Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.durch ihr Erscheinen an öffentlichen Orten und vielleicht auch durch manche Ausschreitungen in sittlicher Beziehung Anstoß erregt hatten. Man that, als ob gegenüber diesen zwei, drei Frauen nicht innerhalb der sogenannten besten Gesellschaft ebenfalls Frauen nachzuweisen gewesen wären, die zwar lange und sogar falsche Haarflechten trugen und keine Cigarretten rauchten, auch nicht allein in männlichen Versammlungsorten erschienen, die aber in Ausschreitungen gegen ihre beschworenen Pflichten und gegen die Sitte, jenen sogenannten emancipirten Frauen sicherlich nichts nachgaben, ohne daß man deshalb den allgemeinen Untergang von Zucht und Sitte befürchtet hätte, und ohne daß man die unbescholtene und wackere Gesammtheit jemals hätte entgelten lassen wollen, was Einzelne sich zu Schulden kommen ließen. Jene nicht eben fördersamen Vorkämpferinnen der Frauen-Emancipation, sind vom Schauplatze unseres öffentlichen Lebens bald und schnell verschwunden; nur das Schreckbild der "emancipirten Frau" ist als ihr Nachlaß spukhaft unter uns stehen geblieben, und wirft noch heute seinen Schatten auf alle jene Frauen, die sich die Freiheit nehmen, ihre Talente auszubilden, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und sich furchtlos und ihrer selbstgewiß in dem Leben und in der Welt zu bewegen, sich selbst zu ernähren und für sich selber einzustehen -- wenn kein Anderer da ist, welcher sie dieser Mühen überhebt. durch ihr Erscheinen an öffentlichen Orten und vielleicht auch durch manche Ausschreitungen in sittlicher Beziehung Anstoß erregt hatten. Man that, als ob gegenüber diesen zwei, drei Frauen nicht innerhalb der sogenannten besten Gesellschaft ebenfalls Frauen nachzuweisen gewesen wären, die zwar lange und sogar falsche Haarflechten trugen und keine Cigarretten rauchten, auch nicht allein in männlichen Versammlungsorten erschienen, die aber in Ausschreitungen gegen ihre beschworenen Pflichten und gegen die Sitte, jenen sogenannten emancipirten Frauen sicherlich nichts nachgaben, ohne daß man deshalb den allgemeinen Untergang von Zucht und Sitte befürchtet hätte, und ohne daß man die unbescholtene und wackere Gesammtheit jemals hätte entgelten lassen wollen, was Einzelne sich zu Schulden kommen ließen. Jene nicht eben fördersamen Vorkämpferinnen der Frauen-Emancipation, sind vom Schauplatze unseres öffentlichen Lebens bald und schnell verschwunden; nur das Schreckbild der »emancipirten Frau« ist als ihr Nachlaß spukhaft unter uns stehen geblieben, und wirft noch heute seinen Schatten auf alle jene Frauen, die sich die Freiheit nehmen, ihre Talente auszubilden, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und sich furchtlos und ihrer selbstgewiß in dem Leben und in der Welt zu bewegen, sich selbst zu ernähren und für sich selber einzustehen — wenn kein Anderer da ist, welcher sie dieser Mühen überhebt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0106" n="96"/> durch ihr Erscheinen an öffentlichen Orten und vielleicht auch durch manche Ausschreitungen in sittlicher Beziehung Anstoß erregt hatten. Man that, als ob gegenüber diesen zwei, drei Frauen nicht innerhalb der sogenannten besten Gesellschaft ebenfalls Frauen nachzuweisen gewesen wären, die zwar lange und sogar falsche Haarflechten trugen und keine Cigarretten rauchten, auch nicht allein in männlichen Versammlungsorten erschienen, die aber in Ausschreitungen gegen ihre beschworenen Pflichten und gegen die Sitte, jenen sogenannten emancipirten Frauen sicherlich nichts nachgaben, ohne daß man deshalb den allgemeinen Untergang von Zucht und Sitte befürchtet hätte, und ohne daß man die unbescholtene und wackere Gesammtheit jemals hätte entgelten lassen wollen, was Einzelne sich zu Schulden kommen ließen.</p> <p>Jene nicht eben fördersamen Vorkämpferinnen der Frauen-Emancipation, sind vom Schauplatze unseres öffentlichen Lebens bald und schnell verschwunden; nur das Schreckbild der »emancipirten Frau« ist als ihr Nachlaß spukhaft unter uns stehen geblieben, und wirft noch heute seinen Schatten auf alle jene Frauen, die sich die Freiheit nehmen, ihre Talente auszubilden, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und sich furchtlos und ihrer selbstgewiß in dem Leben und in der Welt zu bewegen, sich selbst zu ernähren und für sich selber einzustehen — wenn kein Anderer da ist, welcher sie dieser Mühen überhebt.</p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [96/0106]
durch ihr Erscheinen an öffentlichen Orten und vielleicht auch durch manche Ausschreitungen in sittlicher Beziehung Anstoß erregt hatten. Man that, als ob gegenüber diesen zwei, drei Frauen nicht innerhalb der sogenannten besten Gesellschaft ebenfalls Frauen nachzuweisen gewesen wären, die zwar lange und sogar falsche Haarflechten trugen und keine Cigarretten rauchten, auch nicht allein in männlichen Versammlungsorten erschienen, die aber in Ausschreitungen gegen ihre beschworenen Pflichten und gegen die Sitte, jenen sogenannten emancipirten Frauen sicherlich nichts nachgaben, ohne daß man deshalb den allgemeinen Untergang von Zucht und Sitte befürchtet hätte, und ohne daß man die unbescholtene und wackere Gesammtheit jemals hätte entgelten lassen wollen, was Einzelne sich zu Schulden kommen ließen.
Jene nicht eben fördersamen Vorkämpferinnen der Frauen-Emancipation, sind vom Schauplatze unseres öffentlichen Lebens bald und schnell verschwunden; nur das Schreckbild der »emancipirten Frau« ist als ihr Nachlaß spukhaft unter uns stehen geblieben, und wirft noch heute seinen Schatten auf alle jene Frauen, die sich die Freiheit nehmen, ihre Talente auszubilden, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und sich furchtlos und ihrer selbstgewiß in dem Leben und in der Welt zu bewegen, sich selbst zu ernähren und für sich selber einzustehen — wenn kein Anderer da ist, welcher sie dieser Mühen überhebt.
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