Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.Mindestens aber möge sie ihn aus dem Kreise ihrer Phantasiegebilde fern halten und ihn respectiren, wenn sie sich selber nicht zu respectiren wisse. Der Brief war ein Erguß des aufgeregten Zornes, und ohne alle Rücksicht auf das Gefühl der Empfängerin geschrieben. Selbst Hellwig's Gattin, der er ihn gezeigt, hatte ihn zu hart gefunden und gebeten, ihn nicht abzusenden; aber Hellwig war zufrieden, seiner Frau genug gethan zu haben, seinen Freunden sagen zu können, daß er die Verfasserin jenes Romans in die ihr gebührenden Schranken gewiesen habe. Adele konnte ihm nichts mehr nützen, sie und ihr Leiden kümmerten ihn nicht mehr. Er tröstete sich damit, wenn sein Gewissen rege werden wollte, daß der Mensch, dem eine große Mission geworden sei, der, wie er, einen weiten Weg zu machen habe, der Blume nicht achten könne, die sein Fuß zertrete. Mindestens aber möge sie ihn aus dem Kreise ihrer Phantasiegebilde fern halten und ihn respectiren, wenn sie sich selber nicht zu respectiren wisse. Der Brief war ein Erguß des aufgeregten Zornes, und ohne alle Rücksicht auf das Gefühl der Empfängerin geschrieben. Selbst Hellwig’s Gattin, der er ihn gezeigt, hatte ihn zu hart gefunden und gebeten, ihn nicht abzusenden; aber Hellwig war zufrieden, seiner Frau genug gethan zu haben, seinen Freunden sagen zu können, daß er die Verfasserin jenes Romans in die ihr gebührenden Schranken gewiesen habe. Adele konnte ihm nichts mehr nützen, sie und ihr Leiden kümmerten ihn nicht mehr. Er tröstete sich damit, wenn sein Gewissen rege werden wollte, daß der Mensch, dem eine große Mission geworden sei, der, wie er, einen weiten Weg zu machen habe, der Blume nicht achten könne, die sein Fuß zertrete. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0129" n="119"/> Mindestens aber möge sie ihn aus dem Kreise ihrer Phantasiegebilde fern halten und ihn respectiren, wenn sie sich selber nicht zu respectiren wisse.</p> <p> Der Brief war ein Erguß des aufgeregten Zornes, und ohne alle Rücksicht auf das Gefühl der Empfängerin geschrieben. Selbst Hellwig’s Gattin, der er ihn gezeigt, hatte ihn zu hart gefunden und gebeten, ihn nicht abzusenden; aber Hellwig war zufrieden, seiner Frau genug gethan zu haben, seinen Freunden sagen zu können, daß er die Verfasserin jenes Romans in die ihr gebührenden Schranken gewiesen habe. Adele konnte ihm nichts mehr nützen, sie und ihr Leiden kümmerten ihn nicht mehr. Er tröstete sich damit, wenn sein Gewissen rege werden wollte, daß der Mensch, dem eine große Mission geworden sei, der, wie er, einen weiten Weg zu machen habe, der Blume nicht achten könne, die sein Fuß zertrete. </p> </div> </body> </text> </TEI> [119/0129]
Mindestens aber möge sie ihn aus dem Kreise ihrer Phantasiegebilde fern halten und ihn respectiren, wenn sie sich selber nicht zu respectiren wisse.
Der Brief war ein Erguß des aufgeregten Zornes, und ohne alle Rücksicht auf das Gefühl der Empfängerin geschrieben. Selbst Hellwig’s Gattin, der er ihn gezeigt, hatte ihn zu hart gefunden und gebeten, ihn nicht abzusenden; aber Hellwig war zufrieden, seiner Frau genug gethan zu haben, seinen Freunden sagen zu können, daß er die Verfasserin jenes Romans in die ihr gebührenden Schranken gewiesen habe. Adele konnte ihm nichts mehr nützen, sie und ihr Leiden kümmerten ihn nicht mehr. Er tröstete sich damit, wenn sein Gewissen rege werden wollte, daß der Mensch, dem eine große Mission geworden sei, der, wie er, einen weiten Weg zu machen habe, der Blume nicht achten könne, die sein Fuß zertrete.
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