Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.ich wollte Ihnen eigens damit gefallen, Vetter!" "Mir?" fragte Samuel mit bitterem Spotte, aber in demselben Augenblicke schien er den verrätherischen Ausruf zu bereuen, und zu seinem verdrießlichen Tone übergehend, sprach er: "Es ist doch um des Teufels zu werden, ich habe grades Wegs ein Fieber, und der Hals ist mir wie zugeschnürt." Er räusperte sich, versuchte, Gesichter schneidend, von dem Wasser zu trinken, das auf dem Tische stand, und sagte dann: "Und dazu Geschäfte bis über die Ohren! und Sie dabei! ein Frauenzimmer, das ich amüsiren soll!" "Wie unliebenswürdig!" tadelte Adele, "bin ich denn so vergnügungssüchtig?" "Vergnügungssüchtig oder nicht!" entgegnete er ihr, "Sie sehen's, ich bin krank, Adele! Ein Kranker taugt für Andere nicht. Folgen Sie mir,-- reisen Sie lieber morgen ab." ich wollte Ihnen eigens damit gefallen, Vetter!” “Mir?” fragte Samuel mit bitterem Spotte, aber in demselben Augenblicke schien er den verrätherischen Ausruf zu bereuen, und zu seinem verdrießlichen Tone übergehend, sprach er: “Es ist doch um des Teufels zu werden, ich habe grades Wegs ein Fieber, und der Hals ist mir wie zugeschnürt.” Er räusperte sich, versuchte, Gesichter schneidend, von dem Wasser zu trinken, das auf dem Tische stand, und sagte dann: “Und dazu Geschäfte bis über die Ohren! und Sie dabei! ein Frauenzimmer, das ich amüsiren soll!” “Wie unliebenswürdig!” tadelte Adele, “bin ich denn so vergnügungssüchtig?” “Vergnügungssüchtig oder nicht!” entgegnete er ihr, “Sie sehen’s, ich bin krank, Adele! Ein Kranker taugt für Andere nicht. Folgen Sie mir,— reisen Sie lieber morgen ab.” <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0250" n="240"/> ich wollte Ihnen eigens damit gefallen, Vetter!”</p> <p> “Mir?” fragte Samuel mit bitterem Spotte, aber in demselben Augenblicke schien er den verrätherischen Ausruf zu bereuen, und zu seinem verdrießlichen Tone übergehend, sprach er: “Es ist doch um des Teufels zu werden, ich habe grades Wegs ein Fieber, und der Hals ist mir wie zugeschnürt.”</p> <p> Er räusperte sich, versuchte, Gesichter schneidend, von dem Wasser zu trinken, das auf dem Tische stand, und sagte dann: “Und dazu Geschäfte bis über die Ohren! und Sie dabei! ein Frauenzimmer, das ich amüsiren soll!”</p> <p> “Wie unliebenswürdig!” tadelte Adele, “bin ich denn so vergnügungssüchtig?”</p> <p> “Vergnügungssüchtig oder nicht!” entgegnete er ihr, “Sie sehen’s, ich bin krank, Adele! Ein Kranker taugt für Andere nicht. Folgen Sie mir,— reisen Sie lieber morgen ab.”</p> </div> </body> </text> </TEI> [240/0250]
ich wollte Ihnen eigens damit gefallen, Vetter!”
“Mir?” fragte Samuel mit bitterem Spotte, aber in demselben Augenblicke schien er den verrätherischen Ausruf zu bereuen, und zu seinem verdrießlichen Tone übergehend, sprach er: “Es ist doch um des Teufels zu werden, ich habe grades Wegs ein Fieber, und der Hals ist mir wie zugeschnürt.”
Er räusperte sich, versuchte, Gesichter schneidend, von dem Wasser zu trinken, das auf dem Tische stand, und sagte dann: “Und dazu Geschäfte bis über die Ohren! und Sie dabei! ein Frauenzimmer, das ich amüsiren soll!”
“Wie unliebenswürdig!” tadelte Adele, “bin ich denn so vergnügungssüchtig?”
“Vergnügungssüchtig oder nicht!” entgegnete er ihr, “Sie sehen’s, ich bin krank, Adele! Ein Kranker taugt für Andere nicht. Folgen Sie mir,— reisen Sie lieber morgen ab.”
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