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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Bisch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquins.

Wer Schuld fordert vor Gericht auf einen Mann der nicht zahlen noch Bürge
setzen kan, der Richter sol dem Kläger den Mann ausantworten, für das Geld, den28 Kap.
sol er halten gleich seinem Gesinde mit Speise und Arbeit. Wil er ihn in eine Helde,
das mag er thun, anders aber mag er ihn nicht peinigen.
Singende oder krümmende Stägelwiede, Jachthunde, Bracken mag man gelten30 Kap.
mit einem ihres gleichen, die so gut seyn als die andern, ob man es bey seinem Eide
erhält.
Haben zwey zankende Dörfer wegen ihrer Scheidung gleich rechte Gewehr an der36 Kap
zwistigen Scheidung, so frage man das Eisen drauf, wem es denn GOtt giebt, der
behalte es; bleiben sie aber beide unschamfieret, so theile man das Land, brennen sie
aber beide, so sol man auch das Land theilen.
Kriegt ein Mann in der Gemeinheit Eigenthum zu sich, und vernehme, daß dieje-37 Kap.
nigen, so zu der Gemeinheit gehören, sie seyn näher ihre Gemeinheit zu behalten mit
7 geschwornen Eiden, denn der andre, wil aber derienige das heisse Eisen tragen, das
mag er thun, gewinnet ers, die 7 geben ihm 1 Mark Silbers.
Das dritte Buch.
Ein Dieb der eines Ferdinges werth, (das ist 4 Mark,) stielt, den sol man hen-1 Kap.
ken; stielt er aber unter eines Ferdinges werth, man sol ihn zeichnen in den Backen mit
einem heissen Eisen, ein Ohr abschneiden oder zur Staupe schlagen, er büsse es denn mit
6 Mark Landguts. Stielt einer auf einer Burg, oder in einer Kirchen, in einer
Mühlen, oder in einer Badstuben, das ein Loth Silbers werth ist, das ist der Galgen.
Wird einer zum drittenmale Diebstals belanget vor Gerichte, und hat sich erst
zweimal losgeschworen, so muß er sich reinigen mit heissem Eisen, aber der Kläger
sol es mit seinem Eide bekräftigen, daß es nicht geschehe durch Haß oder andrer Sa-
chen willen, sondern allein durch Verlust seines Gutes. Brennet er sich, man sol
ihn henken, bleibet er aber unverletzt, der Kläger sol ihm geben ein Mark Silbers für
sein Ungemach.
Dasselbe Recht geht auch über unrechte Masse, unrecht Gewicht und unrecht Kauf,
ob man solches bey ihm findet, denn sie sind Diebe allen Leuten.
Jtem alle Mörder, und die den Pflug, Mühlen, Kirchen oder Kirchhöfe berau-
ben, auch Verräter, Mordbrenner, und die in Botschaften ihres Herrn ihren From-
men werben, und nicht ihres Herrn, die sol man alle rädern. Jst es aber ein Pfaf,
der solche Laster begangen, den sol man verbrennen.
Welch Christenmann ungläubig ist, oder mit Zauberey umgehet, oder mit Gift,2 Kap.
und wird des überwunden, den sol man auf einem Heerde brennen.
Schläget ein Stiftsmann den andern tod, er sol welchen Jahr und Tag aus dem4 Kap.
Stifte, so gebe er dem Bischof 13 Ferding und 4 Oehr, und lege die Sache ab, so er
mag, mag er aber nicht, so trage er die Fetzde.
Der Bischof mag seine weltliche Mannen nicht bannen um weltliche Sachen, er
verfolge denn die Sache mit weltlichem Rechte, weil er das weltliche mit im Geistli-
chen hat.
Wenn ein Mann an seinem Maul, Nasen, Ohren, Zunge oder an seiner Mann-6 Kap.
heit, Hand oder Fuß beschädiget wird, das sol man bessern mit einer halben Mann
Busse. Wer dem andern den Daumen abschlägt, der sol geben 6 Mark Landsgut,
für den Finger nechst dem Daumen 5 Mark, für den mittelsten Finger 4 Mark, für
den Finger nechst dem, 3 Mark, für den kleinsten Finger 2 Mark. Dasselbe Recht
haben die Zähne auch, nemlich wer dem andern eine Kuse oder Bakenzahn ausschlägt,
der sol ihm geben 6 Mark Landguts, für der fördersten einen 3 Mark.
Welch Mann einen andern wundet, daß man Knochen findet, der sol für das erste,
das daraus würde gezogen, 6 Mark Landguts, und für das andre 7 Mark, und so
fort bis auf 10 Mark geben, und nicht höher.
Welch Mann herberget oder speiset öffentlich einen friedlosen Mann, der ist fried-8 Kap.
los gleich ihm. Man mag auch keinen friedlosen Mann überwinden in einem andern
Gerichte.
Wer einen Friedbrecher tödtet oder wundet, der bleibet des ohne Wandel, ob er10 Kap.
das selb 7 bezeugen kan, daß es auf der Flucht geschehen sey.
Man sol kein Weib richten, das ein lebendig Kind träget, höher denn zu Haut12 Kap.
und Haren; auch rechte Thoren und sinlose Leute sol man nicht richten, wenn sie
Schaden thun, oder jemand beschädigen, ihre Vormünder aber sollens gelten.
Wer
G 2

Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquins.

Wer Schuld fordert vor Gericht auf einen Mann der nicht zahlen noch Buͤrge
ſetzen kan, der Richter ſol dem Klaͤger den Mann ausantworten, fuͤr das Geld, den28 Kap.
ſol er halten gleich ſeinem Geſinde mit Speiſe und Arbeit. Wil er ihn in eine Helde,
das mag er thun, anders aber mag er ihn nicht peinigen.
Singende oder kruͤmmende Staͤgelwiede, Jachthunde, Bracken mag man gelten30 Kap.
mit einem ihres gleichen, die ſo gut ſeyn als die andern, ob man es bey ſeinem Eide
erhaͤlt.
Haben zwey zankende Doͤrfer wegen ihrer Scheidung gleich rechte Gewehr an der36 Kap
zwiſtigen Scheidung, ſo frage man das Eiſen drauf, wem es denn GOtt giebt, der
behalte es; bleiben ſie aber beide unſchamfieret, ſo theile man das Land, brennen ſie
aber beide, ſo ſol man auch das Land theilen.
Kriegt ein Mann in der Gemeinheit Eigenthum zu ſich, und vernehme, daß dieje-37 Kap.
nigen, ſo zu der Gemeinheit gehoͤren, ſie ſeyn naͤher ihre Gemeinheit zu behalten mit
7 geſchwornen Eiden, denn der andre, wil aber derienige das heiſſe Eiſen tragen, das
mag er thun, gewinnet ers, die 7 geben ihm 1 Mark Silbers.
Das dritte Buch.
Ein Dieb der eines Ferdinges werth, (das iſt 4 Mark,) ſtielt, den ſol man hen-1 Kap.
ken; ſtielt er aber unter eines Ferdinges werth, man ſol ihn zeichnen in den Backen mit
einem heiſſen Eiſen, ein Ohr abſchneiden oder zur Staupe ſchlagen, er buͤſſe es denn mit
6 Mark Landguts. Stielt einer auf einer Burg, oder in einer Kirchen, in einer
Muͤhlen, oder in einer Badſtuben, das ein Loth Silbers werth iſt, das iſt der Galgen.
Wird einer zum drittenmale Diebſtals belanget vor Gerichte, und hat ſich erſt
zweimal losgeſchworen, ſo muß er ſich reinigen mit heiſſem Eiſen, aber der Klaͤger
ſol es mit ſeinem Eide bekraͤftigen, daß es nicht geſchehe durch Haß oder andrer Sa-
chen willen, ſondern allein durch Verluſt ſeines Gutes. Brennet er ſich, man ſol
ihn henken, bleibet er aber unverletzt, der Klaͤger ſol ihm geben ein Mark Silbers fuͤr
ſein Ungemach.
Daſſelbe Recht geht auch uͤber unrechte Maſſe, unrecht Gewicht und unrecht Kauf,
ob man ſolches bey ihm findet, denn ſie ſind Diebe allen Leuten.
Jtem alle Moͤrder, und die den Pflug, Muͤhlen, Kirchen oder Kirchhoͤfe berau-
ben, auch Verraͤter, Mordbrenner, und die in Botſchaften ihres Herrn ihren From-
men werben, und nicht ihres Herrn, die ſol man alle raͤdern. Jſt es aber ein Pfaf,
der ſolche Laſter begangen, den ſol man verbrennen.
Welch Chriſtenmann unglaͤubig iſt, oder mit Zauberey umgehet, oder mit Gift,2 Kap.
und wird des uͤberwunden, den ſol man auf einem Heerde brennen.
Schlaͤget ein Stiftsmann den andern tod, er ſol welchen Jahr und Tag aus dem4 Kap.
Stifte, ſo gebe er dem Biſchof 13 Ferding und 4 Oehr, und lege die Sache ab, ſo er
mag, mag er aber nicht, ſo trage er die Fetzde.
Der Biſchof mag ſeine weltliche Mannen nicht bannen um weltliche Sachen, er
verfolge denn die Sache mit weltlichem Rechte, weil er das weltliche mit im Geiſtli-
chen hat.
Wenn ein Mann an ſeinem Maul, Naſen, Ohren, Zunge oder an ſeiner Mann-6 Kap.
heit, Hand oder Fuß beſchaͤdiget wird, das ſol man beſſern mit einer halben Mann
Buſſe. Wer dem andern den Daumen abſchlaͤgt, der ſol geben 6 Mark Landsgut,
fuͤr den Finger nechſt dem Daumen 5 Mark, fuͤr den mittelſten Finger 4 Mark, fuͤr
den Finger nechſt dem, 3 Mark, fuͤr den kleinſten Finger 2 Mark. Daſſelbe Recht
haben die Zaͤhne auch, nemlich wer dem andern eine Kuſe oder Bakenzahn ausſchlaͤgt,
der ſol ihm geben 6 Mark Landguts, fuͤr der foͤrderſten einen 3 Mark.
Welch Mann einen andern wundet, daß man Knochen findet, der ſol fuͤr das erſte,
das daraus wuͤrde gezogen, 6 Mark Landguts, und fuͤr das andre 7 Mark, und ſo
fort bis auf 10 Mark geben, und nicht hoͤher.
Welch Mann herberget oder ſpeiſet oͤffentlich einen friedloſen Mann, der iſt fried-8 Kap.
los gleich ihm. Man mag auch keinen friedloſen Mann uͤberwinden in einem andern
Gerichte.
Wer einen Friedbrecher toͤdtet oder wundet, der bleibet des ohne Wandel, ob er10 Kap.
das ſelb 7 bezeugen kan, daß es auf der Flucht geſchehen ſey.
Man ſol kein Weib richten, das ein lebendig Kind traͤget, hoͤher denn zu Haut12 Kap.
und Haren; auch rechte Thoren und ſinloſe Leute ſol man nicht richten, wenn ſie
Schaden thun, oder jemand beſchaͤdigen, ihre Vormuͤnder aber ſollens gelten.
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[27/0045] Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquins. p) p) Wer Schuld fordert vor Gericht auf einen Mann der nicht zahlen noch Buͤrge ſetzen kan, der Richter ſol dem Klaͤger den Mann ausantworten, fuͤr das Geld, den ſol er halten gleich ſeinem Geſinde mit Speiſe und Arbeit. Wil er ihn in eine Helde, das mag er thun, anders aber mag er ihn nicht peinigen. Singende oder kruͤmmende Staͤgelwiede, Jachthunde, Bracken mag man gelten mit einem ihres gleichen, die ſo gut ſeyn als die andern, ob man es bey ſeinem Eide erhaͤlt. Haben zwey zankende Doͤrfer wegen ihrer Scheidung gleich rechte Gewehr an der zwiſtigen Scheidung, ſo frage man das Eiſen drauf, wem es denn GOtt giebt, der behalte es; bleiben ſie aber beide unſchamfieret, ſo theile man das Land, brennen ſie aber beide, ſo ſol man auch das Land theilen. Kriegt ein Mann in der Gemeinheit Eigenthum zu ſich, und vernehme, daß dieje- nigen, ſo zu der Gemeinheit gehoͤren, ſie ſeyn naͤher ihre Gemeinheit zu behalten mit 7 geſchwornen Eiden, denn der andre, wil aber derienige das heiſſe Eiſen tragen, das mag er thun, gewinnet ers, die 7 geben ihm 1 Mark Silbers. Das dritte Buch. Ein Dieb der eines Ferdinges werth, (das iſt 4 Mark,) ſtielt, den ſol man hen- ken; ſtielt er aber unter eines Ferdinges werth, man ſol ihn zeichnen in den Backen mit einem heiſſen Eiſen, ein Ohr abſchneiden oder zur Staupe ſchlagen, er buͤſſe es denn mit 6 Mark Landguts. Stielt einer auf einer Burg, oder in einer Kirchen, in einer Muͤhlen, oder in einer Badſtuben, das ein Loth Silbers werth iſt, das iſt der Galgen. Wird einer zum drittenmale Diebſtals belanget vor Gerichte, und hat ſich erſt zweimal losgeſchworen, ſo muß er ſich reinigen mit heiſſem Eiſen, aber der Klaͤger ſol es mit ſeinem Eide bekraͤftigen, daß es nicht geſchehe durch Haß oder andrer Sa- chen willen, ſondern allein durch Verluſt ſeines Gutes. Brennet er ſich, man ſol ihn henken, bleibet er aber unverletzt, der Klaͤger ſol ihm geben ein Mark Silbers fuͤr ſein Ungemach. Daſſelbe Recht geht auch uͤber unrechte Maſſe, unrecht Gewicht und unrecht Kauf, ob man ſolches bey ihm findet, denn ſie ſind Diebe allen Leuten. Jtem alle Moͤrder, und die den Pflug, Muͤhlen, Kirchen oder Kirchhoͤfe berau- ben, auch Verraͤter, Mordbrenner, und die in Botſchaften ihres Herrn ihren From- men werben, und nicht ihres Herrn, die ſol man alle raͤdern. Jſt es aber ein Pfaf, der ſolche Laſter begangen, den ſol man verbrennen. Welch Chriſtenmann unglaͤubig iſt, oder mit Zauberey umgehet, oder mit Gift, und wird des uͤberwunden, den ſol man auf einem Heerde brennen. Schlaͤget ein Stiftsmann den andern tod, er ſol welchen Jahr und Tag aus dem Stifte, ſo gebe er dem Biſchof 13 Ferding und 4 Oehr, und lege die Sache ab, ſo er mag, mag er aber nicht, ſo trage er die Fetzde. Der Biſchof mag ſeine weltliche Mannen nicht bannen um weltliche Sachen, er verfolge denn die Sache mit weltlichem Rechte, weil er das weltliche mit im Geiſtli- chen hat. Wenn ein Mann an ſeinem Maul, Naſen, Ohren, Zunge oder an ſeiner Mann- heit, Hand oder Fuß beſchaͤdiget wird, das ſol man beſſern mit einer halben Mann Buſſe. Wer dem andern den Daumen abſchlaͤgt, der ſol geben 6 Mark Landsgut, fuͤr den Finger nechſt dem Daumen 5 Mark, fuͤr den mittelſten Finger 4 Mark, fuͤr den Finger nechſt dem, 3 Mark, fuͤr den kleinſten Finger 2 Mark. Daſſelbe Recht haben die Zaͤhne auch, nemlich wer dem andern eine Kuſe oder Bakenzahn ausſchlaͤgt, der ſol ihm geben 6 Mark Landguts, fuͤr der foͤrderſten einen 3 Mark. Welch Mann einen andern wundet, daß man Knochen findet, der ſol fuͤr das erſte, das daraus wuͤrde gezogen, 6 Mark Landguts, und fuͤr das andre 7 Mark, und ſo fort bis auf 10 Mark geben, und nicht hoͤher. Welch Mann herberget oder ſpeiſet oͤffentlich einen friedloſen Mann, der iſt fried- los gleich ihm. Man mag auch keinen friedloſen Mann uͤberwinden in einem andern Gerichte. Wer einen Friedbrecher toͤdtet oder wundet, der bleibet des ohne Wandel, ob er das ſelb 7 bezeugen kan, daß es auf der Flucht geſchehen ſey. Man ſol kein Weib richten, das ein lebendig Kind traͤget, hoͤher denn zu Haut und Haren; auch rechte Thoren und ſinloſe Leute ſol man nicht richten, wenn ſie Schaden thun, oder jemand beſchaͤdigen, ihre Vormuͤnder aber ſollens gelten. Wer G 2

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/45>, abgerufen am 26.11.2024.