Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.nach ihren Anlagen und Kenntnissen, d.h. wie sie wollen und können! Und damit sind wir wieder zu der ersten Vorbedingung der Emancipation der Frauen zurückgekommen: zu der Nothwendigkeit gleicher Bildungsanstalten für die Frauen wie für die Männer, in den Lebensjahren, in welchen die Vorbereitungen für die eigentlichen Berufsstudien gemacht werden müssen. Ich habe es nicht einmal, nein viele hundert Mal von Männern wie von Frauen ernsthaft -- und wie das Vorurtheil sich immer äußert -- mit Leidenschaft aussprechen hören, daß die wissenschaftliche Befähigung der Frauen nicht eben so groß sein könne, als die der Männer, da man bisher von weiblichen Geschichtsforschern, weiblichen Mathematikern, weiblichen Philosophen, weiblichen Componisten und Tragödiendichtern nichts gehört habe. Es klang dies wirklich, als erwartete man, daß dem Weibe durch irgend eine Offenbarung oder Eingebung ganz von selber kommen solle, was der Mann durch ein eifriges, lebenslängliches Studium mühevoll erlangt. Man hat den Frauen bisher alle Möglichkeit, ja, selbst die Berechtigung verweigert, sich in den Wissenschaften auch nur einigermaßen gründlich auszubilden; und statt sich darüber zu verwundern, daß sich doch noch überall Frauen gefunden haben, die trotz dieses Mangels an geistiger Förderung sich aus eigener Kraft so weit emporgebracht haben, daß sie sich bedeutenden Männern ebenbürtig an nach ihren Anlagen und Kenntnissen, d.h. wie sie wollen und können! Und damit sind wir wieder zu der ersten Vorbedingung der Emancipation der Frauen zurückgekommen: zu der Nothwendigkeit gleicher Bildungsanstalten für die Frauen wie für die Männer, in den Lebensjahren, in welchen die Vorbereitungen für die eigentlichen Berufsstudien gemacht werden müssen. Ich habe es nicht einmal, nein viele hundert Mal von Männern wie von Frauen ernsthaft — und wie das Vorurtheil sich immer äußert — mit Leidenschaft aussprechen hören, daß die wissenschaftliche Befähigung der Frauen nicht eben so groß sein könne, als die der Männer, da man bisher von weiblichen Geschichtsforschern, weiblichen Mathematikern, weiblichen Philosophen, weiblichen Componisten und Tragödiendichtern nichts gehört habe. Es klang dies wirklich, als erwartete man, daß dem Weibe durch irgend eine Offenbarung oder Eingebung ganz von selber kommen solle, was der Mann durch ein eifriges, lebenslängliches Studium mühevoll erlangt. Man hat den Frauen bisher alle Möglichkeit, ja, selbst die Berechtigung verweigert, sich in den Wissenschaften auch nur einigermaßen gründlich auszubilden; und statt sich darüber zu verwundern, daß sich doch noch überall Frauen gefunden haben, die trotz dieses Mangels an geistiger Förderung sich aus eigener Kraft so weit emporgebracht haben, daß sie sich bedeutenden Männern ebenbürtig an <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0123" n="113"/> nach ihren Anlagen und Kenntnissen, d.h. wie sie wollen und können</hi>!</p> <p>Und damit sind wir wieder zu der ersten Vorbedingung der Emancipation der Frauen zurückgekommen: zu der Nothwendigkeit gleicher Bildungsanstalten für die Frauen wie für die Männer, in den Lebensjahren, in welchen die Vorbereitungen für die eigentlichen Berufsstudien gemacht werden müssen.</p> <p>Ich habe es nicht einmal, nein viele hundert Mal von Männern wie von Frauen ernsthaft — und wie das Vorurtheil sich immer äußert — mit Leidenschaft aussprechen hören, daß die wissenschaftliche Befähigung der Frauen nicht eben so groß sein könne, als die der Männer, da man bisher von weiblichen Geschichtsforschern, weiblichen Mathematikern, weiblichen Philosophen, weiblichen Componisten und Tragödiendichtern nichts gehört habe. Es klang dies wirklich, als erwartete man, daß dem Weibe durch irgend eine Offenbarung oder Eingebung ganz von selber kommen solle, was der Mann durch ein eifriges, lebenslängliches Studium mühevoll erlangt. Man hat den Frauen bisher alle Möglichkeit, ja, selbst die Berechtigung verweigert, sich in den Wissenschaften auch nur einigermaßen gründlich auszubilden; und statt sich darüber zu verwundern, daß sich doch noch überall Frauen gefunden haben, die trotz dieses Mangels an geistiger Förderung sich aus eigener Kraft so weit emporgebracht haben, daß sie sich bedeutenden Männern ebenbürtig an </p> </div> </body> </text> </TEI> [113/0123]
nach ihren Anlagen und Kenntnissen, d.h. wie sie wollen und können!
Und damit sind wir wieder zu der ersten Vorbedingung der Emancipation der Frauen zurückgekommen: zu der Nothwendigkeit gleicher Bildungsanstalten für die Frauen wie für die Männer, in den Lebensjahren, in welchen die Vorbereitungen für die eigentlichen Berufsstudien gemacht werden müssen.
Ich habe es nicht einmal, nein viele hundert Mal von Männern wie von Frauen ernsthaft — und wie das Vorurtheil sich immer äußert — mit Leidenschaft aussprechen hören, daß die wissenschaftliche Befähigung der Frauen nicht eben so groß sein könne, als die der Männer, da man bisher von weiblichen Geschichtsforschern, weiblichen Mathematikern, weiblichen Philosophen, weiblichen Componisten und Tragödiendichtern nichts gehört habe. Es klang dies wirklich, als erwartete man, daß dem Weibe durch irgend eine Offenbarung oder Eingebung ganz von selber kommen solle, was der Mann durch ein eifriges, lebenslängliches Studium mühevoll erlangt. Man hat den Frauen bisher alle Möglichkeit, ja, selbst die Berechtigung verweigert, sich in den Wissenschaften auch nur einigermaßen gründlich auszubilden; und statt sich darüber zu verwundern, daß sich doch noch überall Frauen gefunden haben, die trotz dieses Mangels an geistiger Förderung sich aus eigener Kraft so weit emporgebracht haben, daß sie sich bedeutenden Männern ebenbürtig an
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Zitationshilfe: | Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/123>, abgerufen am 16.02.2025. |