[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.Erzbisch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers. Bey der Huldigung, welche er in der Mittwoche nach St. Gallen in Re-1559 Mit den zu Revel gehobenen Geldern zog der Ordensmeister Kettler auf Der misgelungene Anschlag auf Lais zog Kettlern wieder sein Verschulden burg R r r
Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers. Bey der Huldigung, welche er in der Mittwoche nach St. Gallen in Re-1559 Mit den zu Revel gehobenen Geldern zog der Ordensmeiſter Kettler auf Der misgelungene Anſchlag auf Lais zog Kettlern wieder ſein Verſchulden burg R r r
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Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
Bey der Huldigung, welche er in der Mittwoche nach St. Gallen in Re-
vel annahm, ſprach er alle Eſtlaͤnder von der Schatzung und andern Be-
ſchwerden fuͤr ſich und ſeine Nachkommen los, weil ſie den Ruſſen mit groſſem
Schaden ihrer Guͤter ſtandhaften Widerſtand gethan.
1559
Mit den zu Revel gehobenen Geldern zog der Ordensmeiſter Kettler auf
Martini auf den ſchlimſten Wegen, wo weder Geſchuͤtz noch Reuter durch kon-
ten, gegen die Ruſſen zu Felde, und ſchlug ſein Lager 3 Meilen von Doͤrpt bey
der Kirche zu Nugge auf, hielt auch ein gluͤcklich Gefechte bey Ruyn, weil ihn
des Erzbiſchofs Coadiutor mit Manſchaft unterſtuͤtzte. Bey Doͤrpt ſelbſt kam
es auch zu einigen Scharmuͤtzeln, in deren einem der Hauptman Lucning von
den Thuͤrmen der Stadt durch die Ruſſen erſchoſſen ward. Die Lieflaͤnder
waren zu ſchwach, ſonſt haͤtten ſie damals in Doͤrpt mit eindringen koͤnnen.
Der Befelshaber der Stadt lies die Buͤrgerſchaft indeſſen auf dem Rathhauſe ver-
ſchlieſſen, aber doch wohl verſorgen, bis das Lager bey Nugge aufgehoben war,
womit die Buͤrger ziemlich zu frieden zu ſeyn ſchienen, in Betrachtung, daß ſonſt
die Quartiere in Plescow viel beſchwerlicher geweſen ſeyn wuͤrden. Lais wur-
de von Kettlern auch zweimal beſtuͤrmet: doch gerieth die Belagerung bey anbre-
chendem Winter ins Stecken, weil die Soldaten nicht mehr im Felde dauren kon-
ten. Die groſſen Stuͤcke wurden nach Vellyn gefuͤhret, wo ſie bey dem dritten
Einfal den Ruſſen in die Haͤnde geriethen. Vor Lais wurde mancher braver
Soldat und Gebietiger aufgeopfert, worunter der revelſche Hauptman Wulf
von Strasburg auch ſein Ende fand, weil der Coadiutor ſchon mit ſeinen Leu-
ten in die Winterlaͤger aufgebrochen, und Kettler ſich den Siegeskranz ein we-
nig zu hitzig erfechten wolte. Der gemeine Soldat war des lieflaͤndiſchen
Winters ungewohnt, hatte auch nichts zu leben, weswegen die Beſatzung auf
Oberpahlen mit aufſaͤtzig wurde, und Geld oder den Abſchied forderte. Doch
Kettler wuſte ſie mit guten Worten zu befriedigen, und wies ſie in die Winter-
laͤger. Ein ſchoͤnes Mittel auf eine kurze Zeit!
Der misgelungene Anſchlag auf Lais zog Kettlern wieder ſein Verſchulden
uͤble Nachreden zu. Jndeſſen bekam er zu ſeiner Ermunterung in Vellyn ein
erzbiſchoͤfliches Schreiben, darin ihn Wilhelm zu friſcher Hofnung ermunterte,
ſo lange ihm Riga und Revel noch den Ruͤcken geſichert hielten. Den alten Fuͤr-
ſtenberg lies der roͤmiſche Kaiſer auch nicht ungetroͤſtet. Er ſchickte ſeinen
Kammerherrn Zacharias Hofmann an denſelben ab, der das kaiſerliche Schrei-
ben an den Czaar von Rusland vorzeigte, und eine nachdruͤckliche Veraͤnderung
verſprach. Etwas unangenehmer fiel Kettlern der Brief des Koͤnigs in
Schweden Guſtavs, unterm 30ſten November, als welcher die Schadlos-
haltung der koͤniglichen Unterthanen von dem Orden mit mehrerm Nachdruck be-
gehrete. Mit den Haͤndeln, welche in dieſem Jahr zwiſchen Schweden und
Liefland vorgefallen, hat es folgende Bewandnis. Der Czaar hatte ſich bis-
her die Buͤrger in Doͤrpt durch gar betraͤchtliche Vorzuͤge in ſeinen Landen ver-
bindlich gemacht, um durch dieſelben den andern Staͤdten beſſere Gedanken von
ihm beizubringen, und ſie zur Unterwerfung zu bereden. Als dieſes Mittel den
geſuchten Zweck nicht erreichte; ſo ſchickte er der Stadt Revel einen ſo genanten
Abſagebrief zu: worauf die Stadt ſich in guten Vertheidigungsſtand ſetzte, in
aller Eil das groſſe Rundel bey der Schmiedepforte, viele Waͤlle, Mauren, Gra-
ben und Steinwehren verfertigte, bey welcher Arbeit Buͤrger und Geſellen die
Hand anlegen muſten. Die Buͤrgerſchaft hatte auch einige Kaper in See ſte-
chen, und etliche rußiſche Loddigen oder Fahrzeuge pluͤndern laſſen, die auf dem
ſchwediſchen Fahrwaſſer bey Biorkioͤ, (Borgo) und andern Hafen in
Nyland Handlung trieben. Dieſe Kaper hatten ſich aber endlich auch an ſchwe-
diſchen Schiffen vergriffen, weil ſie den Ruſſen nach Narva Salz zugefuͤh-
ret, und den Schiffer Veit Olden gepluͤndert, den andern aber Hans Gam-
la unter Eckholm auf den Strand gejagt; wodurch der Gouverneur in Wi-
burg
R r r
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