Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.empfehlen sollte. Es ist Alles auf dem Lande! und wären die Leute zu Hasue, so wär's auch fast dasselbe. Liebe Freundinnen! Sie kennen die großen Städte nicht! Jeder für sich und Gott für Alle!" "Das ist aber trostlos!" meinte die Mutter. "Gar nicht!" entgegnete der junge Journalist, und sah sie mit seinen klaren Augen freundlich an. "Wer hier durchkommen will, der muß sich rühren und sich selber helfen. Es fragt freilich Niemand den Fremden: was fehlt Dir? was brauchst Du? -- sondern man fragt: was bist Du? was hast Du für uns? Aber wer in einer großen Stadt den Menschen nur Etwas zu bieten hat, wer Etwas ist, der fühlt sich nirgend behaglicher als hier. Wer hat, dem wird gegeben!" "Wer aber Nichts hat, wer einsam herkommt, wie wir Beide!" wendete die Mutter bedenklich ein. "O!" rief Holting, "Sie werden nicht lange empfehlen sollte. Es ist Alles auf dem Lande! und wären die Leute zu Hasue, so wär’s auch fast dasselbe. Liebe Freundinnen! Sie kennen die großen Städte nicht! Jeder für sich und Gott für Alle!” “Das ist aber trostlos!” meinte die Mutter. “Gar nicht!” entgegnete der junge Journalist, und sah sie mit seinen klaren Augen freundlich an. “Wer hier durchkommen will, der muß sich rühren und sich selber helfen. Es fragt freilich Niemand den Fremden: was fehlt Dir? was brauchst Du? — sondern man fragt: was bist Du? was hast Du für uns? Aber wer in einer großen Stadt den Menschen nur Etwas zu bieten hat, wer Etwas ist, der fühlt sich nirgend behaglicher als hier. Wer hat, dem wird gegeben!” “Wer aber Nichts hat, wer einsam herkommt, wie wir Beide!” wendete die Mutter bedenklich ein. “O!” rief Holting, “Sie werden nicht lange <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0181" n="171"/> empfehlen sollte. Es ist Alles auf dem Lande! und wären die Leute zu Hasue, so wär’s auch fast dasselbe. Liebe Freundinnen! Sie kennen die großen Städte nicht! Jeder für sich und Gott für Alle!”</p> <p> “Das ist aber trostlos!” meinte die Mutter.</p> <p> “Gar nicht!” entgegnete der junge Journalist, und sah sie mit seinen klaren Augen freundlich an. “Wer hier durchkommen will, der muß sich rühren und sich selber helfen. Es fragt freilich Niemand den Fremden: was fehlt Dir? was brauchst Du? — sondern man fragt: was bist Du? was hast Du für uns? Aber wer in einer großen Stadt den Menschen nur Etwas zu bieten hat, wer Etwas ist, der fühlt sich nirgend behaglicher als hier. Wer hat, dem wird gegeben!”</p> <p> “Wer aber Nichts hat, wer einsam herkommt, wie wir Beide!” wendete die Mutter bedenklich ein.</p> <p> “O!” rief Holting, “Sie werden nicht lange </p> </div> </body> </text> </TEI> [171/0181]
empfehlen sollte. Es ist Alles auf dem Lande! und wären die Leute zu Hasue, so wär’s auch fast dasselbe. Liebe Freundinnen! Sie kennen die großen Städte nicht! Jeder für sich und Gott für Alle!”
“Das ist aber trostlos!” meinte die Mutter.
“Gar nicht!” entgegnete der junge Journalist, und sah sie mit seinen klaren Augen freundlich an. “Wer hier durchkommen will, der muß sich rühren und sich selber helfen. Es fragt freilich Niemand den Fremden: was fehlt Dir? was brauchst Du? — sondern man fragt: was bist Du? was hast Du für uns? Aber wer in einer großen Stadt den Menschen nur Etwas zu bieten hat, wer Etwas ist, der fühlt sich nirgend behaglicher als hier. Wer hat, dem wird gegeben!”
“Wer aber Nichts hat, wer einsam herkommt, wie wir Beide!” wendete die Mutter bedenklich ein.
“O!” rief Holting, “Sie werden nicht lange
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