Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.ohne inneren Jammer das schnell ergraute Haar der Mutter, die eingefallenen Züge der Tochter sehen. Er hätte helfen mögen und war doch selber arm. Nur sich und seine Kraft und seinen festen Willen hatte er ihnen darzubieten, hätte Adele sich diesen anvertrauen wollen; aber er fühlte es an jedem Worte ihrer Dankbarkeit, daß sie ihm eben Nichts als Dankbarkeit zu geben habe, während sie ihm immer theurer wurde, wenn er die Selbstverläugnung gewahrte, mit der sie sich und ihren Kummer zu vergessen strebte, um der Mutter ein Trost und eine Stütze zu werden. Adele war der Meinung, das kleine ihnen übrig gebliebene Vermögen dem Vetter zur Begründung seines eigenen Geschäftes anzuvertrauen. Es schien ihr dies die unerläßlichste Pflicht der Vergeltung für die Jahre voll Arbeit, welche er dem Hause geopfert; aber Frau Willmar, durch ein vor langen Jahren gemachtes Testament ihres Mannes zur alleinigen Erbin gesetzt, wollte ohne inneren Jammer das schnell ergraute Haar der Mutter, die eingefallenen Züge der Tochter sehen. Er hätte helfen mögen und war doch selber arm. Nur sich und seine Kraft und seinen festen Willen hatte er ihnen darzubieten, hätte Adele sich diesen anvertrauen wollen; aber er fühlte es an jedem Worte ihrer Dankbarkeit, daß sie ihm eben Nichts als Dankbarkeit zu geben habe, während sie ihm immer theurer wurde, wenn er die Selbstverläugnung gewahrte, mit der sie sich und ihren Kummer zu vergessen strebte, um der Mutter ein Trost und eine Stütze zu werden. Adele war der Meinung, das kleine ihnen übrig gebliebene Vermögen dem Vetter zur Begründung seines eigenen Geschäftes anzuvertrauen. Es schien ihr dies die unerläßlichste Pflicht der Vergeltung für die Jahre voll Arbeit, welche er dem Hause geopfert; aber Frau Willmar, durch ein vor langen Jahren gemachtes Testament ihres Mannes zur alleinigen Erbin gesetzt, wollte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0162" n="152"/> ohne inneren Jammer das schnell ergraute Haar der Mutter, die eingefallenen Züge der Tochter sehen. Er hätte helfen mögen und war doch selber arm. Nur sich und seine Kraft und seinen festen Willen hatte er ihnen darzubieten, hätte Adele sich diesen anvertrauen wollen; aber er fühlte es an jedem Worte ihrer Dankbarkeit, daß sie ihm eben Nichts als Dankbarkeit zu geben habe, während sie ihm immer theurer wurde, wenn er die Selbstverläugnung gewahrte, mit der sie sich und ihren Kummer zu vergessen strebte, um der Mutter ein Trost und eine Stütze zu werden.</p> <p> Adele war der Meinung, das kleine ihnen übrig gebliebene Vermögen dem Vetter zur Begründung seines eigenen Geschäftes anzuvertrauen. Es schien ihr dies die unerläßlichste Pflicht der Vergeltung für die Jahre voll Arbeit, welche er dem Hause geopfert; aber Frau Willmar, durch ein vor langen Jahren gemachtes Testament ihres Mannes zur alleinigen Erbin gesetzt, wollte </p> </div> </body> </text> </TEI> [152/0162]
ohne inneren Jammer das schnell ergraute Haar der Mutter, die eingefallenen Züge der Tochter sehen. Er hätte helfen mögen und war doch selber arm. Nur sich und seine Kraft und seinen festen Willen hatte er ihnen darzubieten, hätte Adele sich diesen anvertrauen wollen; aber er fühlte es an jedem Worte ihrer Dankbarkeit, daß sie ihm eben Nichts als Dankbarkeit zu geben habe, während sie ihm immer theurer wurde, wenn er die Selbstverläugnung gewahrte, mit der sie sich und ihren Kummer zu vergessen strebte, um der Mutter ein Trost und eine Stütze zu werden.
Adele war der Meinung, das kleine ihnen übrig gebliebene Vermögen dem Vetter zur Begründung seines eigenen Geschäftes anzuvertrauen. Es schien ihr dies die unerläßlichste Pflicht der Vergeltung für die Jahre voll Arbeit, welche er dem Hause geopfert; aber Frau Willmar, durch ein vor langen Jahren gemachtes Testament ihres Mannes zur alleinigen Erbin gesetzt, wollte
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