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Leupold, Jacob: Theatrum Machinarvm Generale. Schau-Platz Des Grundes Mechanischer Wissenschafften. Leipzig, 1724.

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Cap. XVII. von der Krafft der Menschen. Tab. XXXV.
XXXV. oder ein Horizontal-Rad durch Fortgehen und Stemmen, als Fig. I. Tab.
XXXV.
oder ein declinirt Rad durch Gehen, Stemmen und Schwehre des Leibes umge-
trieben wird, wie Fig. III. dieser Tafel zu sehen.
§. 263.

Bey denen Bewegungen, die mit denen Händen und Armen geschehen, ist allezeit die
Stärcke am dauerhafftigsten, da die Hände näher am Leibe, und also auch der ersten Krafft
am nächsten sind, als wenn die Arme weit müssen entfernet und ausgestrecket seyn, dannen-
hero wird einer, der auf die Art mit ausgestreckten Arm die Pump-Stange auf- und abtrei-
bet, als Fig. VI. Tab. XXXIII. nicht halb so lange dauren oder aushalten können, als der
in Fig. IV. weil dieser schon die Schwehre des Leibes zum Druck brauchet, alleine solte einer
wie dieser jetzo stehet, die Stange weiter über sich heben, oder ziehen, würde es ihm eben so be-
schwerlich seyn als jenem. Dannenhero alle Machinen, wie oben erinnert worden, also an-
zulegen sind, daß die Schwehre des Leibes das ihre dabey contribuiren kan. Als Fig. V.
Tab. XXX.
stehet die Person zum Niederdrücken geschickt, weil sie die Schwehre des obern
Leibes zugleich mit brauchen kan, solte sie aber die Stange höher heben als jetzo, so würde der
Leib nichts mehr beytragen, auch die scharffen Winckel, so bey den Ellbogen und Achsel-Ge-
lencken erfolgen müssen, den Menschen so bald entkräffen.

Ferner Fig. III. Tab. XXXIII. kan die Person A, wenn sie die Beine bieget, und
den Leib sincken lässet, oder auch sich mit dem Ober-Leib biegt, denen Armen zu Hülffe kommen.
Soll aber der Zug weiter gehen, als hier stehet, und mit denen Händen biß zum Knien, oder
gar biß zum Füssen hinab langen, würde es dem Leibe ebenfalls zu schwehr werden; inglei-
chen würde es der Person B nicht so sauer werden die Armen höher zu heben und herunter zu
ziehen, als wenn der Zug nach dieser Figur weiter unter sich gehen solte.

In Summa: Alle Bewegungen und Machinen sind also anzuordnen, daß
es nicht mit ausserordentlichen, unbequemen Stellungen den Menschen oder Thie-
ren säurer, als es nöthig/ gemachet wird.

§. 264.
Wie starck ein Mensch oder Thier sey?
Oder:
Wie starck es ziehen oder arbeiten könne?

Dieses ist nicht leichte zu sagen. Insgemein giebt man vor, daß ein Pferd oder Ochse
könne so viel ziehen, als sie schwehr sind, auch ein Mensch nach seiner eigenen Schwehre, so viel
heben, tragen, oder ziehen; alleine, daß dieses viel Exceptiones leidet, ist bekannt, absonder-
lich bey denen Menschen, entweder daß viele von Natur viel stärcker und kräfftiger sind als an-
dere, theils weil sie einen grössern Leib und Gliedmassen haben, theils auch, weil ihre ordinai-
re Proportion
mit stärckern Knochen und Nerven versehen, dahero offt der Statur nach
dürfftige Menschen es grossen und ungeheuren zuvor thun, wie denn gar selten grosse Perso-
nen das Vermögen nach ihrer Machine haben, oder wenigstens nicht lange dauren können,
(absonderlich wenn sie viel Fleisch auf dem Leibe haben, brav dick und fett sind) oder das viele
durch starcke Arbeit und Gewohnheiten endlich so feste, hart und starck werden, welches täglich
an vielen solchen Leuten wahrzunehmen ist, die stets rechte Pferde-Arbeit verrichten, da ande-
re von eben dergleichen Leibes-Disposition, die aber ihr Leben in guter Ruhe, und ohne be-
sondere Bemühung zugebracht, nicht vermögend seyn einen solchen Menschen einen Finger zu
beugen. Dannenhero thun diejenigen Eltern nicht wohl, welche ihre Kinder im geringsten
nichts angreissen lassen, denn dadurch bleiben sie schwach, unkräfftig und ungeschickt, und wenn

sie
Pars Generalis. G g
Cap. XVII. von der Krafft der Menſchen. Tab. XXXV.
XXXV. oder ein Horizontal-Rad durch Fortgehen und Stemmen, als Fig. I. Tab.
XXXV.
oder ein declinirt Rad durch Gehen, Stemmen und Schwehre des Leibes umge-
trieben wird, wie Fig. III. dieſer Tafel zu ſehen.
§. 263.

Bey denen Bewegungen, die mit denen Haͤnden und Armen geſchehen, iſt allezeit die
Staͤrcke am dauerhafftigſten, da die Haͤnde naͤher am Leibe, und alſo auch der erſten Krafft
am naͤchſten ſind, als wenn die Arme weit muͤſſen entfernet und ausgeſtrecket ſeyn, dannen-
hero wird einer, der auf die Art mit ausgeſtreckten Arm die Pump-Stange auf- und abtrei-
bet, als Fig. VI. Tab. XXXIII. nicht halb ſo lange dauren oder aushalten koͤnnen, als der
in Fig. IV. weil dieſer ſchon die Schwehre des Leibes zum Druck brauchet, alleine ſolte einer
wie dieſer jetzo ſtehet, die Stange weiter uͤber ſich heben, oder ziehen, wuͤrde es ihm eben ſo be-
ſchwerlich ſeyn als jenem. Dannenhero alle Machinen, wie oben erinnert worden, alſo an-
zulegen ſind, daß die Schwehre des Leibes das ihre dabey contribuiren kan. Als Fig. V.
Tab. XXX.
ſtehet die Perſon zum Niederdruͤcken geſchickt, weil ſie die Schwehre des obern
Leibes zugleich mit brauchen kan, ſolte ſie aber die Stange hoͤher heben als jetzo, ſo wuͤrde der
Leib nichts mehr beytragen, auch die ſcharffen Winckel, ſo bey den Ellbogen und Achſel-Ge-
lencken erfolgen muͤſſen, den Menſchen ſo bald entkraͤffen.

Ferner Fig. III. Tab. XXXIII. kan die Perſon A, wenn ſie die Beine bieget, und
den Leib ſincken laͤſſet, oder auch ſich mit dem Ober-Leib biegt, denen Armen zu Huͤlffe kommen.
Soll aber der Zug weiter gehen, als hier ſtehet, und mit denen Haͤnden biß zum Knien, oder
gar biß zum Fuͤſſen hinab langen, wuͤrde es dem Leibe ebenfalls zu ſchwehr werden; inglei-
chen wuͤrde es der Perſon B nicht ſo ſauer werden die Armen hoͤher zu heben und herunter zu
ziehen, als wenn der Zug nach dieſer Figur weiter unter ſich gehen ſolte.

In Summa: Alle Bewegungen und Machinen ſind alſo anzuordnen, daß
es nicht mit auſſerordentlichen, unbequemen Stellungen den Menſchen oder Thie-
ren ſaͤurer, als es noͤthig/ gemachet wird.

§. 264.
Wie ſtarck ein Menſch oder Thier ſey?
Oder:
Wie ſtarck es ziehen oder arbeiten koͤnne?

Dieſes iſt nicht leichte zu ſagen. Insgemein giebt man vor, daß ein Pferd oder Ochſe
koͤnne ſo viel ziehen, als ſie ſchwehr ſind, auch ein Menſch nach ſeiner eigenen Schwehre, ſo viel
heben, tragen, oder ziehen; alleine, daß dieſes viel Exceptiones leidet, iſt bekannt, abſonder-
lich bey denen Menſchen, entweder daß viele von Natur viel ſtaͤrcker und kraͤfftiger ſind als an-
dere, theils weil ſie einen groͤſſern Leib und Gliedmaſſen haben, theils auch, weil ihre ordinai-
re Proportion
mit ſtaͤrckern Knochen und Nerven verſehen, dahero offt der Statur nach
duͤrfftige Menſchen es groſſen und ungeheuren zuvor thun, wie denn gar ſelten groſſe Perſo-
nen das Vermoͤgen nach ihrer Machine haben, oder wenigſtens nicht lange dauren koͤnnen,
(abſonderlich wenn ſie viel Fleiſch auf dem Leibe haben, brav dick und fett ſind) oder das viele
durch ſtarcke Arbeit und Gewohnheiten endlich ſo feſte, hart und ſtarck werden, welches taͤglich
an vielen ſolchen Leuten wahrzunehmen iſt, die ſtets rechte Pferde-Arbeit verrichten, da ande-
re von eben dergleichen Leibes-Diſpoſition, die aber ihr Leben in guter Ruhe, und ohne be-
ſondere Bemuͤhung zugebracht, nicht vermoͤgend ſeyn einen ſolchen Menſchen einen Finger zu
beugen. Dannenhero thun diejenigen Eltern nicht wohl, welche ihre Kinder im geringſten
nichts angreiſſen laſſen, denn dadurch bleiben ſie ſchwach, unkraͤfftig und ungeſchickt, und wenn

ſie
Pars Generalis. G g
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[117/0137] Cap. XVII. von der Krafft der Menſchen. Tab. XXXV. XXXV. oder ein Horizontal-Rad durch Fortgehen und Stemmen, als Fig. I. Tab. XXXV. oder ein declinirt Rad durch Gehen, Stemmen und Schwehre des Leibes umge- trieben wird, wie Fig. III. dieſer Tafel zu ſehen. §. 263. Bey denen Bewegungen, die mit denen Haͤnden und Armen geſchehen, iſt allezeit die Staͤrcke am dauerhafftigſten, da die Haͤnde naͤher am Leibe, und alſo auch der erſten Krafft am naͤchſten ſind, als wenn die Arme weit muͤſſen entfernet und ausgeſtrecket ſeyn, dannen- hero wird einer, der auf die Art mit ausgeſtreckten Arm die Pump-Stange auf- und abtrei- bet, als Fig. VI. Tab. XXXIII. nicht halb ſo lange dauren oder aushalten koͤnnen, als der in Fig. IV. weil dieſer ſchon die Schwehre des Leibes zum Druck brauchet, alleine ſolte einer wie dieſer jetzo ſtehet, die Stange weiter uͤber ſich heben, oder ziehen, wuͤrde es ihm eben ſo be- ſchwerlich ſeyn als jenem. Dannenhero alle Machinen, wie oben erinnert worden, alſo an- zulegen ſind, daß die Schwehre des Leibes das ihre dabey contribuiren kan. Als Fig. V. Tab. XXX. ſtehet die Perſon zum Niederdruͤcken geſchickt, weil ſie die Schwehre des obern Leibes zugleich mit brauchen kan, ſolte ſie aber die Stange hoͤher heben als jetzo, ſo wuͤrde der Leib nichts mehr beytragen, auch die ſcharffen Winckel, ſo bey den Ellbogen und Achſel-Ge- lencken erfolgen muͤſſen, den Menſchen ſo bald entkraͤffen. Ferner Fig. III. Tab. XXXIII. kan die Perſon A, wenn ſie die Beine bieget, und den Leib ſincken laͤſſet, oder auch ſich mit dem Ober-Leib biegt, denen Armen zu Huͤlffe kommen. Soll aber der Zug weiter gehen, als hier ſtehet, und mit denen Haͤnden biß zum Knien, oder gar biß zum Fuͤſſen hinab langen, wuͤrde es dem Leibe ebenfalls zu ſchwehr werden; inglei- chen wuͤrde es der Perſon B nicht ſo ſauer werden die Armen hoͤher zu heben und herunter zu ziehen, als wenn der Zug nach dieſer Figur weiter unter ſich gehen ſolte. In Summa: Alle Bewegungen und Machinen ſind alſo anzuordnen, daß es nicht mit auſſerordentlichen, unbequemen Stellungen den Menſchen oder Thie- ren ſaͤurer, als es noͤthig/ gemachet wird. §. 264. Wie ſtarck ein Menſch oder Thier ſey? Oder: Wie ſtarck es ziehen oder arbeiten koͤnne? Dieſes iſt nicht leichte zu ſagen. Insgemein giebt man vor, daß ein Pferd oder Ochſe koͤnne ſo viel ziehen, als ſie ſchwehr ſind, auch ein Menſch nach ſeiner eigenen Schwehre, ſo viel heben, tragen, oder ziehen; alleine, daß dieſes viel Exceptiones leidet, iſt bekannt, abſonder- lich bey denen Menſchen, entweder daß viele von Natur viel ſtaͤrcker und kraͤfftiger ſind als an- dere, theils weil ſie einen groͤſſern Leib und Gliedmaſſen haben, theils auch, weil ihre ordinai- re Proportion mit ſtaͤrckern Knochen und Nerven verſehen, dahero offt der Statur nach duͤrfftige Menſchen es groſſen und ungeheuren zuvor thun, wie denn gar ſelten groſſe Perſo- nen das Vermoͤgen nach ihrer Machine haben, oder wenigſtens nicht lange dauren koͤnnen, (abſonderlich wenn ſie viel Fleiſch auf dem Leibe haben, brav dick und fett ſind) oder das viele durch ſtarcke Arbeit und Gewohnheiten endlich ſo feſte, hart und ſtarck werden, welches taͤglich an vielen ſolchen Leuten wahrzunehmen iſt, die ſtets rechte Pferde-Arbeit verrichten, da ande- re von eben dergleichen Leibes-Diſpoſition, die aber ihr Leben in guter Ruhe, und ohne be- ſondere Bemuͤhung zugebracht, nicht vermoͤgend ſeyn einen ſolchen Menſchen einen Finger zu beugen. Dannenhero thun diejenigen Eltern nicht wohl, welche ihre Kinder im geringſten nichts angreiſſen laſſen, denn dadurch bleiben ſie ſchwach, unkraͤfftig und ungeſchickt, und wenn ſie Pars Generalis. G g

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Zitationshilfe: Leupold, Jacob: Theatrum Machinarvm Generale. Schau-Platz Des Grundes Mechanischer Wissenschafften. Leipzig, 1724, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leupold_theatrum_1724/137>, abgerufen am 25.11.2024.