Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.heute das Geständniß seiner Liebe so entschlüpft war. Sein ganzes Leben war Mühe und Arbeit gewesen, sein Temperament ruhig, und Vernunft und Sittlichkeit hatten diese Ruhe noch erhöht. Früher, als er die theologische Laufbahn verfolgt, hatte er wohl bisweilen daran gedacht, daß er sich eine Frau nehmen werde, wenn er in einer guten Pfarre gelandet sein würde. Das Bild eines stillen, arbeitsamen Weibes, die Vorstellungen von einer recht ruhigen Häuslichkeit, deren regelmäßiger Gang seinen Studien zu Gute kommen sollte, hatten ihn hie und da erheitert, wenn er auf seiner Stube an hellen Sonntags-- Nachmittagen umhergegangen war, die lange Pfeife im Munde, das Rauchgekräusel mit Muße betrachtend. Indeß die Aussicht hatte ihm keine übermäßige Freude, die Entbehrung keinen sonderlichen Schmerz verursacht, und als er in das Willmar'sche Geschäft getreten war, hatte er sich heute das Geständniß seiner Liebe so entschlüpft war. Sein ganzes Leben war Mühe und Arbeit gewesen, sein Temperament ruhig, und Vernunft und Sittlichkeit hatten diese Ruhe noch erhöht. Früher, als er die theologische Laufbahn verfolgt, hatte er wohl bisweilen daran gedacht, daß er sich eine Frau nehmen werde, wenn er in einer guten Pfarre gelandet sein würde. Das Bild eines stillen, arbeitsamen Weibes, die Vorstellungen von einer recht ruhigen Häuslichkeit, deren regelmäßiger Gang seinen Studien zu Gute kommen sollte, hatten ihn hie und da erheitert, wenn er auf seiner Stube an hellen Sonntags— Nachmittagen umhergegangen war, die lange Pfeife im Munde, das Rauchgekräusel mit Muße betrachtend. Indeß die Aussicht hatte ihm keine übermäßige Freude, die Entbehrung keinen sonderlichen Schmerz verursacht, und als er in das Willmar’sche Geschäft getreten war, hatte er sich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0099" n="89"/> heute das Geständniß seiner Liebe so entschlüpft war.</p> <p> Sein ganzes Leben war Mühe und Arbeit gewesen, sein Temperament ruhig, und Vernunft und Sittlichkeit hatten diese Ruhe noch erhöht. Früher, als er die theologische Laufbahn verfolgt, hatte er wohl bisweilen daran gedacht, daß er sich eine Frau nehmen werde, wenn er in einer guten Pfarre gelandet sein würde. Das Bild eines stillen, arbeitsamen Weibes, die Vorstellungen von einer recht ruhigen Häuslichkeit, deren regelmäßiger Gang seinen Studien zu Gute kommen sollte, hatten ihn hie und da erheitert, wenn er auf seiner Stube an hellen Sonntags— Nachmittagen umhergegangen war, die lange Pfeife im Munde, das Rauchgekräusel mit Muße betrachtend. Indeß die Aussicht hatte ihm keine übermäßige Freude, die Entbehrung keinen sonderlichen Schmerz verursacht, und als er in das Willmar’sche Geschäft getreten war, hatte er sich </p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0099]
heute das Geständniß seiner Liebe so entschlüpft war.
Sein ganzes Leben war Mühe und Arbeit gewesen, sein Temperament ruhig, und Vernunft und Sittlichkeit hatten diese Ruhe noch erhöht. Früher, als er die theologische Laufbahn verfolgt, hatte er wohl bisweilen daran gedacht, daß er sich eine Frau nehmen werde, wenn er in einer guten Pfarre gelandet sein würde. Das Bild eines stillen, arbeitsamen Weibes, die Vorstellungen von einer recht ruhigen Häuslichkeit, deren regelmäßiger Gang seinen Studien zu Gute kommen sollte, hatten ihn hie und da erheitert, wenn er auf seiner Stube an hellen Sonntags— Nachmittagen umhergegangen war, die lange Pfeife im Munde, das Rauchgekräusel mit Muße betrachtend. Indeß die Aussicht hatte ihm keine übermäßige Freude, die Entbehrung keinen sonderlichen Schmerz verursacht, und als er in das Willmar’sche Geschäft getreten war, hatte er sich
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