Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.Kann man denn wirklich ernsthaft an die Emancipation der Frauen denken? Nicht etwa, als ob die fehlende Körperkraft der Frauen oder ihre gelegentlichen Kränklichkeiten mir diesen Zweifel einflößten! Es ist ja mit der Emancipation der Frauen nicht gesagt, daß sie nun Alle Gewerb und Erwerb treiben, oder daß sie Grobschmiede und Locomotivführer werden sollen. Dazu giebt es, beiläufig bemerkt, auch viele kränkliche, von Nervenleiden, von Migränen, von allen möglichen kleinen und großen Unbequemlichkeiten schwer geplagte Männer, die eben so wenig wie die Frauen Grobschmiede oder Locomotivführer werden, die um ihrer Kränklichkeit willen auch diesem und jenem Amte nicht vorstehen können, ohne daß man deshalb es für nöthig erachtet hätte, diese Männer von der Gleichberechtigung mit den anderen stärkeren und robusteren Männern auszuschließen. Virchow, Humboldt, Rauch, Meyerbeer und Cornelius sind und waren stimmberechtigt so gut wie jeder Steinklopfer und Zimmermann. Meine Bedenken liegen auf einer anderen Seite; und ich möchte eine große Anzahl von Ihnen, meine Leserinnen, fragen: Glauben Sie, daß ein verständiger Mann Ihnen irgend eine ernsthafte Bedeutung zutrauen kann, wenn er Sie auf Stelzenschuhen, in einer Kleidung, die von hinten und von vorn in ihren Aufbauschungen aussieht, als wäre ein altes Gardinenbett Ihr Schönheits-Ideal und als ließen Sie Ihre Kleider bei dem Tapezierer Kann man denn wirklich ernsthaft an die Emancipation der Frauen denken? Nicht etwa, als ob die fehlende Körperkraft der Frauen oder ihre gelegentlichen Kränklichkeiten mir diesen Zweifel einflößten! Es ist ja mit der Emancipation der Frauen nicht gesagt, daß sie nun Alle Gewerb und Erwerb treiben, oder daß sie Grobschmiede und Locomotivführer werden sollen. Dazu giebt es, beiläufig bemerkt, auch viele kränkliche, von Nervenleiden, von Migränen, von allen möglichen kleinen und großen Unbequemlichkeiten schwer geplagte Männer, die eben so wenig wie die Frauen Grobschmiede oder Locomotivführer werden, die um ihrer Kränklichkeit willen auch diesem und jenem Amte nicht vorstehen können, ohne daß man deshalb es für nöthig erachtet hätte, diese Männer von der Gleichberechtigung mit den anderen stärkeren und robusteren Männern auszuschließen. Virchow, Humboldt, Rauch, Meyerbeer und Cornelius sind und waren stimmberechtigt so gut wie jeder Steinklopfer und Zimmermann. Meine Bedenken liegen auf einer anderen Seite; und ich möchte eine große Anzahl von Ihnen, meine Leserinnen, fragen: Glauben Sie, daß ein verständiger Mann Ihnen irgend eine ernsthafte Bedeutung zutrauen kann, wenn er Sie auf Stelzenschuhen, in einer Kleidung, die von hinten und von vorn in ihren Aufbauschungen aussieht, als wäre ein altes Gardinenbett Ihr Schönheits-Ideal und als ließen Sie Ihre Kleider bei dem Tapezierer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0155" n="145"/> Kann man denn wirklich ernsthaft an die Emancipation der Frauen denken?</p> <p>Nicht etwa, als ob die fehlende Körperkraft der Frauen oder ihre gelegentlichen Kränklichkeiten mir diesen Zweifel einflößten! Es ist ja mit der Emancipation der Frauen nicht gesagt, daß sie nun Alle Gewerb und Erwerb treiben, oder daß sie Grobschmiede und Locomotivführer werden sollen. Dazu giebt es, beiläufig bemerkt, auch viele kränkliche, von Nervenleiden, von Migränen, von allen möglichen kleinen und großen Unbequemlichkeiten schwer geplagte Männer, die eben so wenig wie die Frauen Grobschmiede oder Locomotivführer werden, die um ihrer Kränklichkeit willen auch diesem und jenem Amte nicht vorstehen können, ohne daß man deshalb es für nöthig erachtet hätte, diese Männer von der Gleichberechtigung mit den anderen stärkeren und robusteren Männern auszuschließen. Virchow, Humboldt, Rauch, Meyerbeer und Cornelius sind und waren stimmberechtigt so gut wie jeder Steinklopfer und Zimmermann.</p> <p>Meine Bedenken liegen auf einer anderen Seite; und ich möchte eine große Anzahl von Ihnen, meine Leserinnen, fragen: Glauben Sie, daß ein verständiger Mann Ihnen irgend eine ernsthafte Bedeutung zutrauen kann, wenn er Sie auf Stelzenschuhen, in einer Kleidung, die von hinten und von vorn in ihren Aufbauschungen aussieht, als wäre ein altes Gardinenbett Ihr Schönheits-Ideal und als ließen Sie Ihre Kleider bei dem Tapezierer </p> </div> </body> </text> </TEI> [145/0155]
Kann man denn wirklich ernsthaft an die Emancipation der Frauen denken?
Nicht etwa, als ob die fehlende Körperkraft der Frauen oder ihre gelegentlichen Kränklichkeiten mir diesen Zweifel einflößten! Es ist ja mit der Emancipation der Frauen nicht gesagt, daß sie nun Alle Gewerb und Erwerb treiben, oder daß sie Grobschmiede und Locomotivführer werden sollen. Dazu giebt es, beiläufig bemerkt, auch viele kränkliche, von Nervenleiden, von Migränen, von allen möglichen kleinen und großen Unbequemlichkeiten schwer geplagte Männer, die eben so wenig wie die Frauen Grobschmiede oder Locomotivführer werden, die um ihrer Kränklichkeit willen auch diesem und jenem Amte nicht vorstehen können, ohne daß man deshalb es für nöthig erachtet hätte, diese Männer von der Gleichberechtigung mit den anderen stärkeren und robusteren Männern auszuschließen. Virchow, Humboldt, Rauch, Meyerbeer und Cornelius sind und waren stimmberechtigt so gut wie jeder Steinklopfer und Zimmermann.
Meine Bedenken liegen auf einer anderen Seite; und ich möchte eine große Anzahl von Ihnen, meine Leserinnen, fragen: Glauben Sie, daß ein verständiger Mann Ihnen irgend eine ernsthafte Bedeutung zutrauen kann, wenn er Sie auf Stelzenschuhen, in einer Kleidung, die von hinten und von vorn in ihren Aufbauschungen aussieht, als wäre ein altes Gardinenbett Ihr Schönheits-Ideal und als ließen Sie Ihre Kleider bei dem Tapezierer
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von zeno.org
(2013-01-04T13:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus zeno.org entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-04T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-04T13:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |