Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.Und damit beschloß er denn, die Sache als ein Factum anzusehen. Ja! er liebte Adele! und er war aus seinem Mitleide mit ihr in diese Liebe gefallen. Er liebte sie, das stand fest. Aber was nun weiter, da sie ihn nicht liebte. "Es war vorauszusehen, ich habe einmal kein Glück!" dachte er, und wollte sich mit dem altgewohnten Loose trösten; indeß es that ihm doch viel weher als wohl sonst. Mit seiner Schwäche allein wäre er wohl fertig geworden, hätte er nicht ein Gefühl von Beschämung zu bekämpfen gehabt; denn Adele wußte um diese Schwäche, und morgen konnten Willmar und seine Fraun auch darum wissen. Wie sollte er vor ihnen erscheinen? Gleichgültig? Die Sache konnte das für Keinen von ihnen Allen sein. Gedemüthigt? Das verdiente er nicht, denn es war nicht Eigennutz, es war reines brüderliches Mitleid, das ihn zu Adele hingezogen hatte, und er konnte nicht Und damit beschloß er denn, die Sache als ein Factum anzusehen. Ja! er liebte Adele! und er war aus seinem Mitleide mit ihr in diese Liebe gefallen. Er liebte sie, das stand fest. Aber was nun weiter, da sie ihn nicht liebte. “Es war vorauszusehen, ich habe einmal kein Glück!” dachte er, und wollte sich mit dem altgewohnten Loose trösten; indeß es that ihm doch viel weher als wohl sonst. Mit seiner Schwäche allein wäre er wohl fertig geworden, hätte er nicht ein Gefühl von Beschämung zu bekämpfen gehabt; denn Adele wußte um diese Schwäche, und morgen konnten Willmar und seine Fraun auch darum wissen. Wie sollte er vor ihnen erscheinen? Gleichgültig? Die Sache konnte das für Keinen von ihnen Allen sein. Gedemüthigt? Das verdiente er nicht, denn es war nicht Eigennutz, es war reines brüderliches Mitleid, das ihn zu Adele hingezogen hatte, und er konnte nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0103" n="93"/> Und damit beschloß er denn, die Sache als ein Factum anzusehen. Ja! er liebte Adele! und er war aus seinem Mitleide mit ihr in diese Liebe gefallen. Er liebte sie, das stand fest. Aber was nun weiter, da sie ihn nicht liebte.</p> <p> “Es war vorauszusehen, ich habe einmal kein Glück!” dachte er, und wollte sich mit dem altgewohnten Loose trösten; indeß es that ihm doch viel weher als wohl sonst. Mit seiner Schwäche allein wäre er wohl fertig geworden, hätte er nicht ein Gefühl von Beschämung zu bekämpfen gehabt; denn Adele wußte um diese Schwäche, und morgen konnten Willmar und seine Fraun auch darum wissen. Wie sollte er vor ihnen erscheinen? Gleichgültig? Die Sache konnte das für Keinen von ihnen Allen sein. Gedemüthigt? Das verdiente er nicht, denn es war nicht Eigennutz, es war reines brüderliches Mitleid, das ihn zu Adele hingezogen hatte, und er konnte nicht </p> </div> </body> </text> </TEI> [93/0103]
Und damit beschloß er denn, die Sache als ein Factum anzusehen. Ja! er liebte Adele! und er war aus seinem Mitleide mit ihr in diese Liebe gefallen. Er liebte sie, das stand fest. Aber was nun weiter, da sie ihn nicht liebte.
“Es war vorauszusehen, ich habe einmal kein Glück!” dachte er, und wollte sich mit dem altgewohnten Loose trösten; indeß es that ihm doch viel weher als wohl sonst. Mit seiner Schwäche allein wäre er wohl fertig geworden, hätte er nicht ein Gefühl von Beschämung zu bekämpfen gehabt; denn Adele wußte um diese Schwäche, und morgen konnten Willmar und seine Fraun auch darum wissen. Wie sollte er vor ihnen erscheinen? Gleichgültig? Die Sache konnte das für Keinen von ihnen Allen sein. Gedemüthigt? Das verdiente er nicht, denn es war nicht Eigennutz, es war reines brüderliches Mitleid, das ihn zu Adele hingezogen hatte, und er konnte nicht
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