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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Erzbisch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
nach Oesel. Aus der Wyk zogen die Russen mit der Beute für Revel vor-1560
bey, und schlugen 2 Meilen davon auf dem Hofe Harke ihr Lager auf. Die
Revelschen wolten gern von dem Weggebrachten etwas retten, und wagten sich
am 11ten September Morgens früh zu Pferde und zu Fus aus der Stadt, wo
sie sich zwar einiger Gefangenen und etlicher 1000 Stück Rindvieh bemächtigten: weil
aber die Fusgänger mit dem Geschütz nicht so geschwind herbey eilen konten; so
kam ihnen die feindliche Macht gar zu stark auf den Leib, so daß sie sich in der
grösten Unordnung wieder zurück ziehen, und den nachsetzenden Russen Beute
und Stücke samt den Rathspferden überlassen musten. Von Adelichen vermiste
man insonderheit Johan von Galen, Jürgen von Ungern und Lorenz
von Ermis, von den Städtschen den Rathsherrn Lütke von Oyten, den
Bürger Blasius Hochgref samt andern Bürgern und Kaufgesellen. Viel
brachte man hart verwundet nach der Stadt. Die Russen selbst konten sich über
die Unbesonnenheit dieses Ausfals nicht genug verwundern. Die Russen suchten
alle Todten zusammen, schlepten sie nach den umliegenden Dörfern, verbranten
die Körper, so daß die Dörfer darüber mit im Rauch aufgiengen, und schlugen
sich hierauf nach der Gegend von Wittenstein.

Der Erzbischof, der zur Errettung des Landes auch was thun wolte, brachte
es beim König von Pohlen so weit, daß ihm 200 Man Reuterey geschickt wur-
den, die, wie es in den Tractaten heist, zum Trost des römischen Reichs und
zum Schutz der gesamten Christenheit ihre Tapferkeit beweisen solten. Die Stadt
machte aber gegen ihre Aufnahme so viel Ausflüchte, daß sie sich vom Erzbischof
unterm 3ten December und vom Herrn Meister unterm 21ten Decemb. eigene Si-
cherheitsbreife geben lies, worin beide die theuresten Versicherungen wegen der
evangelischen Religion unterschrieben, und der Stadt zur Sicherheit die herrlich-
sten Vortheile zugestehen musten.

Die harrischen und wykischen Bauren wolten Schutz oder Freiheit ha-
ben, und rotteten sich daher haufenweise zusammen, plünderten die adlichen Höfe
aus, und erschlugen die Herren Jacob Uxkül von Lümmat, Otto Uxkül
von Kirketa, Jürgen Risbyter, und Hinrich (nach andern Diedrich) von
Liwen, sandten auch einige aus ihrem Mittel nach Revel, und boten der Stadt
ein Bündnis an, wovon der Adel ausgeschlossen werden solte. Als der Rath ih-
nen die Unbesonnenheit vorrückte, und sie zum Gehorsam ermahnte, belagerten
sie das Schlos Lode, wohin viele von der Ritterschaft ihre Zuflucht genommen
hatten. Christoph (oder nach andern Wilhelm) von Münchshausen trieb
aber die ungedungenen Krieger so glücklich zurück, daß eine ziemliche Menge von
ihnen auf dem Platze blieb. Die Rädelsführer, welche man gefangen bekommen,
wurden theils vor Lode theils vor Revel hingerichtet.

Während dieser recht ängstlichen Zeit gereichte dem Lande zu einem wiewol
kurzen Trost, daß der König von Schweden Gustav der Iste die Stände er-
mahnen lies, weder der Macht von Rußland noch den Liebkosungen der Kron
Dännemark nachzugeben, sondern bey dem Herrn Meister treulich auszuhal-
ten; wobey die Gesandten, die mit 3 Galeien angekommen, noch versicherten, daß
ihr König keinem andern Potentaten das Land gönnen würde; er wolle sie mit Le-
bensmitteln und Kriegsvorrath versehen, und im Fal einer Belagerung könten die
Revelschen Weib und Kinder nach Finnland schicken, woselbst sie Versorgung und
Sicherheit finden solten. Der Ordensmeister schickte denn auch so gleich Gesand-
ten nach Stockholm, wohin sie der pohlnische Gesandte Christoph Co-
narski
begleitete. Sie kamen dahin, fanden aber nach einer vierwöchentlichen
Reise zur See den König Gustav in letzten Zügen, welcher sie deshalb an seine
Prinzen und Reichsstände verwies. Den Gesandten war in ihrer Vollmacht auf-
getragen, entweder Hülfe, oder Vermittelung eines Friedens, oder Geld auszu-
wirken. Der Herzog Erich, welcher an des nunmehr verstorbenen Gustavs
Stelle kam, gieng mit der Antwort sehr bedächtig zu Werke, daß auch die Stadt

Re-
T t t 2

Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
nach Oeſel. Aus der Wyk zogen die Ruſſen mit der Beute fuͤr Revel vor-1560
bey, und ſchlugen 2 Meilen davon auf dem Hofe Harke ihr Lager auf. Die
Revelſchen wolten gern von dem Weggebrachten etwas retten, und wagten ſich
am 11ten September Morgens fruͤh zu Pferde und zu Fus aus der Stadt, wo
ſie ſich zwar einiger Gefangenen und etlicher 1000 Stuͤck Rindvieh bemaͤchtigten: weil
aber die Fusgaͤnger mit dem Geſchuͤtz nicht ſo geſchwind herbey eilen konten; ſo
kam ihnen die feindliche Macht gar zu ſtark auf den Leib, ſo daß ſie ſich in der
groͤſten Unordnung wieder zuruͤck ziehen, und den nachſetzenden Ruſſen Beute
und Stuͤcke ſamt den Rathspferden uͤberlaſſen muſten. Von Adelichen vermiſte
man inſonderheit Johan von Galen, Juͤrgen von Ungern und Lorenz
von Ermis, von den Staͤdtſchen den Rathsherrn Luͤtke von Oyten, den
Buͤrger Blaſius Hochgref ſamt andern Buͤrgern und Kaufgeſellen. Viel
brachte man hart verwundet nach der Stadt. Die Ruſſen ſelbſt konten ſich uͤber
die Unbeſonnenheit dieſes Ausfals nicht genug verwundern. Die Ruſſen ſuchten
alle Todten zuſammen, ſchlepten ſie nach den umliegenden Doͤrfern, verbranten
die Koͤrper, ſo daß die Doͤrfer daruͤber mit im Rauch aufgiengen, und ſchlugen
ſich hierauf nach der Gegend von Wittenſtein.

Der Erzbiſchof, der zur Errettung des Landes auch was thun wolte, brachte
es beim Koͤnig von Pohlen ſo weit, daß ihm 200 Man Reuterey geſchickt wur-
den, die, wie es in den Tractaten heiſt, zum Troſt des roͤmiſchen Reichs und
zum Schutz der geſamten Chriſtenheit ihre Tapferkeit beweiſen ſolten. Die Stadt
machte aber gegen ihre Aufnahme ſo viel Ausfluͤchte, daß ſie ſich vom Erzbiſchof
unterm 3ten December und vom Herrn Meiſter unterm 21ten Decemb. eigene Si-
cherheitsbreife geben lies, worin beide die theureſten Verſicherungen wegen der
evangeliſchen Religion unterſchrieben, und der Stadt zur Sicherheit die herrlich-
ſten Vortheile zugeſtehen muſten.

Die harriſchen und wykiſchen Bauren wolten Schutz oder Freiheit ha-
ben, und rotteten ſich daher haufenweiſe zuſammen, pluͤnderten die adlichen Hoͤfe
aus, und erſchlugen die Herren Jacob Uxkuͤl von Luͤmmat, Otto Uxkuͤl
von Kirketa, Juͤrgen Risbyter, und Hinrich (nach andern Diedrich) von
Liwen, ſandten auch einige aus ihrem Mittel nach Revel, und boten der Stadt
ein Buͤndnis an, wovon der Adel ausgeſchloſſen werden ſolte. Als der Rath ih-
nen die Unbeſonnenheit vorruͤckte, und ſie zum Gehorſam ermahnte, belagerten
ſie das Schlos Lode, wohin viele von der Ritterſchaft ihre Zuflucht genommen
hatten. Chriſtoph (oder nach andern Wilhelm) von Muͤnchshauſen trieb
aber die ungedungenen Krieger ſo gluͤcklich zuruͤck, daß eine ziemliche Menge von
ihnen auf dem Platze blieb. Die Raͤdelsfuͤhrer, welche man gefangen bekommen,
wurden theils vor Lode theils vor Revel hingerichtet.

Waͤhrend dieſer recht aͤngſtlichen Zeit gereichte dem Lande zu einem wiewol
kurzen Troſt, daß der Koͤnig von Schweden Guſtav der Iſte die Staͤnde er-
mahnen lies, weder der Macht von Rußland noch den Liebkoſungen der Kron
Daͤnnemark nachzugeben, ſondern bey dem Herrn Meiſter treulich auszuhal-
ten; wobey die Geſandten, die mit 3 Galeien angekommen, noch verſicherten, daß
ihr Koͤnig keinem andern Potentaten das Land goͤnnen wuͤrde; er wolle ſie mit Le-
bensmitteln und Kriegsvorrath verſehen, und im Fal einer Belagerung koͤnten die
Revelſchen Weib und Kinder nach Finnland ſchicken, woſelbſt ſie Verſorgung und
Sicherheit finden ſolten. Der Ordensmeiſter ſchickte denn auch ſo gleich Geſand-
ten nach Stockholm, wohin ſie der pohlniſche Geſandte Chriſtoph Co-
narski
begleitete. Sie kamen dahin, fanden aber nach einer vierwoͤchentlichen
Reiſe zur See den Koͤnig Guſtav in letzten Zuͤgen, welcher ſie deshalb an ſeine
Prinzen und Reichsſtaͤnde verwies. Den Geſandten war in ihrer Vollmacht auf-
getragen, entweder Huͤlfe, oder Vermittelung eines Friedens, oder Geld auszu-
wirken. Der Herzog Erich, welcher an des nunmehr verſtorbenen Guſtavs
Stelle kam, gieng mit der Antwort ſehr bedaͤchtig zu Werke, daß auch die Stadt

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[259/0277] Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers. nach Oeſel. Aus der Wyk zogen die Ruſſen mit der Beute fuͤr Revel vor- bey, und ſchlugen 2 Meilen davon auf dem Hofe Harke ihr Lager auf. Die Revelſchen wolten gern von dem Weggebrachten etwas retten, und wagten ſich am 11ten September Morgens fruͤh zu Pferde und zu Fus aus der Stadt, wo ſie ſich zwar einiger Gefangenen und etlicher 1000 Stuͤck Rindvieh bemaͤchtigten: weil aber die Fusgaͤnger mit dem Geſchuͤtz nicht ſo geſchwind herbey eilen konten; ſo kam ihnen die feindliche Macht gar zu ſtark auf den Leib, ſo daß ſie ſich in der groͤſten Unordnung wieder zuruͤck ziehen, und den nachſetzenden Ruſſen Beute und Stuͤcke ſamt den Rathspferden uͤberlaſſen muſten. Von Adelichen vermiſte man inſonderheit Johan von Galen, Juͤrgen von Ungern und Lorenz von Ermis, von den Staͤdtſchen den Rathsherrn Luͤtke von Oyten, den Buͤrger Blaſius Hochgref ſamt andern Buͤrgern und Kaufgeſellen. Viel brachte man hart verwundet nach der Stadt. Die Ruſſen ſelbſt konten ſich uͤber die Unbeſonnenheit dieſes Ausfals nicht genug verwundern. Die Ruſſen ſuchten alle Todten zuſammen, ſchlepten ſie nach den umliegenden Doͤrfern, verbranten die Koͤrper, ſo daß die Doͤrfer daruͤber mit im Rauch aufgiengen, und ſchlugen ſich hierauf nach der Gegend von Wittenſtein. 1560 Der Erzbiſchof, der zur Errettung des Landes auch was thun wolte, brachte es beim Koͤnig von Pohlen ſo weit, daß ihm 200 Man Reuterey geſchickt wur- den, die, wie es in den Tractaten heiſt, zum Troſt des roͤmiſchen Reichs und zum Schutz der geſamten Chriſtenheit ihre Tapferkeit beweiſen ſolten. Die Stadt machte aber gegen ihre Aufnahme ſo viel Ausfluͤchte, daß ſie ſich vom Erzbiſchof unterm 3ten December und vom Herrn Meiſter unterm 21ten Decemb. eigene Si- cherheitsbreife geben lies, worin beide die theureſten Verſicherungen wegen der evangeliſchen Religion unterſchrieben, und der Stadt zur Sicherheit die herrlich- ſten Vortheile zugeſtehen muſten. Die harriſchen und wykiſchen Bauren wolten Schutz oder Freiheit ha- ben, und rotteten ſich daher haufenweiſe zuſammen, pluͤnderten die adlichen Hoͤfe aus, und erſchlugen die Herren Jacob Uxkuͤl von Luͤmmat, Otto Uxkuͤl von Kirketa, Juͤrgen Risbyter, und Hinrich (nach andern Diedrich) von Liwen, ſandten auch einige aus ihrem Mittel nach Revel, und boten der Stadt ein Buͤndnis an, wovon der Adel ausgeſchloſſen werden ſolte. Als der Rath ih- nen die Unbeſonnenheit vorruͤckte, und ſie zum Gehorſam ermahnte, belagerten ſie das Schlos Lode, wohin viele von der Ritterſchaft ihre Zuflucht genommen hatten. Chriſtoph (oder nach andern Wilhelm) von Muͤnchshauſen trieb aber die ungedungenen Krieger ſo gluͤcklich zuruͤck, daß eine ziemliche Menge von ihnen auf dem Platze blieb. Die Raͤdelsfuͤhrer, welche man gefangen bekommen, wurden theils vor Lode theils vor Revel hingerichtet. Waͤhrend dieſer recht aͤngſtlichen Zeit gereichte dem Lande zu einem wiewol kurzen Troſt, daß der Koͤnig von Schweden Guſtav der Iſte die Staͤnde er- mahnen lies, weder der Macht von Rußland noch den Liebkoſungen der Kron Daͤnnemark nachzugeben, ſondern bey dem Herrn Meiſter treulich auszuhal- ten; wobey die Geſandten, die mit 3 Galeien angekommen, noch verſicherten, daß ihr Koͤnig keinem andern Potentaten das Land goͤnnen wuͤrde; er wolle ſie mit Le- bensmitteln und Kriegsvorrath verſehen, und im Fal einer Belagerung koͤnten die Revelſchen Weib und Kinder nach Finnland ſchicken, woſelbſt ſie Verſorgung und Sicherheit finden ſolten. Der Ordensmeiſter ſchickte denn auch ſo gleich Geſand- ten nach Stockholm, wohin ſie der pohlniſche Geſandte Chriſtoph Co- narski begleitete. Sie kamen dahin, fanden aber nach einer vierwoͤchentlichen Reiſe zur See den Koͤnig Guſtav in letzten Zuͤgen, welcher ſie deshalb an ſeine Prinzen und Reichsſtaͤnde verwies. Den Geſandten war in ihrer Vollmacht auf- getragen, entweder Huͤlfe, oder Vermittelung eines Friedens, oder Geld auszu- wirken. Der Herzog Erich, welcher an des nunmehr verſtorbenen Guſtavs Stelle kam, gieng mit der Antwort ſehr bedaͤchtig zu Werke, daß auch die Stadt Re- T t t 2

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/277>, abgerufen am 23.11.2024.