Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

Mann, der diesen Satz nicht mit angeerbter Geläufigkeit und mit wundervollem Selbstgefühle auszusprechen verstände, und nur eine Anzahl bedeutender Männer, die nicht an diesen landläufigen Grundsatz glauben, weil Männer und Frauen nicht Collectivbegriffe sind, wie Wasser, Mehl, Sand u.s.w., bei denen ein Tropfen und ein Korn so ziemlich dem anderen Tropfen oder Korne gleich ist. Elisabeth von England, Maria Theresia, die Herzogin von Weimar, die Königin Victoria von England und die Modethörin, die ihrem Schooßhunde ein blaues Band in den Behang knüpft, wenn sie ein blaues Kleid trägt, und ein rothes, wenn sie ein rothes anzieht, sind sammt und sonders Frauen; aber es hat, weil diese Letztere eine Närrin ist, Niemand an der Regentenfähigkeit jener königlichen Frauen gezweifelt. Die Bourbons in Frankreich und in Italien hinwiederum waren Männer, und es hat diese geschlechtliche Eigenschaft so wenig einen ausreichenden Einfluß auf ihre politische Einsicht und ihre Herrschertugenden gehabt, daß die Völker sich ihrer überall entledigen mußten, um bestehen und gedeihen zu können. Und wie wir in unseren Staatsgesellschaften Männer haben, deren geistiger Gesichtskreis nicht eben weit über ihren Bart hinausgeht, so ist auch unser Vaterland nicht arm an Frauen, deren Verstand stark und ausgebildet genug, deren Blick scharf und weittragend genug ist, sich mindestens mit einer sehr großen Anzahl der stimmberechtigten und der wählbaren Männer messen zu dürfen.

Mann, der diesen Satz nicht mit angeerbter Geläufigkeit und mit wundervollem Selbstgefühle auszusprechen verstände, und nur eine Anzahl bedeutender Männer, die nicht an diesen landläufigen Grundsatz glauben, weil Männer und Frauen nicht Collectivbegriffe sind, wie Wasser, Mehl, Sand u.s.w., bei denen ein Tropfen und ein Korn so ziemlich dem anderen Tropfen oder Korne gleich ist. Elisabeth von England, Maria Theresia, die Herzogin von Weimar, die Königin Victoria von England und die Modethörin, die ihrem Schooßhunde ein blaues Band in den Behang knüpft, wenn sie ein blaues Kleid trägt, und ein rothes, wenn sie ein rothes anzieht, sind sammt und sonders Frauen; aber es hat, weil diese Letztere eine Närrin ist, Niemand an der Regentenfähigkeit jener königlichen Frauen gezweifelt. Die Bourbons in Frankreich und in Italien hinwiederum waren Männer, und es hat diese geschlechtliche Eigenschaft so wenig einen ausreichenden Einfluß auf ihre politische Einsicht und ihre Herrschertugenden gehabt, daß die Völker sich ihrer überall entledigen mußten, um bestehen und gedeihen zu können. Und wie wir in unseren Staatsgesellschaften Männer haben, deren geistiger Gesichtskreis nicht eben weit über ihren Bart hinausgeht, so ist auch unser Vaterland nicht arm an Frauen, deren Verstand stark und ausgebildet genug, deren Blick scharf und weittragend genug ist, sich mindestens mit einer sehr großen Anzahl der stimmberechtigten und der wählbaren Männer messen zu dürfen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0147" n="137"/>
Mann, der diesen Satz nicht mit angeerbter Geläufigkeit und mit wundervollem Selbstgefühle auszusprechen verstände, und nur eine Anzahl bedeutender Männer, die nicht an diesen landläufigen Grundsatz glauben, weil Männer und Frauen nicht Collectivbegriffe sind, wie Wasser, Mehl, Sand u.s.w., bei denen ein Tropfen und ein Korn so ziemlich dem anderen Tropfen oder Korne gleich ist. Elisabeth von England, Maria Theresia, die Herzogin von Weimar, die Königin Victoria von England und die Modethörin, die ihrem Schooßhunde ein blaues Band in den Behang knüpft, wenn sie ein blaues Kleid trägt, und ein rothes, wenn sie ein rothes anzieht, sind sammt und sonders Frauen; aber es hat, weil diese Letztere eine Närrin ist, Niemand an der Regentenfähigkeit jener königlichen Frauen gezweifelt. Die Bourbons in Frankreich und in Italien hinwiederum waren Männer, und es hat diese geschlechtliche Eigenschaft so wenig einen ausreichenden Einfluß auf ihre politische Einsicht und ihre Herrschertugenden gehabt, daß die Völker sich ihrer überall entledigen mußten, um bestehen und gedeihen zu können. Und wie wir in unseren Staatsgesellschaften Männer haben, deren geistiger Gesichtskreis nicht eben weit über ihren Bart hinausgeht, so ist auch unser Vaterland nicht arm an Frauen, deren Verstand stark und ausgebildet genug, deren Blick scharf und weittragend genug ist, sich mindestens mit einer sehr großen Anzahl der stimmberechtigten und der wählbaren Männer messen zu dürfen.</p>
        <p>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0147] Mann, der diesen Satz nicht mit angeerbter Geläufigkeit und mit wundervollem Selbstgefühle auszusprechen verstände, und nur eine Anzahl bedeutender Männer, die nicht an diesen landläufigen Grundsatz glauben, weil Männer und Frauen nicht Collectivbegriffe sind, wie Wasser, Mehl, Sand u.s.w., bei denen ein Tropfen und ein Korn so ziemlich dem anderen Tropfen oder Korne gleich ist. Elisabeth von England, Maria Theresia, die Herzogin von Weimar, die Königin Victoria von England und die Modethörin, die ihrem Schooßhunde ein blaues Band in den Behang knüpft, wenn sie ein blaues Kleid trägt, und ein rothes, wenn sie ein rothes anzieht, sind sammt und sonders Frauen; aber es hat, weil diese Letztere eine Närrin ist, Niemand an der Regentenfähigkeit jener königlichen Frauen gezweifelt. Die Bourbons in Frankreich und in Italien hinwiederum waren Männer, und es hat diese geschlechtliche Eigenschaft so wenig einen ausreichenden Einfluß auf ihre politische Einsicht und ihre Herrschertugenden gehabt, daß die Völker sich ihrer überall entledigen mußten, um bestehen und gedeihen zu können. Und wie wir in unseren Staatsgesellschaften Männer haben, deren geistiger Gesichtskreis nicht eben weit über ihren Bart hinausgeht, so ist auch unser Vaterland nicht arm an Frauen, deren Verstand stark und ausgebildet genug, deren Blick scharf und weittragend genug ist, sich mindestens mit einer sehr großen Anzahl der stimmberechtigten und der wählbaren Männer messen zu dürfen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von zeno.org (2013-01-04T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus zeno.org entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-04T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-04T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/147
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/147>, abgerufen am 25.11.2024.