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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1558von Smerten, verlies das feste Wittenstein, dessen Lebensmittel sich die aus
Dörpt ausgezogene Besatzung zu Nutze machte, und sich den darin befindlichen
Wein und Bier wohl schmecken lies, ohne doch lange an einem so wohl gespickten
Orte zu verweilen. Doch der junge Casper von Oldenbockum besetzte das
ausgelerte Schlos gleich mit einiger frischen Manschaft, und hielt aus selbigem
die herumschweifenden Freibeuter vom rußischen Heer noch etwas im Zaum.

Jn Revel wurde die Verwirrung noch grösser. Der Domberg, auf wel-
chem der Orden ein von Natur und Kunst wohlbefestigtes Schlos hatte, ward
bey der durchgängigen Furcht von dem dasigen Comtur, Franz Segehaven von
Anstel, in Hofnung auf königlichen dänischen Schutz, an einen Edelman aus
der Wyk Christoph von Mönnichshausen, einen Gevolmächtigten des Kö-
nigs von Dännemark, übertragen, der auch gleich die in Besatzung liegende
Compagnie der Ordenssoldaten seinem König schweren lies. Dieser unerwartete
Streich veranlaste den Adel in Harrien und Wirland zu einem neuen Ent-
schlus, daß sie ihre Gesandten Fabian von Tiesenhausen und Bruno von
Wedbergen nach Dännemark abfertigten, in der Zuversicht, der König
Christian der IIIte werde seinen Beistand dem Lande um so viel weniger versa-
gen, je länger diese Krone in dem Besitz von Estland gewesen. Die Stadt
Revel lies ein gleiches durch ihre Abgeordneten Jvo von der Höge, und den
Rathsherrn Caspar Breitholtz suchen; bey welcher Gesandschaft der geschickte
und beliebte Syndicus Jost Clodt das Wort führte. Der alte König leh-
nete aber nach einigem Bedenken das ganze Anbringen mit der Entschuldigung von
sich ab, daß ihm GOtt Länder und Städte genug zu regieren gegeben, und eine
grössere Bürde aufgeleget, als sein graues Alter ihm zu tragen erlaube. Doch
schickte er den Ordensherren zur Beihülfe 20000 Thaler, wofür diese Geschütz,
Pulver und Lebensmittel ankauften. Tiesenhausen starb in Dännemark, und
Wedberg auf dem Schiffe, von denen der letztere in Revel begraben wurde.
Mönnichhausen der königlichen Befehl erhielt, den Dom dem Orden zurück zu
geben, gerieth auf einen andern Ausschlag, und bot denselben der Stadt um eine
Summe Geldes an, die aber auch Bedenken trug sich in Weitläuftigkeiten einzu-
lassen; daher Mönnichhausen seinen Schatz auf eigne Gefahr zu bewahren hat-
te, bis im Herbst Gotthard Kettler durch Vermittelung des Herrn Diedrich
Behr
und Heinrich Uxkül von Fickel das Schlos Revel dem Orden wieder
unterwürfig machte. Endlich sties Fridrich Völckersam, Domprost und
Obrister über die Völker des Erzbischofs, zu Kettlers Armee, und wagte noch den
Sommer die Berennung des Schlosses Ringen, aus welchem er die Russen
verjagte, und mit ihnen beim Dorfe Torrifer ein glückliches Scharmützel hielt.
Ein vornehmer rußischer Herr, der einige tödliche Wunden bekommen, bat ihn
in lateinischer Sprache seiner Heilung wegen Sorge zu tragen und sagte: Rogo
dominationem tuam, intercedat pro me apud Dominum suum, Magnum Li-

uoniae
Verwandte nach Deutschland sein sanftes und gelassenes Ende berichtet, macht ihn zu
einem Schutzgenossen des hochwürdigen Fürsten und Herrn zu Oesel und Curland.
Seine Gemahlin war Dorothea von Orgies, eine Tochter Bertrams von Orgies
genant Rutenberg, und Catharinen von Vietinghof. Sie starb 1576 am 8ten
Merz und ward am 12ten eben des Monats in der Domkirche zu Riga beerdiget.
Der ältere Sohn Georg Holtzschuher kam als Capitain von der Garde des Gra-
fen Wilhelm von Nassau, Feldmarschals der vereinigten Niederlande, zurück,
ward Domherr des Stifts zu Dörpt, und starb 1607 auf dem königlichen Schlos zu
Cremone. Der jüngere Bertram, den Kelch S. 385 unrichtig Bernhard schrei-
bet, war Succamerarius von Dörpt, königlich-pohlnischer Revisionsherr, her-
nach Senator des Reichs, Castellan der Woywodschaft Dörpt, Erbherr zu Bre-
men
und Billenhof, Hauptman, Pfleger und Pfandherr des Schlosses Cremona.
Er vermählte sich mit Gerdruta Völckersam, Walthers von Rein Witwe, und
zum andern mal mit Agnes, Wilhelms von Effern auf Stallberg, Burggra-
fens von Dörpt und Elisabetha von Bilinckhaus Tochter.

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1558von Smerten, verlies das feſte Wittenſtein, deſſen Lebensmittel ſich die aus
Doͤrpt ausgezogene Beſatzung zu Nutze machte, und ſich den darin befindlichen
Wein und Bier wohl ſchmecken lies, ohne doch lange an einem ſo wohl geſpickten
Orte zu verweilen. Doch der junge Caſper von Oldenbockum beſetzte das
ausgelerte Schlos gleich mit einiger friſchen Manſchaft, und hielt aus ſelbigem
die herumſchweifenden Freibeuter vom rußiſchen Heer noch etwas im Zaum.

Jn Revel wurde die Verwirrung noch groͤſſer. Der Domberg, auf wel-
chem der Orden ein von Natur und Kunſt wohlbefeſtigtes Schlos hatte, ward
bey der durchgaͤngigen Furcht von dem daſigen Comtur, Franz Segehaven von
Anſtel, in Hofnung auf koͤniglichen daͤniſchen Schutz, an einen Edelman aus
der Wyk Chriſtoph von Moͤnnichshauſen, einen Gevolmaͤchtigten des Koͤ-
nigs von Daͤnnemark, uͤbertragen, der auch gleich die in Beſatzung liegende
Compagnie der Ordensſoldaten ſeinem Koͤnig ſchweren lies. Dieſer unerwartete
Streich veranlaſte den Adel in Harrien und Wirland zu einem neuen Ent-
ſchlus, daß ſie ihre Geſandten Fabian von Tieſenhauſen und Bruno von
Wedbergen nach Daͤnnemark abfertigten, in der Zuverſicht, der Koͤnig
Chriſtian der IIIte werde ſeinen Beiſtand dem Lande um ſo viel weniger verſa-
gen, je laͤnger dieſe Krone in dem Beſitz von Eſtland geweſen. Die Stadt
Revel lies ein gleiches durch ihre Abgeordneten Jvo von der Hoͤge, und den
Rathsherrn Caſpar Breitholtz ſuchen; bey welcher Geſandſchaft der geſchickte
und beliebte Syndicus Joſt Clodt das Wort fuͤhrte. Der alte Koͤnig leh-
nete aber nach einigem Bedenken das ganze Anbringen mit der Entſchuldigung von
ſich ab, daß ihm GOtt Laͤnder und Staͤdte genug zu regieren gegeben, und eine
groͤſſere Buͤrde aufgeleget, als ſein graues Alter ihm zu tragen erlaube. Doch
ſchickte er den Ordensherren zur Beihuͤlfe 20000 Thaler, wofuͤr dieſe Geſchuͤtz,
Pulver und Lebensmittel ankauften. Tieſenhauſen ſtarb in Daͤnnemark, und
Wedberg auf dem Schiffe, von denen der letztere in Revel begraben wurde.
Moͤnnichhauſen der koͤniglichen Befehl erhielt, den Dom dem Orden zuruͤck zu
geben, gerieth auf einen andern Ausſchlag, und bot denſelben der Stadt um eine
Summe Geldes an, die aber auch Bedenken trug ſich in Weitlaͤuftigkeiten einzu-
laſſen; daher Moͤnnichhauſen ſeinen Schatz auf eigne Gefahr zu bewahren hat-
te, bis im Herbſt Gotthard Kettler durch Vermittelung des Herrn Diedrich
Behr
und Heinrich Uxkuͤl von Fickel das Schlos Revel dem Orden wieder
unterwuͤrfig machte. Endlich ſties Fridrich Voͤlckerſam, Domproſt und
Obriſter uͤber die Voͤlker des Erzbiſchofs, zu Kettlers Armee, und wagte noch den
Sommer die Berennung des Schloſſes Ringen, aus welchem er die Ruſſen
verjagte, und mit ihnen beim Dorfe Torrifer ein gluͤckliches Scharmuͤtzel hielt.
Ein vornehmer rußiſcher Herr, der einige toͤdliche Wunden bekommen, bat ihn
in lateiniſcher Sprache ſeiner Heilung wegen Sorge zu tragen und ſagte: Rogo
dominationem tuam, intercedat pro me apud Dominum ſuum, Magnum Li-

uoniae
Verwandte nach Deutſchland ſein ſanftes und gelaſſenes Ende berichtet, macht ihn zu
einem Schutzgenoſſen des hochwuͤrdigen Fuͤrſten und Herrn zu Oeſel und Curland.
Seine Gemahlin war Dorothea von Orgies, eine Tochter Bertrams von Orgies
genant Rutenberg, und Catharinen von Vietinghof. Sie ſtarb 1576 am 8ten
Merz und ward am 12ten eben des Monats in der Domkirche zu Riga beerdiget.
Der aͤltere Sohn Georg Holtzſchuher kam als Capitain von der Garde des Gra-
fen Wilhelm von Naſſau, Feldmarſchals der vereinigten Niederlande, zuruͤck,
ward Domherr des Stifts zu Doͤrpt, und ſtarb 1607 auf dem koͤniglichen Schlos zu
Cremone. Der juͤngere Bertram, den Kelch S. 385 unrichtig Bernhard ſchrei-
bet, war Succamerarius von Doͤrpt, koͤniglich-pohlniſcher Reviſionsherr, her-
nach Senator des Reichs, Caſtellan der Woywodſchaft Doͤrpt, Erbherr zu Bre-
men
und Billenhof, Hauptman, Pfleger und Pfandherr des Schloſſes Cremona.
Er vermaͤhlte ſich mit Gerdruta Voͤlckerſam, Walthers von Rein Witwe, und
zum andern mal mit Agnes, Wilhelms von Effern auf Stallberg, Burggra-
fens von Doͤrpt und Eliſabetha von Bilinckhaus Tochter.
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[242/0260] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, von Smerten, verlies das feſte Wittenſtein, deſſen Lebensmittel ſich die aus Doͤrpt ausgezogene Beſatzung zu Nutze machte, und ſich den darin befindlichen Wein und Bier wohl ſchmecken lies, ohne doch lange an einem ſo wohl geſpickten Orte zu verweilen. Doch der junge Caſper von Oldenbockum beſetzte das ausgelerte Schlos gleich mit einiger friſchen Manſchaft, und hielt aus ſelbigem die herumſchweifenden Freibeuter vom rußiſchen Heer noch etwas im Zaum. 1558 Jn Revel wurde die Verwirrung noch groͤſſer. Der Domberg, auf wel- chem der Orden ein von Natur und Kunſt wohlbefeſtigtes Schlos hatte, ward bey der durchgaͤngigen Furcht von dem daſigen Comtur, Franz Segehaven von Anſtel, in Hofnung auf koͤniglichen daͤniſchen Schutz, an einen Edelman aus der Wyk Chriſtoph von Moͤnnichshauſen, einen Gevolmaͤchtigten des Koͤ- nigs von Daͤnnemark, uͤbertragen, der auch gleich die in Beſatzung liegende Compagnie der Ordensſoldaten ſeinem Koͤnig ſchweren lies. Dieſer unerwartete Streich veranlaſte den Adel in Harrien und Wirland zu einem neuen Ent- ſchlus, daß ſie ihre Geſandten Fabian von Tieſenhauſen und Bruno von Wedbergen nach Daͤnnemark abfertigten, in der Zuverſicht, der Koͤnig Chriſtian der IIIte werde ſeinen Beiſtand dem Lande um ſo viel weniger verſa- gen, je laͤnger dieſe Krone in dem Beſitz von Eſtland geweſen. Die Stadt Revel lies ein gleiches durch ihre Abgeordneten Jvo von der Hoͤge, und den Rathsherrn Caſpar Breitholtz ſuchen; bey welcher Geſandſchaft der geſchickte und beliebte Syndicus Joſt Clodt das Wort fuͤhrte. Der alte Koͤnig leh- nete aber nach einigem Bedenken das ganze Anbringen mit der Entſchuldigung von ſich ab, daß ihm GOtt Laͤnder und Staͤdte genug zu regieren gegeben, und eine groͤſſere Buͤrde aufgeleget, als ſein graues Alter ihm zu tragen erlaube. Doch ſchickte er den Ordensherren zur Beihuͤlfe 20000 Thaler, wofuͤr dieſe Geſchuͤtz, Pulver und Lebensmittel ankauften. Tieſenhauſen ſtarb in Daͤnnemark, und Wedberg auf dem Schiffe, von denen der letztere in Revel begraben wurde. Moͤnnichhauſen der koͤniglichen Befehl erhielt, den Dom dem Orden zuruͤck zu geben, gerieth auf einen andern Ausſchlag, und bot denſelben der Stadt um eine Summe Geldes an, die aber auch Bedenken trug ſich in Weitlaͤuftigkeiten einzu- laſſen; daher Moͤnnichhauſen ſeinen Schatz auf eigne Gefahr zu bewahren hat- te, bis im Herbſt Gotthard Kettler durch Vermittelung des Herrn Diedrich Behr und Heinrich Uxkuͤl von Fickel das Schlos Revel dem Orden wieder unterwuͤrfig machte. Endlich ſties Fridrich Voͤlckerſam, Domproſt und Obriſter uͤber die Voͤlker des Erzbiſchofs, zu Kettlers Armee, und wagte noch den Sommer die Berennung des Schloſſes Ringen, aus welchem er die Ruſſen verjagte, und mit ihnen beim Dorfe Torrifer ein gluͤckliches Scharmuͤtzel hielt. Ein vornehmer rußiſcher Herr, der einige toͤdliche Wunden bekommen, bat ihn in lateiniſcher Sprache ſeiner Heilung wegen Sorge zu tragen und ſagte: Rogo dominationem tuam, intercedat pro me apud Dominum ſuum, Magnum Li- uoniae k) k) Verwandte nach Deutſchland ſein ſanftes und gelaſſenes Ende berichtet, macht ihn zu einem Schutzgenoſſen des hochwuͤrdigen Fuͤrſten und Herrn zu Oeſel und Curland. Seine Gemahlin war Dorothea von Orgies, eine Tochter Bertrams von Orgies genant Rutenberg, und Catharinen von Vietinghof. Sie ſtarb 1576 am 8ten Merz und ward am 12ten eben des Monats in der Domkirche zu Riga beerdiget. Der aͤltere Sohn Georg Holtzſchuher kam als Capitain von der Garde des Gra- fen Wilhelm von Naſſau, Feldmarſchals der vereinigten Niederlande, zuruͤck, ward Domherr des Stifts zu Doͤrpt, und ſtarb 1607 auf dem koͤniglichen Schlos zu Cremone. Der juͤngere Bertram, den Kelch S. 385 unrichtig Bernhard ſchrei- bet, war Succamerarius von Doͤrpt, koͤniglich-pohlniſcher Reviſionsherr, her- nach Senator des Reichs, Caſtellan der Woywodſchaft Doͤrpt, Erbherr zu Bre- men und Billenhof, Hauptman, Pfleger und Pfandherr des Schloſſes Cremona. Er vermaͤhlte ſich mit Gerdruta Voͤlckerſam, Walthers von Rein Witwe, und zum andern mal mit Agnes, Wilhelms von Effern auf Stallberg, Burggra- fens von Doͤrpt und Eliſabetha von Bilinckhaus Tochter.

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/260>, abgerufen am 23.11.2024.