Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

gern und liebevoll, indeß das Schaffen war ihr eine Zerstreuung, keine Befriedigung, es füllte ihr Dasein in keiner Weise aus. So lange ihre Mutter lebte, und die Sorge um dieselbe sie vielfach hinnahm, konnte Adele sich über ihren Zustand täuschen. Aber Frau Willmar starb nach einigen Jahren, und plötzlich empfand ihre Tochter, daß sie allein stand in der Welt.

So viel Theilnahme ihre Freunde ihr bewiesen, so sehr ihre Bekannten sich bemühten, sie ihren Verlust und ihre Einsamkeit nicht schwer empfinden zu lassen, es mißlang. Das Leben in der Geselligkeit hatte durch die Gewohnheit seinen Reiz für Adele verloren, sie fühlte das Bedürfniß nach einer ausschließlichen Anhänglichkeit; aber hatte ihr Herz sich einer Freundin, einem Freunde zugewendet, so traten neue Verbindungen an dieselben heran, und Adele fand sich, wenn nicht vergessen, so doch nicht mehr nothwendig in dem erweiterten Kreise. Die Einen verheiratheten sich,

gern und liebevoll, indeß das Schaffen war ihr eine Zerstreuung, keine Befriedigung, es füllte ihr Dasein in keiner Weise aus. So lange ihre Mutter lebte, und die Sorge um dieselbe sie vielfach hinnahm, konnte Adele sich über ihren Zustand täuschen. Aber Frau Willmar starb nach einigen Jahren, und plötzlich empfand ihre Tochter, daß sie allein stand in der Welt.

So viel Theilnahme ihre Freunde ihr bewiesen, so sehr ihre Bekannten sich bemühten, sie ihren Verlust und ihre Einsamkeit nicht schwer empfinden zu lassen, es mißlang. Das Leben in der Geselligkeit hatte durch die Gewohnheit seinen Reiz für Adele verloren, sie fühlte das Bedürfniß nach einer ausschließlichen Anhänglichkeit; aber hatte ihr Herz sich einer Freundin, einem Freunde zugewendet, so traten neue Verbindungen an dieselben heran, und Adele fand sich, wenn nicht vergessen, so doch nicht mehr nothwendig in dem erweiterten Kreise. Die Einen verheiratheten sich,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0193" n="183"/>
gern und liebevoll, indeß das Schaffen war ihr eine Zerstreuung, keine Befriedigung, es füllte ihr Dasein in keiner Weise aus. So lange ihre Mutter lebte, und die Sorge um dieselbe sie vielfach hinnahm, konnte Adele sich über ihren Zustand täuschen. Aber Frau Willmar starb nach einigen Jahren, und plötzlich empfand ihre Tochter, daß sie allein stand in der Welt.</p>
        <p>                                     So viel Theilnahme ihre Freunde ihr bewiesen, so sehr ihre Bekannten sich bemühten, sie ihren Verlust und ihre Einsamkeit nicht schwer empfinden zu lassen, es mißlang. Das Leben in der Geselligkeit hatte durch die Gewohnheit seinen Reiz für Adele verloren, sie fühlte das Bedürfniß nach einer ausschließlichen Anhänglichkeit; aber hatte ihr Herz sich einer Freundin, einem Freunde zugewendet, so traten neue Verbindungen an dieselben heran, und Adele fand sich, wenn nicht vergessen, so doch nicht mehr nothwendig in dem erweiterten Kreise. Die Einen verheiratheten sich,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0193] gern und liebevoll, indeß das Schaffen war ihr eine Zerstreuung, keine Befriedigung, es füllte ihr Dasein in keiner Weise aus. So lange ihre Mutter lebte, und die Sorge um dieselbe sie vielfach hinnahm, konnte Adele sich über ihren Zustand täuschen. Aber Frau Willmar starb nach einigen Jahren, und plötzlich empfand ihre Tochter, daß sie allein stand in der Welt. So viel Theilnahme ihre Freunde ihr bewiesen, so sehr ihre Bekannten sich bemühten, sie ihren Verlust und ihre Einsamkeit nicht schwer empfinden zu lassen, es mißlang. Das Leben in der Geselligkeit hatte durch die Gewohnheit seinen Reiz für Adele verloren, sie fühlte das Bedürfniß nach einer ausschließlichen Anhänglichkeit; aber hatte ihr Herz sich einer Freundin, einem Freunde zugewendet, so traten neue Verbindungen an dieselben heran, und Adele fand sich, wenn nicht vergessen, so doch nicht mehr nothwendig in dem erweiterten Kreise. Die Einen verheiratheten sich,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie - A Digital Library of Works by German-Speaking Women: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von "Sophie". (2013-02-04T11:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
archive.org: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-04T11:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-02-04T11:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_adele_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_adele_1864/193
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_adele_1864/193>, abgerufen am 23.11.2024.