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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Bisch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung des Volquin.

Der Bischof Albert starb nach einer 31 jährigen glücklichen Regierung, wel-1229
cher seiner wichtigen Dienste halber unter den geistlichen Oberhäuptern von Lief-
land,
so wie Plettenberg unter den Ordensmeistern, den Beinamen des Gros-
sen verdienet hätte, wie sie denn ihr Regiment am glücklichsten verwaltet. Sein
Leichnam ward in die von ihm erbauete Domkirche beigesetzet. Der tödliche Hin-
trit dieses klugen Mannes war eine mit von den Ursachen, welche den Volquin
bewogen, die Vereinbarung des Schwerdtbrüderordens mit dem in dem benach-
barten Preussen in Aufnam gekommenen deutschen Orden zu suchen. Er fer-
tigte also an den Hochmeister Herman von Salze, welcher sich damals in Ve-
nedig
aufhielt, eine Botschaft ab. Allein es sey nun, daß demselben die Lieflän-
der
schlecht abgemahlet worden, oder daß er geglaubet, man müsse sich bey einem so
wichtigen Werk nicht übereilen, dessen Bereuung beiden Theilen zu schlechtem Ruh-
me gereichen dürfe; so verzog er eine geraume Zeit, sich deshalb zu erklären.

Eine andere Folge von dem Absterben des Bischofs war der Vergleich, den1230
die rigische Kirche mit den heidnischen Curländern eingehen muste, worin
denselben die bisherige jährliche Abgabe gemildert ward.

Nicolaus von Magdeburg erhielt die bischöfliche Würde durch die ein-1231
stimmige Wahl des Domkapitels in Riga, welches des Widerspruchs, den der
bremische Erzbischof Gerhard der IIte dagegen machte, ohnerachtet, den Pro-
ces am päpstlichen Hofe gewan; und empfing von Gregorius dem IXten die Be-
stätigung darüber. Er hat sich bey der Stadt den Nachruhm eines gütigen und
verständigen Regenten erworben, die ihn auch länger in ihren Mauren herschen
gesehen, als verschiedene von unsern Geschichtschreibern melden. Die Bürger-
schaft machte er sich durch viele Wohlthaten, sonderlich durch Ertheilung des
gothländischen Rechts und durch die Lossprechung von dem zu errichtenden
Zehnden verbindlich t), welche Urkunde die Stadt treflich zu gebrauchen wuste,

als
t) Die Wahlstreitigkeit des rigischen Domkapitels mit dem bremischen Erzstift ist in
unserm ersten Theil S. 216 schon berühret worden. Ausser den daselbst benanten Ur-
kunden errichtete Nicolaus noch 1231 zwischen den Bürgern zu Riga und den Kaufleu-
ten einen besondern Theilungstractact wegen des von den Heiden eroberben Landes*).
Er scheinet mit dem Lande wenig zu thun gehabt zu haben. Wir finden noch von ihm
einen Freiheitsbrief, unterm Jahre 1250, in welchem er der rigischen Bürgerschaft, und
den ankommenden und einheimischen Kaufleuten den freien Durchzug zu Lande auf der Dü-
ne,
oder sonst hin und her zu reisen erlaubet, wie sie sein Vorgänger Albert zugestan-
den. Das gothländische Recht ist sonst bey uns unter dem Titel bekant: Water-
Recht, dat de Kooplüde unde Schippers gemaket hebben tho Wisby.

Man nent es auch Wisby-Siöret, das ist, der Stadt Wisby Seerecht, das an-
dern Nationen zum Grunde ihrer Seerechte dienen, und daher in die schwedische,
französische, englische, holländische
und andere Sprachen übersetzet werden müs-
sen. Jndessen da viele Documente eines gothländischen Rechts erwehnen, dessen
sich die Stadt zur Entscheidung der Grenzen und Stadtmark bedienet, so mus wol sol-
ches nicht das ungedruckte Stadtrecht, sondern eine Verordnung von Wilhelm
seyn, da er die rigischen Bürger durchgängig mit denen zu Wisby auf gleich Recht se-
tzet,
*) Weil die Bürgerschaft den dritten Theil von Curland bekam, so nahm Nicolaus den Theil dis-
seits der Winda für sein Stift, den Kaufleuten wies er jenseit der Winda mit dem Schlos Me-
derothe
ihren Theil an, das übrige empfiengen die andern Bürger. Von der Kaufman-
schaft musten 71 Mann allezeit sich marschfertig halten, doch durften sie nicht ihre eigene Fah-
ne führen, sondern musten der Stadtfahne folgen. Der Bischof fertigte darüber am 1sten
Merz 1232 eine eigene Urkunde aus, welche unter andern die Pilger und Ritter Herr Albert,
Edler von Arnesheim, Johann von Gatersleben und Hilmer Frocke zu Riga unterzeichnet.
Der semgallische Bischof Balduin belehnte als päpstl. Legat am 1sten April 1234 zu Riga mit
diesem Drittel 56 Bürger, jeden mit 25 Hacken, und wies ihnen die Gegend deutlicher an, nem-
lich das dritte Theil disseits der Winda, und das 6te Theil jenseit des Flusses. Des Herzogs
von Sachsen Truchses und Procurator gab hierzu seine besondere Einwilligung. Die Aebte von
Dünemünde und Valkena setzten ihr Siegel mit bey.
J
Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung des Volquin.

Der Biſchof Albert ſtarb nach einer 31 jaͤhrigen gluͤcklichen Regierung, wel-1229
cher ſeiner wichtigen Dienſte halber unter den geiſtlichen Oberhaͤuptern von Lief-
land,
ſo wie Plettenberg unter den Ordensmeiſtern, den Beinamen des Groſ-
ſen verdienet haͤtte, wie ſie denn ihr Regiment am gluͤcklichſten verwaltet. Sein
Leichnam ward in die von ihm erbauete Domkirche beigeſetzet. Der toͤdliche Hin-
trit dieſes klugen Mannes war eine mit von den Urſachen, welche den Volquin
bewogen, die Vereinbarung des Schwerdtbruͤderordens mit dem in dem benach-
barten Preuſſen in Aufnam gekommenen deutſchen Orden zu ſuchen. Er fer-
tigte alſo an den Hochmeiſter Herman von Salze, welcher ſich damals in Ve-
nedig
aufhielt, eine Botſchaft ab. Allein es ſey nun, daß demſelben die Lieflaͤn-
der
ſchlecht abgemahlet worden, oder daß er geglaubet, man muͤſſe ſich bey einem ſo
wichtigen Werk nicht uͤbereilen, deſſen Bereuung beiden Theilen zu ſchlechtem Ruh-
me gereichen duͤrfe; ſo verzog er eine geraume Zeit, ſich deshalb zu erklaͤren.

Eine andere Folge von dem Abſterben des Biſchofs war der Vergleich, den1230
die rigiſche Kirche mit den heidniſchen Curlaͤndern eingehen muſte, worin
denſelben die bisherige jaͤhrliche Abgabe gemildert ward.

Nicolaus von Magdeburg erhielt die biſchoͤfliche Wuͤrde durch die ein-1231
ſtimmige Wahl des Domkapitels in Riga, welches des Widerſpruchs, den der
bremiſche Erzbiſchof Gerhard der IIte dagegen machte, ohnerachtet, den Pro-
ces am paͤpſtlichen Hofe gewan; und empfing von Gregorius dem IXten die Be-
ſtaͤtigung daruͤber. Er hat ſich bey der Stadt den Nachruhm eines guͤtigen und
verſtaͤndigen Regenten erworben, die ihn auch laͤnger in ihren Mauren herſchen
geſehen, als verſchiedene von unſern Geſchichtſchreibern melden. Die Buͤrger-
ſchaft machte er ſich durch viele Wohlthaten, ſonderlich durch Ertheilung des
gothlaͤndiſchen Rechts und durch die Losſprechung von dem zu errichtenden
Zehnden verbindlich t), welche Urkunde die Stadt treflich zu gebrauchen wuſte,

als
t) Die Wahlſtreitigkeit des rigiſchen Domkapitels mit dem bremiſchen Erzſtift iſt in
unſerm erſten Theil S. 216 ſchon beruͤhret worden. Auſſer den daſelbſt benanten Ur-
kunden errichtete Nicolaus noch 1231 zwiſchen den Buͤrgern zu Riga und den Kaufleu-
ten einen beſondern Theilungstractact wegen des von den Heiden eroberben Landes*).
Er ſcheinet mit dem Lande wenig zu thun gehabt zu haben. Wir finden noch von ihm
einen Freiheitsbrief, unterm Jahre 1250, in welchem er der rigiſchen Buͤrgerſchaft, und
den ankommenden und einheimiſchen Kaufleuten den freien Durchzug zu Lande auf der Duͤ-
ne,
oder ſonſt hin und her zu reiſen erlaubet, wie ſie ſein Vorgaͤnger Albert zugeſtan-
den. Das gothlaͤndiſche Recht iſt ſonſt bey uns unter dem Titel bekant: Water-
Recht, dat de Koopluͤde unde Schippers gemaket hebben tho Wisby.

Man nent es auch Wisby-Sioͤret, das iſt, der Stadt Wisby Seerecht, das an-
dern Nationen zum Grunde ihrer Seerechte dienen, und daher in die ſchwediſche,
franzoͤſiſche, engliſche, hollaͤndiſche
und andere Sprachen uͤberſetzet werden muͤſ-
ſen. Jndeſſen da viele Documente eines gothlaͤndiſchen Rechts erwehnen, deſſen
ſich die Stadt zur Entſcheidung der Grenzen und Stadtmark bedienet, ſo mus wol ſol-
ches nicht das ungedruckte Stadtrecht, ſondern eine Verordnung von Wilhelm
ſeyn, da er die rigiſchen Buͤrger durchgaͤngig mit denen zu Wisby auf gleich Recht ſe-
tzet,
*) Weil die Buͤrgerſchaft den dritten Theil von Curland bekam, ſo nahm Nicolaus den Theil diſ-
ſeits der Winda fuͤr ſein Stift, den Kaufleuten wies er jenſeit der Winda mit dem Schlos Me-
derothe
ihren Theil an, das uͤbrige empfiengen die andern Buͤrger. Von der Kaufman-
ſchaft muſten 71 Mann allezeit ſich marſchfertig halten, doch durften ſie nicht ihre eigene Fah-
ne fuͤhren, ſondern muſten der Stadtfahne folgen. Der Biſchof fertigte daruͤber am 1ſten
Merz 1232 eine eigene Urkunde aus, welche unter andern die Pilger und Ritter Herr Albert,
Edler von Arnesheim, Johann von Gatersleben und Hilmer Frocke zu Riga unterzeichnet.
Der ſemgalliſche Biſchof Balduin belehnte als paͤpſtl. Legat am 1ſten April 1234 zu Riga mit
dieſem Drittel 56 Buͤrger, jeden mit 25 Hacken, und wies ihnen die Gegend deutlicher an, nem-
lich das dritte Theil diſſeits der Winda, und das 6te Theil jenſeit des Fluſſes. Des Herzogs
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Duͤnemuͤnde und Valkena ſetzten ihr Siegel mit bey.
J
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[33/0051] Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung des Volquin. Der Biſchof Albert ſtarb nach einer 31 jaͤhrigen gluͤcklichen Regierung, wel- cher ſeiner wichtigen Dienſte halber unter den geiſtlichen Oberhaͤuptern von Lief- land, ſo wie Plettenberg unter den Ordensmeiſtern, den Beinamen des Groſ- ſen verdienet haͤtte, wie ſie denn ihr Regiment am gluͤcklichſten verwaltet. Sein Leichnam ward in die von ihm erbauete Domkirche beigeſetzet. Der toͤdliche Hin- trit dieſes klugen Mannes war eine mit von den Urſachen, welche den Volquin bewogen, die Vereinbarung des Schwerdtbruͤderordens mit dem in dem benach- barten Preuſſen in Aufnam gekommenen deutſchen Orden zu ſuchen. Er fer- tigte alſo an den Hochmeiſter Herman von Salze, welcher ſich damals in Ve- nedig aufhielt, eine Botſchaft ab. Allein es ſey nun, daß demſelben die Lieflaͤn- der ſchlecht abgemahlet worden, oder daß er geglaubet, man muͤſſe ſich bey einem ſo wichtigen Werk nicht uͤbereilen, deſſen Bereuung beiden Theilen zu ſchlechtem Ruh- me gereichen duͤrfe; ſo verzog er eine geraume Zeit, ſich deshalb zu erklaͤren. 1229 Eine andere Folge von dem Abſterben des Biſchofs war der Vergleich, den die rigiſche Kirche mit den heidniſchen Curlaͤndern eingehen muſte, worin denſelben die bisherige jaͤhrliche Abgabe gemildert ward. 1230 Nicolaus von Magdeburg erhielt die biſchoͤfliche Wuͤrde durch die ein- ſtimmige Wahl des Domkapitels in Riga, welches des Widerſpruchs, den der bremiſche Erzbiſchof Gerhard der IIte dagegen machte, ohnerachtet, den Pro- ces am paͤpſtlichen Hofe gewan; und empfing von Gregorius dem IXten die Be- ſtaͤtigung daruͤber. Er hat ſich bey der Stadt den Nachruhm eines guͤtigen und verſtaͤndigen Regenten erworben, die ihn auch laͤnger in ihren Mauren herſchen geſehen, als verſchiedene von unſern Geſchichtſchreibern melden. Die Buͤrger- ſchaft machte er ſich durch viele Wohlthaten, ſonderlich durch Ertheilung des gothlaͤndiſchen Rechts und durch die Losſprechung von dem zu errichtenden Zehnden verbindlich t), welche Urkunde die Stadt treflich zu gebrauchen wuſte, als 1231 t) Die Wahlſtreitigkeit des rigiſchen Domkapitels mit dem bremiſchen Erzſtift iſt in unſerm erſten Theil S. 216 ſchon beruͤhret worden. Auſſer den daſelbſt benanten Ur- kunden errichtete Nicolaus noch 1231 zwiſchen den Buͤrgern zu Riga und den Kaufleu- ten einen beſondern Theilungstractact wegen des von den Heiden eroberben Landes *). Er ſcheinet mit dem Lande wenig zu thun gehabt zu haben. Wir finden noch von ihm einen Freiheitsbrief, unterm Jahre 1250, in welchem er der rigiſchen Buͤrgerſchaft, und den ankommenden und einheimiſchen Kaufleuten den freien Durchzug zu Lande auf der Duͤ- ne, oder ſonſt hin und her zu reiſen erlaubet, wie ſie ſein Vorgaͤnger Albert zugeſtan- den. Das gothlaͤndiſche Recht iſt ſonſt bey uns unter dem Titel bekant: Water- Recht, dat de Koopluͤde unde Schippers gemaket hebben tho Wisby. Man nent es auch Wisby-Sioͤret, das iſt, der Stadt Wisby Seerecht, das an- dern Nationen zum Grunde ihrer Seerechte dienen, und daher in die ſchwediſche, franzoͤſiſche, engliſche, hollaͤndiſche und andere Sprachen uͤberſetzet werden muͤſ- ſen. Jndeſſen da viele Documente eines gothlaͤndiſchen Rechts erwehnen, deſſen ſich die Stadt zur Entſcheidung der Grenzen und Stadtmark bedienet, ſo mus wol ſol- ches nicht das ungedruckte Stadtrecht, ſondern eine Verordnung von Wilhelm ſeyn, da er die rigiſchen Buͤrger durchgaͤngig mit denen zu Wisby auf gleich Recht ſe- tzet, *) Weil die Buͤrgerſchaft den dritten Theil von Curland bekam, ſo nahm Nicolaus den Theil diſ- ſeits der Winda fuͤr ſein Stift, den Kaufleuten wies er jenſeit der Winda mit dem Schlos Me- derothe ihren Theil an, das uͤbrige empfiengen die andern Buͤrger. Von der Kaufman- ſchaft muſten 71 Mann allezeit ſich marſchfertig halten, doch durften ſie nicht ihre eigene Fah- ne fuͤhren, ſondern muſten der Stadtfahne folgen. Der Biſchof fertigte daruͤber am 1ſten Merz 1232 eine eigene Urkunde aus, welche unter andern die Pilger und Ritter Herr Albert, Edler von Arnesheim, Johann von Gatersleben und Hilmer Frocke zu Riga unterzeichnet. Der ſemgalliſche Biſchof Balduin belehnte als paͤpſtl. Legat am 1ſten April 1234 zu Riga mit dieſem Drittel 56 Buͤrger, jeden mit 25 Hacken, und wies ihnen die Gegend deutlicher an, nem- lich das dritte Theil diſſeits der Winda, und das 6te Theil jenſeit des Fluſſes. Des Herzogs von Sachſen Truchſes und Procurator gab hierzu ſeine beſondere Einwilligung. Die Aebte von Duͤnemuͤnde und Valkena ſetzten ihr Siegel mit bey. J

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/51>, abgerufen am 23.11.2024.