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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fürstenberg.

Da alles vorbey war, so hielt der Feldherr seinen Einzug, nachdem 2 Ka-1558
pitelherren, etliche Abgeordnete des Magistrats und der Bürgerschaft ihm im La-
ger die Schlüssel zum Schlos und der Stadt überreicht hatten. Ein Woywode
mit der Friedensfahne ritte voraus; die obgedachten Deputirten aber hatten den
Feldherrn in der Mitte. Die Strassen waren mit dem Leibregimente des Czaars
besetzt. Die scharfe Manszucht und Ordnung, welche Zuski beobachtete, brachte
der erschrockenen Bürgerschaft almälig frischen Muth bey. Der Magistrat und
die Gemeine schickte dem Feldherrn Wein, Bier, Fische, Erfrischungen, Haber,
und ein güldenes Trinkgeschir zur Verehrung, welches er auch mit den verpflichte-
testen Ausdrücken annahm, und sich erklärte, daß seine Stube und Ohren jedem
offen stünden; er sey deswegen da, die Uebelthäter zu strafen und die Tugendhaf-
ten zu schützen. Dieses versicherte er nochmals auf seinem grossen Gastgebote,
welches er auf dem Schlosse dem Rath, den Elterleuten und Eltesten gab, der-
gleichen gnädige Versprechungen er einige mal wiederholte. Doch der Bischof
Herman ward auf Befehl des Czaars durch einen abgeschickten Haufen von Fal-
ckena
wieder abgeholet, und bis zum Ausgang des Krieges nach Moscau gefüh-
ret, weil man dadurch den Frieden zu beschleunigen hofte.

Nach-
11. Nach Ruß- und Deutschland bleibt der Handel stets frey ohne allem Zol.
12. Bier, Meth und Brantewein sind Accisefrey, ausser was der Rath darauf leget.
13. Die Heirathen ihrer Söhne und Töchter mit Ausländern sind erlaubt.
14. Jeder ziehet ab wenn er wil mit Haab und Gut ohne Abzugsgeld.
15. Kan auch das Seine verkaufen an wen er wil ohne Abzugsgeld.
16. Kan frey wieder zurück kommen.
17. Die Kriegesleute ziehen mit Ober- und Untergewehr, mit Sack und Pack ungehin-
dert ab.
18. Welcher Bürger nicht bleiben wil, bekomt nach Gelegenheit innerhalb 8 oder 14
Tagen seinen Reisepas.
19. Die ausheimischen Kaufleute so wol als die rußischen, können bey den Bürgern
zur Niederlage einziehen und handeln.
20. Kein Gast sol mit dem andern Gast, von Deutschen oder Russen, sondern al-
lein mit den Bürgern handeln.
21. Der Rath behält durch seine Amtspersonen die Aufsicht und Gerichte über alle
deutschen und undeutschen Aemter, auch über die Geselschaft der Fischer, die man
Hüerlinge nennet.
22. Die Jahrmärkte sind ungestört.
23. Der Rath ertheilet in zuläßigen Fällen den Verbrechern ein frey Geleite.
24. Theilet auch die Pässe mit zur Hin- und Herreise.
25. Kein Bürger wird in seinem Hause mit Kriegesleuten beschweret.
26. Niemand darf nach Rußland abgeführet werden.
27. Alle bürgerliche und peinliche Verbrechen, selbst gegen den Czaar innerhalb des
Rathsgrenzen, werden von den Vögten des Raths bestrafet.
28. Aller verstorbenen Ausländer Nachgelassenschaft wird frey anders wohin verabfol-
get.
29. Alle Erbschaften, die in Jahr und Tag nicht abgefordert werden, fallen dem Rath
anheim.
30. Die künftigen Bürger sollen von dem Rath das Bürgerrecht erhalten, dem Czaar
so wol als dem Rath den Eid leisten, und die Gildenstube gewinnen.
31. Begehret ein Rath, daß von ihren gesprochenen Urteln die Appellation möge nach
dem alten an die Stadt und den Rath zu Riga ergehen, sintemal sie ihr Recht
aus den rigischen Rechten, so ihnen von Kaiser und Päpsten gegeben, urteln und
sprechen.
32. Keines dörptischen Bürgers oder Kaufmans Geld oder Gut wird in Rußland
arrestiret, noch seine Person gehemmet, um Schulden wegen, die zu Dörpt ge-
macht sind.
33. Die Bürger haben Freiheit, Getraide, Victualien, Hopfen und Honig aus
Rußland zu holen.
34. Alle Kaufleute aus Ruß- und Deutschland haben ihre freie Niederlage, sind
Zolfrey und entrichten blos dem Rathe die Gebühr von Gewichte, Wage und der
Wrake.
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Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg.

Da alles vorbey war, ſo hielt der Feldherr ſeinen Einzug, nachdem 2 Ka-1558
pitelherren, etliche Abgeordnete des Magiſtrats und der Buͤrgerſchaft ihm im La-
ger die Schluͤſſel zum Schlos und der Stadt uͤberreicht hatten. Ein Woywode
mit der Friedensfahne ritte voraus; die obgedachten Deputirten aber hatten den
Feldherrn in der Mitte. Die Straſſen waren mit dem Leibregimente des Czaars
beſetzt. Die ſcharfe Manszucht und Ordnung, welche Zuski beobachtete, brachte
der erſchrockenen Buͤrgerſchaft almaͤlig friſchen Muth bey. Der Magiſtrat und
die Gemeine ſchickte dem Feldherrn Wein, Bier, Fiſche, Erfriſchungen, Haber,
und ein guͤldenes Trinkgeſchir zur Verehrung, welches er auch mit den verpflichte-
teſten Ausdruͤcken annahm, und ſich erklaͤrte, daß ſeine Stube und Ohren jedem
offen ſtuͤnden; er ſey deswegen da, die Uebelthaͤter zu ſtrafen und die Tugendhaf-
ten zu ſchuͤtzen. Dieſes verſicherte er nochmals auf ſeinem groſſen Gaſtgebote,
welches er auf dem Schloſſe dem Rath, den Elterleuten und Elteſten gab, der-
gleichen gnaͤdige Verſprechungen er einige mal wiederholte. Doch der Biſchof
Herman ward auf Befehl des Czaars durch einen abgeſchickten Haufen von Fal-
ckena
wieder abgeholet, und bis zum Ausgang des Krieges nach Moſcau gefuͤh-
ret, weil man dadurch den Frieden zu beſchleunigen hofte.

Nach-
11. Nach Ruß- und Deutſchland bleibt der Handel ſtets frey ohne allem Zol.
12. Bier, Meth und Brantewein ſind Acciſefrey, auſſer was der Rath darauf leget.
13. Die Heirathen ihrer Soͤhne und Toͤchter mit Auslaͤndern ſind erlaubt.
14. Jeder ziehet ab wenn er wil mit Haab und Gut ohne Abzugsgeld.
15. Kan auch das Seine verkaufen an wen er wil ohne Abzugsgeld.
16. Kan frey wieder zuruͤck kommen.
17. Die Kriegesleute ziehen mit Ober- und Untergewehr, mit Sack und Pack ungehin-
dert ab.
18. Welcher Buͤrger nicht bleiben wil, bekomt nach Gelegenheit innerhalb 8 oder 14
Tagen ſeinen Reiſepas.
19. Die ausheimiſchen Kaufleute ſo wol als die rußiſchen, koͤnnen bey den Buͤrgern
zur Niederlage einziehen und handeln.
20. Kein Gaſt ſol mit dem andern Gaſt, von Deutſchen oder Ruſſen, ſondern al-
lein mit den Buͤrgern handeln.
21. Der Rath behaͤlt durch ſeine Amtsperſonen die Aufſicht und Gerichte uͤber alle
deutſchen und undeutſchen Aemter, auch uͤber die Geſelſchaft der Fiſcher, die man
Huͤerlinge nennet.
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23. Der Rath ertheilet in zulaͤßigen Faͤllen den Verbrechern ein frey Geleite.
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25. Kein Buͤrger wird in ſeinem Hauſe mit Kriegesleuten beſchweret.
26. Niemand darf nach Rußland abgefuͤhret werden.
27. Alle buͤrgerliche und peinliche Verbrechen, ſelbſt gegen den Czaar innerhalb des
Rathsgrenzen, werden von den Voͤgten des Raths beſtrafet.
28. Aller verſtorbenen Auslaͤnder Nachgelaſſenſchaft wird frey anders wohin verabfol-
get.
29. Alle Erbſchaften, die in Jahr und Tag nicht abgefordert werden, fallen dem Rath
anheim.
30. Die kuͤnftigen Buͤrger ſollen von dem Rath das Buͤrgerrecht erhalten, dem Czaar
ſo wol als dem Rath den Eid leiſten, und die Gildenſtube gewinnen.
31. Begehret ein Rath, daß von ihren geſprochenen Urteln die Appellation moͤge nach
dem alten an die Stadt und den Rath zu Riga ergehen, ſintemal ſie ihr Recht
aus den rigiſchen Rechten, ſo ihnen von Kaiſer und Paͤpſten gegeben, urteln und
ſprechen.
32. Keines doͤrptiſchen Buͤrgers oder Kaufmans Geld oder Gut wird in Rußland
arreſtiret, noch ſeine Perſon gehemmet, um Schulden wegen, die zu Doͤrpt ge-
macht ſind.
33. Die Buͤrger haben Freiheit, Getraide, Victualien, Hopfen und Honig aus
Rußland zu holen.
34. Alle Kaufleute aus Ruß- und Deutſchland haben ihre freie Niederlage, ſind
Zolfrey und entrichten blos dem Rathe die Gebuͤhr von Gewichte, Wage und der
Wrake.
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[239/0257] Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg. Da alles vorbey war, ſo hielt der Feldherr ſeinen Einzug, nachdem 2 Ka- pitelherren, etliche Abgeordnete des Magiſtrats und der Buͤrgerſchaft ihm im La- ger die Schluͤſſel zum Schlos und der Stadt uͤberreicht hatten. Ein Woywode mit der Friedensfahne ritte voraus; die obgedachten Deputirten aber hatten den Feldherrn in der Mitte. Die Straſſen waren mit dem Leibregimente des Czaars beſetzt. Die ſcharfe Manszucht und Ordnung, welche Zuski beobachtete, brachte der erſchrockenen Buͤrgerſchaft almaͤlig friſchen Muth bey. Der Magiſtrat und die Gemeine ſchickte dem Feldherrn Wein, Bier, Fiſche, Erfriſchungen, Haber, und ein guͤldenes Trinkgeſchir zur Verehrung, welches er auch mit den verpflichte- teſten Ausdruͤcken annahm, und ſich erklaͤrte, daß ſeine Stube und Ohren jedem offen ſtuͤnden; er ſey deswegen da, die Uebelthaͤter zu ſtrafen und die Tugendhaf- ten zu ſchuͤtzen. Dieſes verſicherte er nochmals auf ſeinem groſſen Gaſtgebote, welches er auf dem Schloſſe dem Rath, den Elterleuten und Elteſten gab, der- gleichen gnaͤdige Verſprechungen er einige mal wiederholte. Doch der Biſchof Herman ward auf Befehl des Czaars durch einen abgeſchickten Haufen von Fal- ckena wieder abgeholet, und bis zum Ausgang des Krieges nach Moſcau gefuͤh- ret, weil man dadurch den Frieden zu beſchleunigen hofte. 1558 Nach- i) i) 11. Nach Ruß- und Deutſchland bleibt der Handel ſtets frey ohne allem Zol. 12. Bier, Meth und Brantewein ſind Acciſefrey, auſſer was der Rath darauf leget. 13. Die Heirathen ihrer Soͤhne und Toͤchter mit Auslaͤndern ſind erlaubt. 14. Jeder ziehet ab wenn er wil mit Haab und Gut ohne Abzugsgeld. 15. Kan auch das Seine verkaufen an wen er wil ohne Abzugsgeld. 16. Kan frey wieder zuruͤck kommen. 17. Die Kriegesleute ziehen mit Ober- und Untergewehr, mit Sack und Pack ungehin- dert ab. 18. Welcher Buͤrger nicht bleiben wil, bekomt nach Gelegenheit innerhalb 8 oder 14 Tagen ſeinen Reiſepas. 19. Die ausheimiſchen Kaufleute ſo wol als die rußiſchen, koͤnnen bey den Buͤrgern zur Niederlage einziehen und handeln. 20. Kein Gaſt ſol mit dem andern Gaſt, von Deutſchen oder Ruſſen, ſondern al- lein mit den Buͤrgern handeln. 21. Der Rath behaͤlt durch ſeine Amtsperſonen die Aufſicht und Gerichte uͤber alle deutſchen und undeutſchen Aemter, auch uͤber die Geſelſchaft der Fiſcher, die man Huͤerlinge nennet. 22. Die Jahrmaͤrkte ſind ungeſtoͤrt. 23. Der Rath ertheilet in zulaͤßigen Faͤllen den Verbrechern ein frey Geleite. 24. Theilet auch die Paͤſſe mit zur Hin- und Herreiſe. 25. Kein Buͤrger wird in ſeinem Hauſe mit Kriegesleuten beſchweret. 26. Niemand darf nach Rußland abgefuͤhret werden. 27. Alle buͤrgerliche und peinliche Verbrechen, ſelbſt gegen den Czaar innerhalb des Rathsgrenzen, werden von den Voͤgten des Raths beſtrafet. 28. Aller verſtorbenen Auslaͤnder Nachgelaſſenſchaft wird frey anders wohin verabfol- get. 29. Alle Erbſchaften, die in Jahr und Tag nicht abgefordert werden, fallen dem Rath anheim. 30. Die kuͤnftigen Buͤrger ſollen von dem Rath das Buͤrgerrecht erhalten, dem Czaar ſo wol als dem Rath den Eid leiſten, und die Gildenſtube gewinnen. 31. Begehret ein Rath, daß von ihren geſprochenen Urteln die Appellation moͤge nach dem alten an die Stadt und den Rath zu Riga ergehen, ſintemal ſie ihr Recht aus den rigiſchen Rechten, ſo ihnen von Kaiſer und Paͤpſten gegeben, urteln und ſprechen. 32. Keines doͤrptiſchen Buͤrgers oder Kaufmans Geld oder Gut wird in Rußland arreſtiret, noch ſeine Perſon gehemmet, um Schulden wegen, die zu Doͤrpt ge- macht ſind. 33. Die Buͤrger haben Freiheit, Getraide, Victualien, Hopfen und Honig aus Rußland zu holen. 34. Alle Kaufleute aus Ruß- und Deutſchland haben ihre freie Niederlage, ſind Zolfrey und entrichten blos dem Rathe die Gebuͤhr von Gewichte, Wage und der Wrake. O o o 2

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/257>, abgerufen am 27.11.2024.