicklich finden, vielleicht Bedenken tragen, neben ernsthaft arbeitenden oder studirenden jungen Männern zu den Füßen eines Lehrers als Lernende zu sitzen, und Sie reizen durch Ihre auffallende, Ihre Gestalt </p> </div> </body> </text> </TEI> [147/0157]
den unehrbaren Anträgen der Männer beleidigt, ohne von ihnen verfolgt zu werden u.s.w. — Ich hörte ruhig zu und dachte an so manches junge Frauenzimmer, dessen bescheidene Tracht es vor ähnlichen Erfahrungen bewahrt; aber des Zornes und der Empörung unter jenen Frauen war kein Ende, bis ich endlich die Bemerkung machte: »Aber wenn Sie Sich so auffallend und noch auffallender kleiden, als die Frauenzimmer, für die Sie nicht gehalten sein wollen, so können Sie Sich doch nicht darüber wundern, daß man Sie für solche Frauenzimmer hält?« Sie sahen mich sammt und sonders an und schwiegen; nur die eine der beiden Mütter gab mir Recht.
Sie tragen Bänder um den Hals, die weit hinter Ihnen her flattern, diese Bänder heißen in der Sprache der Modisten »suivez-moi«, und Sie wundern Sich, daß man Ihnen nachgeht! Sie tragen Cocarden hinten mitten auf den Röcken, die den Namen führen »protegez-moi«, und sind erstaunt, wenn man sich gemüssigt fühlt, Ihnen diesen Dienst zu leisten! Ihre ganze jetzige Tracht, von Ihren kürbißförmigen Frisuren bis zu Ihren chinesischen Schuhen, ist die Erfindung der verrufensten französischen Frauengesellschaft, und Sie setzen Ihren Stolz darin, es dieser gleich oder noch gar zuvorzuthun. Sie würden es vielleicht unschicklich finden, vielleicht Bedenken tragen, neben ernsthaft arbeitenden oder studirenden jungen Männern zu den Füßen eines Lehrers als Lernende zu sitzen, und Sie reizen durch Ihre auffallende, Ihre Gestalt
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Zitationshilfe: | Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/157>, abgerufen am 23.07.2024. |