[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fürstenberg. und zu dem Ende noch seinen Gesandten abfertigen, ehe er zu härtern Mit-1557teln schritte. Es langte auch der rußische Botschafter Kelar Terpigore mit dem von Er überreichte dem Bischof ein seiden Jägernetz, ein paar moskovische Jm c) Die letztern Bischöfe zu Dörpt sind in der Historie so wol von päpstlichen als andern Schriftstellern ganz ohne Grund gemishandelt worden. Fabricius hat uns die spötti- schen Reime des Pöbels aufgehoben: Herr Bischof Herman Bey, Gab sein Bistum um ein Ey. Herr Jodocus von der Recke, Warf sein Bistum gar in Drecke. Diese saubre Poesie hat sich in alle Chroniken verbreitet. Der alte Russow scho- net das Andenken dieser Männer gar nicht, und die mehresten machen sie noch zu Be- trügern und Landesverräthern. Jodocus oder Jost von der Recke, ein Vetter des Herrmeisters gleiches Namens, besas ohnstreitig grosse Eigenschaften, welches Breden- bach S. 24 cöllnischer Ausgabe und S. 220 der frankfurter Auflage, selbst nicht in Abrede ist. Schardian im rußischen Kriege B. III, S. 40, thut seiner auch mit Ruhm Meldung. Chyträus S. 467 schreibet Russoven nach, daß er die Stiftsgüter verpfändet, sich mit den Geldern nach Westphalen begeben und münsterischer Canoni- cus geworden; als ihm aber Wilhelm Kettler, ein Bruder des Ordensmeisters, Gotthard Kettlers, in der bischöflichen Wahl zu Münster vorgezogen worden, habe er sein Canonicat aufgegeben und sich mit einer Closterfräulein Johanna von Heiden vermählet. Nach seinem Abzuge sol sich Peter von Tiesenhausen Mühe gegeben ha- ben, das Bistum an sich zu kaufen, daher ihn das gemeine Volk in Liefland zum Schimpf Gernbischof nante. Dieses Mährchen schnapft Fabricius auf, und schilt den Handel eine Simonie. War auch wol ein Laster so gros, welches sich die Dörpti- schen zu der Zeit nicht musten vorrücken lassen? Doch Recke wird noch deswegen ent- schuldiget, daß er weggegangen, weil der Beitrit vieler angesehenen Leute zur lutheri- schen Religion und die Spöttereien seines Kapitels, das die Religionsveränderung sei- nem gelinden Regimente zur Last legte, ihm in Dörpt das Regiment sauer machte, nicht zu gedenken, was die rechtmäßige Furcht vor einem unfehlbaren Kriege mit Rußland zu seinem Wegzuge beigetragen. Seine Stelle bekleidete ein Dominika- nermönch, Herman von Wesel mit dem Zunamen Weyland, der auch aus Dörpt anfangs fortwandern und nach der Bernhardinerabtey Valkena 2 Meilen von Dörpt ziehen müssen. Dieser Ort lag in einer niedrigen und morastigen Gegend, und solte seiner Thürme und Mauren wegen gegen die Russen zur Vormauer dienen. Her- man stund diesem Kloster als Abt vor; und als ihn die dörptische Ritterschaft 1553 po- stuliret, sol sie ihm 3 Punkte vorgeleget haben. Erstlich, daß er als ein Reichsfürst die Münchskutte ablegen und eine standesmäßige Tracht annehmen solte. Zum andern müste er das heilige Abendmal unter beiderley Gestalt ohne Unterschied und öffentlich reichen lassen. Wie Herman das erste eingieng, so kam es mit dem andern Punkte nicht zu Stande, weil die dörptischen Lutheraner das Nachtmal nicht unter wäh- render Messe empfangen wolten. Der dritte Punkt war beschwerlicher. Der Bischof solte nemlich sich gegen die Ritterschaft und Stadt mit einem Eide verbinden, daß er weder mündlich noch schriftlich der lutherischen Lehre entgegen seyn wolle. Russow nennet Hermannen einen Schusterssohn, und stellet ihn vor als einen Klotz oder Balken, der L l l 2
Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg. und zu dem Ende noch ſeinen Geſandten abfertigen, ehe er zu haͤrtern Mit-1557teln ſchritte. Es langte auch der rußiſche Botſchafter Kelar Terpigore mit dem von Er uͤberreichte dem Biſchof ein ſeiden Jaͤgernetz, ein paar moskoviſche Jm c) Die letztern Biſchoͤfe zu Doͤrpt ſind in der Hiſtorie ſo wol von paͤpſtlichen als andern Schriftſtellern ganz ohne Grund gemishandelt worden. Fabricius hat uns die ſpoͤtti- ſchen Reime des Poͤbels aufgehoben: Herr Biſchof Herman Bey, Gab ſein Biſtum um ein Ey. Herr Jodocus von der Recke, Warf ſein Biſtum gar in Drecke. Dieſe ſaubre Poeſie hat ſich in alle Chroniken verbreitet. Der alte Ruſſow ſcho- net das Andenken dieſer Maͤnner gar nicht, und die mehreſten machen ſie noch zu Be- truͤgern und Landesverraͤthern. Jodocus oder Joſt von der Recke, ein Vetter des Herrmeiſters gleiches Namens, beſas ohnſtreitig groſſe Eigenſchaften, welches Breden- bach S. 24 coͤllniſcher Ausgabe und S. 220 der frankfurter Auflage, ſelbſt nicht in Abrede iſt. Schardian im rußiſchen Kriege B. III, S. 40, thut ſeiner auch mit Ruhm Meldung. Chytraͤus S. 467 ſchreibet Ruſſoven nach, daß er die Stiftsguͤter verpfaͤndet, ſich mit den Geldern nach Weſtphalen begeben und muͤnſteriſcher Canoni- cus geworden; als ihm aber Wilhelm Kettler, ein Bruder des Ordensmeiſters, Gotthard Kettlers, in der biſchoͤflichen Wahl zu Muͤnſter vorgezogen worden, habe er ſein Canonicat aufgegeben und ſich mit einer Cloſterfraͤulein Johanna von Heiden vermaͤhlet. Nach ſeinem Abzuge ſol ſich Peter von Tieſenhauſen Muͤhe gegeben ha- ben, das Biſtum an ſich zu kaufen, daher ihn das gemeine Volk in Liefland zum Schimpf Gernbiſchof nante. Dieſes Maͤhrchen ſchnapft Fabricius auf, und ſchilt den Handel eine Simonie. War auch wol ein Laſter ſo gros, welches ſich die Doͤrpti- ſchen zu der Zeit nicht muſten vorruͤcken laſſen? Doch Recke wird noch deswegen ent- ſchuldiget, daß er weggegangen, weil der Beitrit vieler angeſehenen Leute zur lutheri- ſchen Religion und die Spoͤttereien ſeines Kapitels, das die Religionsveraͤnderung ſei- nem gelinden Regimente zur Laſt legte, ihm in Doͤrpt das Regiment ſauer machte, nicht zu gedenken, was die rechtmaͤßige Furcht vor einem unfehlbaren Kriege mit Rußland zu ſeinem Wegzuge beigetragen. Seine Stelle bekleidete ein Dominika- nermoͤnch, Herman von Weſel mit dem Zunamen Weyland, der auch aus Doͤrpt anfangs fortwandern und nach der Bernhardinerabtey Valkena 2 Meilen von Doͤrpt ziehen muͤſſen. Dieſer Ort lag in einer niedrigen und moraſtigen Gegend, und ſolte ſeiner Thuͤrme und Mauren wegen gegen die Ruſſen zur Vormauer dienen. Her- man ſtund dieſem Kloſter als Abt vor; und als ihn die doͤrptiſche Ritterſchaft 1553 po- ſtuliret, ſol ſie ihm 3 Punkte vorgeleget haben. Erſtlich, daß er als ein Reichsfuͤrſt die Muͤnchskutte ablegen und eine ſtandesmaͤßige Tracht annehmen ſolte. Zum andern muͤſte er das heilige Abendmal unter beiderley Geſtalt ohne Unterſchied und oͤffentlich reichen laſſen. Wie Herman das erſte eingieng, ſo kam es mit dem andern Punkte nicht zu Stande, weil die doͤrptiſchen Lutheraner das Nachtmal nicht unter waͤh- render Meſſe empfangen wolten. Der dritte Punkt war beſchwerlicher. Der Biſchof ſolte nemlich ſich gegen die Ritterſchaft und Stadt mit einem Eide verbinden, daß er weder muͤndlich noch ſchriftlich der lutheriſchen Lehre entgegen ſeyn wolle. Ruſſow nennet Hermannen einen Schuſtersſohn, und ſtellet ihn vor als einen Klotz oder Balken, der L l l 2
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teln ſchritte.
1557
Es langte auch der rußiſche Botſchafter Kelar Terpigore mit dem von
der lieflaͤndiſchen Geſandſchaft verſiegelten Zinsbriefe im Junio zu Doͤrpt an.
Man wies ihm Andreaͤ Waſſermans Haus am Markte zur Wohnung an.
Der Biſchof ertheilte ihm auf dem Schloſſe Gehoͤr, im Beiſeyn aller Herren Land-
raͤthe, des Ausſchuſſes aus dem Rath und der Buͤrgerſchaft, nebſt etlichen Nota-
rien die ſeine Gewerbe urkundlich niederſchreiben muſten.
Er uͤberreichte dem Biſchof ein ſeiden Jaͤgernetz, ein paar moskoviſche
Jagdhunde und einen koſtbaren Teppich zum Geſchenk. Sein Anbringen beſtand
in Erhebung der Langmuth ſeines Principals, der Liefland bey den innern Un-
ruhen dieſes Landes laͤngſt den Garaus machen koͤnnen. Der Grosfuͤrſt und Kai-
ſer aller Reuſſen verlange nun, daß der Biſchof und Fuͤrſtenmeiſter, der genom-
menen Abrede gemaͤs, ihrer Geſandten Siegel von dem Zinsbrief abſchneiden,
und ihr eignes daran haͤngen ſolten. Man lies hierauf den Geſandten eines gu-
ten Beſcheides verſichern und ihn bitten, in der ihm angewieſenen Wohnung ab-
zutreten c).
Jm
c) Die letztern Biſchoͤfe zu Doͤrpt ſind in der Hiſtorie ſo wol von paͤpſtlichen als andern
Schriftſtellern ganz ohne Grund gemishandelt worden. Fabricius hat uns die ſpoͤtti-
ſchen Reime des Poͤbels aufgehoben:
Herr Biſchof Herman Bey, Gab ſein Biſtum um ein Ey.
Herr Jodocus von der Recke, Warf ſein Biſtum gar in Drecke.
Dieſe ſaubre Poeſie hat ſich in alle Chroniken verbreitet. Der alte Ruſſow ſcho-
net das Andenken dieſer Maͤnner gar nicht, und die mehreſten machen ſie noch zu Be-
truͤgern und Landesverraͤthern. Jodocus oder Joſt von der Recke, ein Vetter des
Herrmeiſters gleiches Namens, beſas ohnſtreitig groſſe Eigenſchaften, welches Breden-
bach S. 24 coͤllniſcher Ausgabe und S. 220 der frankfurter Auflage, ſelbſt nicht
in Abrede iſt. Schardian im rußiſchen Kriege B. III, S. 40, thut ſeiner auch mit
Ruhm Meldung. Chytraͤus S. 467 ſchreibet Ruſſoven nach, daß er die Stiftsguͤter
verpfaͤndet, ſich mit den Geldern nach Weſtphalen begeben und muͤnſteriſcher Canoni-
cus geworden; als ihm aber Wilhelm Kettler, ein Bruder des Ordensmeiſters,
Gotthard Kettlers, in der biſchoͤflichen Wahl zu Muͤnſter vorgezogen worden, habe
er ſein Canonicat aufgegeben und ſich mit einer Cloſterfraͤulein Johanna von Heiden
vermaͤhlet. Nach ſeinem Abzuge ſol ſich Peter von Tieſenhauſen Muͤhe gegeben ha-
ben, das Biſtum an ſich zu kaufen, daher ihn das gemeine Volk in Liefland zum
Schimpf Gernbiſchof nante. Dieſes Maͤhrchen ſchnapft Fabricius auf, und ſchilt
den Handel eine Simonie. War auch wol ein Laſter ſo gros, welches ſich die Doͤrpti-
ſchen zu der Zeit nicht muſten vorruͤcken laſſen? Doch Recke wird noch deswegen ent-
ſchuldiget, daß er weggegangen, weil der Beitrit vieler angeſehenen Leute zur lutheri-
ſchen Religion und die Spoͤttereien ſeines Kapitels, das die Religionsveraͤnderung ſei-
nem gelinden Regimente zur Laſt legte, ihm in Doͤrpt das Regiment ſauer machte,
nicht zu gedenken, was die rechtmaͤßige Furcht vor einem unfehlbaren Kriege mit
Rußland zu ſeinem Wegzuge beigetragen. Seine Stelle bekleidete ein Dominika-
nermoͤnch, Herman von Weſel mit dem Zunamen Weyland, der auch aus Doͤrpt
anfangs fortwandern und nach der Bernhardinerabtey Valkena 2 Meilen von Doͤrpt
ziehen muͤſſen. Dieſer Ort lag in einer niedrigen und moraſtigen Gegend, und ſolte
ſeiner Thuͤrme und Mauren wegen gegen die Ruſſen zur Vormauer dienen. Her-
man ſtund dieſem Kloſter als Abt vor; und als ihn die doͤrptiſche Ritterſchaft 1553 po-
ſtuliret, ſol ſie ihm 3 Punkte vorgeleget haben. Erſtlich, daß er als ein Reichsfuͤrſt
die Muͤnchskutte ablegen und eine ſtandesmaͤßige Tracht annehmen ſolte. Zum andern
muͤſte er das heilige Abendmal unter beiderley Geſtalt ohne Unterſchied und oͤffentlich
reichen laſſen. Wie Herman das erſte eingieng, ſo kam es mit dem andern Punkte
nicht zu Stande, weil die doͤrptiſchen Lutheraner das Nachtmal nicht unter waͤh-
render Meſſe empfangen wolten. Der dritte Punkt war beſchwerlicher. Der Biſchof
ſolte nemlich ſich gegen die Ritterſchaft und Stadt mit einem Eide verbinden, daß er
weder muͤndlich noch ſchriftlich der lutheriſchen Lehre entgegen ſeyn wolle. Ruſſow
nennet Hermannen einen Schuſtersſohn, und ſtellet ihn vor als einen Klotz oder Balken,
der
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