Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.Sie saß am Fenster und sah hinaus. Schnee und Regen trieben durch die nassen Straßen, aber die Menschen schienen des Unwetters kaum zu achten. Jeder eilte, denn ihm stand eine Freude in Aussicht, Jeder hastete sich vorwärts. Hier trugen Handwerker kostbare Gegenstände, wohl verhüllt, an den Ort ihrer Bestimmung, dort ging ein junges Ehepaar, mit Steckenpferden und Trommeln und Puppen beladen, lachend seiner Wohnung zu, dort wieder brachte ein Mann aus niederem Stande die kleine Pyramide fröhlich heim, sich die bescheidene Dachstube festlich damit zu erhellen. Und Adele saß und saß und sah hinaus, bis es ganz dunkel wurde. Sie konnte ihrer Traurigkeit nicht Meister werden, ihr graute zuletzt fast davor, sich ihre Einsamkeit zu beleuchten, wie sie's nannte. Indeß, als die Glocke dem nahen Thurme halb sechs schlug, durfte sie nicht Sie saß am Fenster und sah hinaus. Schnee und Regen trieben durch die nassen Straßen, aber die Menschen schienen des Unwetters kaum zu achten. Jeder eilte, denn ihm stand eine Freude in Aussicht, Jeder hastete sich vorwärts. Hier trugen Handwerker kostbare Gegenstände, wohl verhüllt, an den Ort ihrer Bestimmung, dort ging ein junges Ehepaar, mit Steckenpferden und Trommeln und Puppen beladen, lachend seiner Wohnung zu, dort wieder brachte ein Mann aus niederem Stande die kleine Pyramide fröhlich heim, sich die bescheidene Dachstube festlich damit zu erhellen. Und Adele saß und saß und sah hinaus, bis es ganz dunkel wurde. Sie konnte ihrer Traurigkeit nicht Meister werden, ihr graute zuletzt fast davor, sich ihre Einsamkeit zu beleuchten, wie sie’s nannte. Indeß, als die Glocke dem nahen Thurme halb sechs schlug, durfte sie nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0276" n="266"/> <p> Sie saß am Fenster und sah hinaus. Schnee und Regen trieben durch die nassen Straßen, aber die Menschen schienen des Unwetters kaum zu achten. Jeder eilte, denn ihm stand eine Freude in Aussicht, Jeder hastete sich vorwärts. Hier trugen Handwerker kostbare Gegenstände, wohl verhüllt, an den Ort ihrer Bestimmung, dort ging ein junges Ehepaar, mit Steckenpferden und Trommeln und Puppen beladen, lachend seiner Wohnung zu, dort wieder brachte ein Mann aus niederem Stande die kleine Pyramide fröhlich heim, sich die bescheidene Dachstube festlich damit zu erhellen.</p> <p> </p> <p> Und Adele saß und saß und sah hinaus, bis es ganz dunkel wurde. Sie konnte ihrer Traurigkeit nicht Meister werden, ihr graute zuletzt fast davor, sich ihre Einsamkeit zu beleuchten, wie sie’s nannte. Indeß, als die Glocke dem nahen Thurme halb sechs schlug, durfte sie nicht </p> </div> </body> </text> </TEI> [266/0276]
Sie saß am Fenster und sah hinaus. Schnee und Regen trieben durch die nassen Straßen, aber die Menschen schienen des Unwetters kaum zu achten. Jeder eilte, denn ihm stand eine Freude in Aussicht, Jeder hastete sich vorwärts. Hier trugen Handwerker kostbare Gegenstände, wohl verhüllt, an den Ort ihrer Bestimmung, dort ging ein junges Ehepaar, mit Steckenpferden und Trommeln und Puppen beladen, lachend seiner Wohnung zu, dort wieder brachte ein Mann aus niederem Stande die kleine Pyramide fröhlich heim, sich die bescheidene Dachstube festlich damit zu erhellen.
Und Adele saß und saß und sah hinaus, bis es ganz dunkel wurde. Sie konnte ihrer Traurigkeit nicht Meister werden, ihr graute zuletzt fast davor, sich ihre Einsamkeit zu beleuchten, wie sie’s nannte. Indeß, als die Glocke dem nahen Thurme halb sechs schlug, durfte sie nicht
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