Die Verdienste, Hochwolgeborne Herren, die theils Dero ruhmwürdige Vorfahren und Anherren, theils Dero hohen Anverwandte durch das Regiment der Kirche und des Ordens sich erworben, bleiben unvergeslich. Die Wirkungen derselben liegen am Tage, ob uns gleich die Parteilichkeit oder Scheelsucht damaliger Geschichtschreiber viel namhafte Thaten verhelet, oder sie auf der unrechten Seite vorgestellet. Haben nicht diese Helden der alten Zeit ein blindes und abergläubi- sches Volk von unterschiedenen Sitten und Sprachen durch das Glück der Waffen zur Annemung der geoffenbarten Reli- gion gebracht, und nach den Grundsätzen ihrer Kirche durch nötige Zwangsmittel vor dem oft gewagten Rückfal verwa- ret? Haben sie nicht mit Verleugnung aller Gemächlichkeit und Ruhe sich an die Spitze der Heere gestellet, wenn sie ent- weder das Christentum auszubreiten oder zu beschützen hat- ten? Und wie glücklich sind nicht diese Unternemungen abge- laufen, bis die grosse Vorsicht die Kriegesschule änderte, und ihnen unter der Anfürung gekrönter Häupter andere Ritter- dienste anwies?
So viel glorwürdige Könige der Pohlen und Schweden die einzelnen Theile des alten Lieflandes beherrschet, so viel Ehrenbühnen öfneten sich dem liefländischen Adel, Uebungen eines ritterlichen Heldenmuts zu zeigen. Jch berufe mich auf das Vertrauen der grösten Potentaten zu der Pflicht und dem Wohlverhalten eingeborner Liefländer, die unter ihren Armeen Dienste genommen, und auf dem Bette der Ehren sichs zur Unsterblichkeit angerechnet, Blut und Leben für ihren König, nicht ihre Treue zu verlieren. Wie wichtige Bedienungen des Staats, des Hofes und Landes in erlauchten Collegien und Regierungen haben nicht Dero an Wissenschaft und Klugheit berümte Vorfaren verwaltet, die entweder durch neue Ver- dienste den alten Adel erhöhet, oder einen neuen auf ihre Nach- kommen fortgepflanzet? Hier verschweige ich diese Namen, die in der fernern Folge der liefländischen Chronik eine ansehnliche Zierde geben, mit Ehrerbietung, aus Beisorge bey so zalreicher Menge derselben einige zu übergehen.
Was sol ich von jenen wohlverdienten Männern sagen, welche das Glück hatten, Zeugen der Siege eines unsterblich grossen Petrus zu seyn; die diesem nunmehr verewigten Helde in seinen Feldzügen durch unübersteigliche Gefärlichkeiten nach- schritten, und von seiner allerhöchsten Person die Kriegeskunst lernten; die er würdig fand, seiner hohen Weisheit in Rath- schlägen theilhaftig zu machen, und ihnen nach wohlgeprüf- ter Fähigkeit das Ruder des Regiments und Staats in Mili- tair- und Civilgeschäften anzuvertrauen? Sie haben den Nach-
ruhm
Die Verdienſte, Hochwolgeborne Herren, die theils Dero ruhmwuͤrdige Vorfahren und Anherren, theils Dero hohen Anverwandte durch das Regiment der Kirche und des Ordens ſich erworben, bleiben unvergeslich. Die Wirkungen derſelben liegen am Tage, ob uns gleich die Parteilichkeit oder Scheelſucht damaliger Geſchichtſchreiber viel namhafte Thaten verhelet, oder ſie auf der unrechten Seite vorgeſtellet. Haben nicht dieſe Helden der alten Zeit ein blindes und aberglaͤubi- ſches Volk von unterſchiedenen Sitten und Sprachen durch das Gluͤck der Waffen zur Annemung der geoffenbarten Reli- gion gebracht, und nach den Grundſaͤtzen ihrer Kirche durch noͤtige Zwangsmittel vor dem oft gewagten Ruͤckfal verwa- ret? Haben ſie nicht mit Verleugnung aller Gemaͤchlichkeit und Ruhe ſich an die Spitze der Heere geſtellet, wenn ſie ent- weder das Chriſtentum auszubreiten oder zu beſchuͤtzen hat- ten? Und wie gluͤcklich ſind nicht dieſe Unternemungen abge- laufen, bis die groſſe Vorſicht die Kriegesſchule aͤnderte, und ihnen unter der Anfuͤrung gekroͤnter Haͤupter andere Ritter- dienſte anwies?
So viel glorwuͤrdige Koͤnige der Pohlen und Schweden die einzelnen Theile des alten Lieflandes beherrſchet, ſo viel Ehrenbuͤhnen oͤfneten ſich dem lieflaͤndiſchen Adel, Uebungen eines ritterlichen Heldenmuts zu zeigen. Jch berufe mich auf das Vertrauen der groͤſten Potentaten zu der Pflicht und dem Wohlverhalten eingeborner Lieflaͤnder, die unter ihren Armeen Dienſte genommen, und auf dem Bette der Ehren ſichs zur Unſterblichkeit angerechnet, Blut und Leben fuͤr ihren Koͤnig, nicht ihre Treue zu verlieren. Wie wichtige Bedienungen des Staats, des Hofes und Landes in erlauchten Collegien und Regierungen haben nicht Dero an Wiſſenſchaft und Klugheit beruͤmte Vorfaren verwaltet, die entweder durch neue Ver- dienſte den alten Adel erhoͤhet, oder einen neuen auf ihre Nach- kommen fortgepflanzet? Hier verſchweige ich dieſe Namen, die in der fernern Folge der lieflaͤndiſchen Chronik eine anſehnliche Zierde geben, mit Ehrerbietung, aus Beiſorge bey ſo zalreicher Menge derſelben einige zu uͤbergehen.
Was ſol ich von jenen wohlverdienten Maͤnnern ſagen, welche das Gluͤck hatten, Zeugen der Siege eines unſterblich groſſen Petrus zu ſeyn; die dieſem nunmehr verewigten Helde in ſeinen Feldzuͤgen durch unuͤberſteigliche Gefaͤrlichkeiten nach- ſchritten, und von ſeiner allerhoͤchſten Perſon die Kriegeskunſt lernten; die er wuͤrdig fand, ſeiner hohen Weisheit in Rath- ſchlaͤgen theilhaftig zu machen, und ihnen nach wohlgepruͤf- ter Faͤhigkeit das Ruder des Regiments und Staats in Mili- tair- und Civilgeſchaͤften anzuvertrauen? Sie haben den Nach-
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[0006]
Die Verdienſte, Hochwolgeborne Herren, die theils
Dero ruhmwuͤrdige Vorfahren und Anherren, theils Dero
hohen Anverwandte durch das Regiment der Kirche und des
Ordens ſich erworben, bleiben unvergeslich. Die Wirkungen
derſelben liegen am Tage, ob uns gleich die Parteilichkeit oder
Scheelſucht damaliger Geſchichtſchreiber viel namhafte Thaten
verhelet, oder ſie auf der unrechten Seite vorgeſtellet. Haben
nicht dieſe Helden der alten Zeit ein blindes und aberglaͤubi-
ſches Volk von unterſchiedenen Sitten und Sprachen durch
das Gluͤck der Waffen zur Annemung der geoffenbarten Reli-
gion gebracht, und nach den Grundſaͤtzen ihrer Kirche durch
noͤtige Zwangsmittel vor dem oft gewagten Ruͤckfal verwa-
ret? Haben ſie nicht mit Verleugnung aller Gemaͤchlichkeit
und Ruhe ſich an die Spitze der Heere geſtellet, wenn ſie ent-
weder das Chriſtentum auszubreiten oder zu beſchuͤtzen hat-
ten? Und wie gluͤcklich ſind nicht dieſe Unternemungen abge-
laufen, bis die groſſe Vorſicht die Kriegesſchule aͤnderte, und
ihnen unter der Anfuͤrung gekroͤnter Haͤupter andere Ritter-
dienſte anwies?
So viel glorwuͤrdige Koͤnige der Pohlen und Schweden
die einzelnen Theile des alten Lieflandes beherrſchet, ſo viel
Ehrenbuͤhnen oͤfneten ſich dem lieflaͤndiſchen Adel, Uebungen
eines ritterlichen Heldenmuts zu zeigen. Jch berufe mich auf
das Vertrauen der groͤſten Potentaten zu der Pflicht und dem
Wohlverhalten eingeborner Lieflaͤnder, die unter ihren Armeen
Dienſte genommen, und auf dem Bette der Ehren ſichs zur
Unſterblichkeit angerechnet, Blut und Leben fuͤr ihren Koͤnig,
nicht ihre Treue zu verlieren. Wie wichtige Bedienungen des
Staats, des Hofes und Landes in erlauchten Collegien und
Regierungen haben nicht Dero an Wiſſenſchaft und Klugheit
beruͤmte Vorfaren verwaltet, die entweder durch neue Ver-
dienſte den alten Adel erhoͤhet, oder einen neuen auf ihre Nach-
kommen fortgepflanzet? Hier verſchweige ich dieſe Namen, die
in der fernern Folge der lieflaͤndiſchen Chronik eine anſehnliche
Zierde geben, mit Ehrerbietung, aus Beiſorge bey ſo zalreicher
Menge derſelben einige zu uͤbergehen.
Was ſol ich von jenen wohlverdienten Maͤnnern ſagen,
welche das Gluͤck hatten, Zeugen der Siege eines unſterblich
groſſen Petrus zu ſeyn; die dieſem nunmehr verewigten Helde
in ſeinen Feldzuͤgen durch unuͤberſteigliche Gefaͤrlichkeiten nach-
ſchritten, und von ſeiner allerhoͤchſten Perſon die Kriegeskunſt
lernten; die er wuͤrdig fand, ſeiner hohen Weisheit in Rath-
ſchlaͤgen theilhaftig zu machen, und ihnen nach wohlgepruͤf-
ter Faͤhigkeit das Ruder des Regiments und Staats in Mili-
tair- und Civilgeſchaͤften anzuvertrauen? Sie haben den Nach-
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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/6>, abgerufen am 26.11.2024.
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