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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1558Kanzley mit dem königlichen Titel begangen war, da man den König im Lateini-
schen
nur Jhro Erlauchten genant, und sagte: Die königliche Majestät von
Schweden ist durch GOttes Gnade so verfinstert nicht, daß sie auf die Er-
leuchtung der Liefländer wartet. Jn Stockholm erwies der Stathalter
Lorenz Flemming den Gesandten alle Ehre und guten Willen, beförderte sie
auch zu dem König nach Suderkiöping in Ostergothland, bey dem sie aber
nicht sonderlichen Eingang fanden, indem Gustavus der Iste ihnen den bey vo-
rigen Kriegen bewiesenen Wankelmuth vorwarf, da die Schweden sich ehmals
der Liefländer wegen in einen weitläuftigen Krieg verwickelt, und durch den ein-
seitigen Frieden des Meisters mit Rußland im Stich gelassen wären. Er war-
nete auch seinen Prinzen Johan sich mit den Liefländern auf nichts einzulassen;
die Verpfändung erwecke bey Rußland nur Eifersucht, welches diesen Handel
für einen Friedensbruch der Schweden auslegen würde. Man werde sich den
Neid des römischen Reichs, der Krone Pohlen, und Dännemark, ja aller
wendischen Städte auf den Hals laden. Die Erhaltung der Pfandschlösser
sey mit vielen Kosten verbunden, und das Pfand oft nicht so viel werth als das
Darlehn. Doch hatte der König eine Fürsprache bey Rußland einzulegen ver-
sprochen, welche der eine Gesandte nach der Heimreise des andern abwarten wolte.
Es gieng aber auch dieses zurück, als der König erfuhr, daß Dännemark einen
Stilstand bewirken wolle, und den schwedischen Unterthanen auf ihrer Farth
nach Narva mancherley Beunruhigungen im Weg geleget worden. So viel ver-
sprach gleichwol der König, daß er Liefland aufs möglichste helfen wolle, wenn
der Herr Meister Revel und andre Plätze an Schweden verpfändete. Jn
Riga thaten sich viele durchs Evangelium gerührte Personen zusammen, und
stifteten die so genante milde Gift, so der Stadt einen ewigen Nachruhm zu
wege gebracht m).

Jm
m) Diese recht gesegnete Stiftung läst sich nicht ohne Rührung lesen. Herr M. Johan
Brever
hat etwas davon auszugsweise in die erbauliche Vorrede zum rigischen Ge-
sangbuch beigebracht. Weil aber das gar schöne Document von Errichtung dieser mil-
den Gift einen klaren Beweis enthält, daß man die evangelische Lehre von guten Wer-
ken nicht trennen, sondern vielmehr die letzten mit der ersten verbinden wollen, über-
dem die Namen etlicher wohlverdienter Bürger darin aufbehalten worden, davon noch
manche Familien blühen, so ist es billig, daß auch Wohlthaten nach dem Tode unver-
gessen bleiben, und wir die ganze Stiftungsformel der Nachwelt aufbehalten, die von
dieser Stiftung noch jetzo den Genus hat. Vielleicht werden durch dieses Blat noch
manche zur Nachahmung ihrer Vorfahren erwecket.
Jm Namen der heiligen und unzertheilten Dreyfaltigkeit, des Vaters,
des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen!

Kund und offenbar sey allen menniglich, so |diese gegenwärtige Fundadion sehen, hö-
ren oder zu ewiger künftiger Gedächtnis lesen.
Nachdem und als von der ewigen Weisheit der Mensch, wie er nach des Almächti-
gen seinen Bildnis geschaffen und verordnet ist, das Reich GOttes und die Werke
göttlicher Tugend und Gerechtigkeit vor allen Dingen zu suchen und zu befördern, auch
so viel als menschliche Sinne und Vernunft aus Einflus und Wirkungen des heiligen
Geistes mit Verstand mehr erleuchtet und begabet seyn; die mannichfaltige unaus-
sprechliche Gnade und Wohlthat, so der Almächtige an uns gewandt, zu verstehen
und zu bekennen; sonderlich aber dieweil er die Gemeine dieser guten Stadt Riga vor
etlichen andern umliegenden und benachbarten aus unermeslicher, grosser und unabgründ-
licher Gnade und Barmherzigkeit mit dem hochtheurbaren und unvergeltlichen Schatz
seines allerheiligsten gnadenreichen und allein seligmachenden göttlichen Wortes vor
30 Jahren gnädiglich heimgesuchet, und ihnen durch die Diener desselben ohne einige Ver-
fälschung und Jrthum lauter und klar nach christlicher apostolischer Lehre vortragen und
die hochwürdigen Sacramente beiderley Gestalt, inmassen dieselben von unserm Se-
ligmacher dem Herrn JEsu Christo selber eingesetzet und verordnet, zu Lobe seiner
hohen göttlichen Majestät und uns armen elenden Sündern, die wir in diesen weit ab-
gele-

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1558Kanzley mit dem koͤniglichen Titel begangen war, da man den Koͤnig im Lateini-
ſchen
nur Jhro Erlauchten genant, und ſagte: Die koͤnigliche Majeſtaͤt von
Schweden iſt durch GOttes Gnade ſo verfinſtert nicht, daß ſie auf die Er-
leuchtung der Lieflaͤnder wartet. Jn Stockholm erwies der Stathalter
Lorenz Flemming den Geſandten alle Ehre und guten Willen, befoͤrderte ſie
auch zu dem Koͤnig nach Suderkioͤping in Oſtergothland, bey dem ſie aber
nicht ſonderlichen Eingang fanden, indem Guſtavus der Iſte ihnen den bey vo-
rigen Kriegen bewieſenen Wankelmuth vorwarf, da die Schweden ſich ehmals
der Lieflaͤnder wegen in einen weitlaͤuftigen Krieg verwickelt, und durch den ein-
ſeitigen Frieden des Meiſters mit Rußland im Stich gelaſſen waͤren. Er war-
nete auch ſeinen Prinzen Johan ſich mit den Lieflaͤndern auf nichts einzulaſſen;
die Verpfaͤndung erwecke bey Rußland nur Eiferſucht, welches dieſen Handel
fuͤr einen Friedensbruch der Schweden auslegen wuͤrde. Man werde ſich den
Neid des roͤmiſchen Reichs, der Krone Pohlen, und Daͤnnemark, ja aller
wendiſchen Staͤdte auf den Hals laden. Die Erhaltung der Pfandſchloͤſſer
ſey mit vielen Koſten verbunden, und das Pfand oft nicht ſo viel werth als das
Darlehn. Doch hatte der Koͤnig eine Fuͤrſprache bey Rußland einzulegen ver-
ſprochen, welche der eine Geſandte nach der Heimreiſe des andern abwarten wolte.
Es gieng aber auch dieſes zuruͤck, als der Koͤnig erfuhr, daß Daͤnnemark einen
Stilſtand bewirken wolle, und den ſchwediſchen Unterthanen auf ihrer Farth
nach Narva mancherley Beunruhigungen im Weg geleget worden. So viel ver-
ſprach gleichwol der Koͤnig, daß er Liefland aufs moͤglichſte helfen wolle, wenn
der Herr Meiſter Revel und andre Plaͤtze an Schweden verpfaͤndete. Jn
Riga thaten ſich viele durchs Evangelium geruͤhrte Perſonen zuſammen, und
ſtifteten die ſo genante milde Gift, ſo der Stadt einen ewigen Nachruhm zu
wege gebracht m).

Jm
m) Dieſe recht geſegnete Stiftung laͤſt ſich nicht ohne Ruͤhrung leſen. Herr M. Johan
Brever
hat etwas davon auszugsweiſe in die erbauliche Vorrede zum rigiſchen Ge-
ſangbuch beigebracht. Weil aber das gar ſchoͤne Document von Errichtung dieſer mil-
den Gift einen klaren Beweis enthaͤlt, daß man die evangeliſche Lehre von guten Wer-
ken nicht trennen, ſondern vielmehr die letzten mit der erſten verbinden wollen, uͤber-
dem die Namen etlicher wohlverdienter Buͤrger darin aufbehalten worden, davon noch
manche Familien bluͤhen, ſo iſt es billig, daß auch Wohlthaten nach dem Tode unver-
geſſen bleiben, und wir die ganze Stiftungsformel der Nachwelt aufbehalten, die von
dieſer Stiftung noch jetzo den Genus hat. Vielleicht werden durch dieſes Blat noch
manche zur Nachahmung ihrer Vorfahren erwecket.
Jm Namen der heiligen und unzertheilten Dreyfaltigkeit, des Vaters,
des Sohnes und des heiligen Geiſtes. Amen!

Kund und offenbar ſey allen menniglich, ſo |dieſe gegenwaͤrtige Fundadion ſehen, hoͤ-
ren oder zu ewiger kuͤnftiger Gedaͤchtnis leſen.
Nachdem und als von der ewigen Weisheit der Menſch, wie er nach des Almaͤchti-
gen ſeinen Bildnis geſchaffen und verordnet iſt, das Reich GOttes und die Werke
goͤttlicher Tugend und Gerechtigkeit vor allen Dingen zu ſuchen und zu befoͤrdern, auch
ſo viel als menſchliche Sinne und Vernunft aus Einflus und Wirkungen des heiligen
Geiſtes mit Verſtand mehr erleuchtet und begabet ſeyn; die mannichfaltige unaus-
ſprechliche Gnade und Wohlthat, ſo der Almaͤchtige an uns gewandt, zu verſtehen
und zu bekennen; ſonderlich aber dieweil er die Gemeine dieſer guten Stadt Riga vor
etlichen andern umliegenden und benachbarten aus unermeslicher, groſſer und unabgruͤnd-
licher Gnade und Barmherzigkeit mit dem hochtheurbaren und unvergeltlichen Schatz
ſeines allerheiligſten gnadenreichen und allein ſeligmachenden goͤttlichen Wortes vor
30 Jahren gnaͤdiglich heimgeſuchet, und ihnen durch die Diener deſſelben ohne einige Ver-
faͤlſchung und Jrthum lauter und klar nach chriſtlicher apoſtoliſcher Lehre vortragen und
die hochwuͤrdigen Sacramente beiderley Geſtalt, inmaſſen dieſelben von unſerm Se-
ligmacher dem Herrn JEſu Chriſto ſelber eingeſetzet und verordnet, zu Lobe ſeiner
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[244/0262] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, Kanzley mit dem koͤniglichen Titel begangen war, da man den Koͤnig im Lateini- ſchen nur Jhro Erlauchten genant, und ſagte: Die koͤnigliche Majeſtaͤt von Schweden iſt durch GOttes Gnade ſo verfinſtert nicht, daß ſie auf die Er- leuchtung der Lieflaͤnder wartet. Jn Stockholm erwies der Stathalter Lorenz Flemming den Geſandten alle Ehre und guten Willen, befoͤrderte ſie auch zu dem Koͤnig nach Suderkioͤping in Oſtergothland, bey dem ſie aber nicht ſonderlichen Eingang fanden, indem Guſtavus der Iſte ihnen den bey vo- rigen Kriegen bewieſenen Wankelmuth vorwarf, da die Schweden ſich ehmals der Lieflaͤnder wegen in einen weitlaͤuftigen Krieg verwickelt, und durch den ein- ſeitigen Frieden des Meiſters mit Rußland im Stich gelaſſen waͤren. Er war- nete auch ſeinen Prinzen Johan ſich mit den Lieflaͤndern auf nichts einzulaſſen; die Verpfaͤndung erwecke bey Rußland nur Eiferſucht, welches dieſen Handel fuͤr einen Friedensbruch der Schweden auslegen wuͤrde. Man werde ſich den Neid des roͤmiſchen Reichs, der Krone Pohlen, und Daͤnnemark, ja aller wendiſchen Staͤdte auf den Hals laden. Die Erhaltung der Pfandſchloͤſſer ſey mit vielen Koſten verbunden, und das Pfand oft nicht ſo viel werth als das Darlehn. Doch hatte der Koͤnig eine Fuͤrſprache bey Rußland einzulegen ver- ſprochen, welche der eine Geſandte nach der Heimreiſe des andern abwarten wolte. Es gieng aber auch dieſes zuruͤck, als der Koͤnig erfuhr, daß Daͤnnemark einen Stilſtand bewirken wolle, und den ſchwediſchen Unterthanen auf ihrer Farth nach Narva mancherley Beunruhigungen im Weg geleget worden. So viel ver- ſprach gleichwol der Koͤnig, daß er Liefland aufs moͤglichſte helfen wolle, wenn der Herr Meiſter Revel und andre Plaͤtze an Schweden verpfaͤndete. Jn Riga thaten ſich viele durchs Evangelium geruͤhrte Perſonen zuſammen, und ſtifteten die ſo genante milde Gift, ſo der Stadt einen ewigen Nachruhm zu wege gebracht m). 1558 Jm m) Dieſe recht geſegnete Stiftung laͤſt ſich nicht ohne Ruͤhrung leſen. Herr M. Johan Brever hat etwas davon auszugsweiſe in die erbauliche Vorrede zum rigiſchen Ge- ſangbuch beigebracht. Weil aber das gar ſchoͤne Document von Errichtung dieſer mil- den Gift einen klaren Beweis enthaͤlt, daß man die evangeliſche Lehre von guten Wer- ken nicht trennen, ſondern vielmehr die letzten mit der erſten verbinden wollen, uͤber- dem die Namen etlicher wohlverdienter Buͤrger darin aufbehalten worden, davon noch manche Familien bluͤhen, ſo iſt es billig, daß auch Wohlthaten nach dem Tode unver- geſſen bleiben, und wir die ganze Stiftungsformel der Nachwelt aufbehalten, die von dieſer Stiftung noch jetzo den Genus hat. Vielleicht werden durch dieſes Blat noch manche zur Nachahmung ihrer Vorfahren erwecket. Jm Namen der heiligen und unzertheilten Dreyfaltigkeit, des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geiſtes. Amen! Kund und offenbar ſey allen menniglich, ſo |dieſe gegenwaͤrtige Fundadion ſehen, hoͤ- ren oder zu ewiger kuͤnftiger Gedaͤchtnis leſen. Nachdem und als von der ewigen Weisheit der Menſch, wie er nach des Almaͤchti- gen ſeinen Bildnis geſchaffen und verordnet iſt, das Reich GOttes und die Werke goͤttlicher Tugend und Gerechtigkeit vor allen Dingen zu ſuchen und zu befoͤrdern, auch ſo viel als menſchliche Sinne und Vernunft aus Einflus und Wirkungen des heiligen Geiſtes mit Verſtand mehr erleuchtet und begabet ſeyn; die mannichfaltige unaus- ſprechliche Gnade und Wohlthat, ſo der Almaͤchtige an uns gewandt, zu verſtehen und zu bekennen; ſonderlich aber dieweil er die Gemeine dieſer guten Stadt Riga vor etlichen andern umliegenden und benachbarten aus unermeslicher, groſſer und unabgruͤnd- licher Gnade und Barmherzigkeit mit dem hochtheurbaren und unvergeltlichen Schatz ſeines allerheiligſten gnadenreichen und allein ſeligmachenden goͤttlichen Wortes vor 30 Jahren gnaͤdiglich heimgeſuchet, und ihnen durch die Diener deſſelben ohne einige Ver- faͤlſchung und Jrthum lauter und klar nach chriſtlicher apoſtoliſcher Lehre vortragen und die hochwuͤrdigen Sacramente beiderley Geſtalt, inmaſſen dieſelben von unſerm Se- ligmacher dem Herrn JEſu Chriſto ſelber eingeſetzet und verordnet, zu Lobe ſeiner hohen goͤttlichen Majeſtaͤt und uns armen elenden Suͤndern, die wir in dieſen weit ab- gele-

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/262>, abgerufen am 23.11.2024.