[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister, 1208.der Ankunft des in Liefland so beliebten Bischofs von Modena, Wilhelms, in der Geschichte verwechselt; oder es muß die Urkunde dieses päpstlichen Gesandten, welche eine Landeseintheilung von 21 Artikeln enthalten sol, in das Jahr 1226 fallen. Denn abergläubischen Meinungen und offenbaren Unrichtigkeiten seine grossen Versprechungen zu erfül-
len im Stande gewesen, oder nicht. Der Anfang dieses weitläufigen Werks sol mit der Cosmographie geschehen, und die Polhöhe, das Clima, die Zone und Tages- und Nachtlänge in Winter und Sommer bezeichnen. Hier- auf folget die Astronomie, unter welchen Zeichen und Planeten Liefland liege, um welche Stunde und Minute Sonne und Mond aufgehe, und welches Zeichen alle Augenblicke über jedem Orte stehe. Die geographische Abhandlung sol uns das feste Land, die Jnseln, die Seen, Häfen, Flüsse, Ströme, Edelhöfe, Kreise, Schlösser, Städte, Kirchen, freien Pässe, Handel und Wan- del, Wege und Stege, Wirthshäuser und Herbergen, und wer weis was sonst noch, und zwar nach der Reihe, entdecken. Jn der Topographie wird die Lage des Orts, die Beschaffenheit der Grenzprovinzen, wie auch das besondere jedes Kreises vorgetragen. Die pragmatische Be- schreibung erstrecket sich erstlich auf den Feldbau, und handelt von den 4 Jahreszeiten, den ge- meinsten Winden, der Luft, Natur der Erde, Fruchtbarkeit der Felder, von Heuschlägen, Gär- ten, Holzungen, Obstbäumen, Wurzeln, Blumen, Bergen, Erzten, Brunnen, Bächen, Fi- schen, Gewässern, zahmen und wilden Thieren, Vögeln, Gewürmen, Alterthümern, Ueber- flus und Mangel des Landes; zum andern auf die Schiffart, ob ein Wasser salzig oder süs sey, wo Grundsand, Reffe, blinde Klippen liegen, ob kleine oder grosse Schiffe zu gebrauchen seyn; drittens, auf die Policey, da die Menge der Einwohner, ihre verschiedenen Sprachen, Haus- haltungsart, Kleidertracht, Gemüthsart, Nahrung, Gewerbe, Jahrmärkte, Münzen, Maas, Gewichte, Regierungsform, Richter, Privilegien, Zoll, Tribut, Tapferkeit, Gaste- reien, Hochzeit- und Begräbnisceremonien beschrieben werden; und viertens auf die Kirchensa- chen, die Schulen und Lehrer im Lande, auf die vorige und jetzige Religion, die gottesdienstli- chen Gebräuche, auf die Prediger, auf deren Besoldung, auf die Consistoria und das Ministe- rium. Endlich macht die Abhandlung vom Alterthum des Landes, von den Geschichtschreibern, den ersten Stiftern, dem Erbauungsjahr und Namendeutung jedes Ortes, den Wapen, ersten Einwohnern, Ursprung der Geschlechter, den obrigkeitlichen Personen, berühmten Männern und vielen andern Merkwürdigkeiten den Beschlus. Dieses alles solte den ersten Band aus- machen. Jm andern Theile folget die ordentliche Geschichte in 3 Büchern, nemlich 1) von den Zeiten der Ordensherren, 2) von der schwedischen und polnischen Regierung zugleich, und 3) von dem schwedischen Regiment alleine. Dabey verspricht der Verfasser alle Misgeburten, Wun- derzeichen, Kälte und Hitze, Feuer, Blitz, Brand, Ungewitter, Hagel, Erdbeben, Wassers- noth, theure Zeit, Ungeziefer, Pest, Sterben, Krieg, Friede, Tumult und hundert andre ent- setzliche Begebenheiten nicht zu vergessen. Vom ersten Theile, glaubt Menius, würden die Herren Aerzte, Wundärzte, Apotheker und alle Hausväter ausserordentlichen Nutzen haben, wenn sie die Polhöhe, die Tages- und Nachtlänge, der Sonnen Auf- und Untergang, den Grad der Sonne, des Mondes, und der Planeten aus der von GOtt verordneten geheimen Naturkunst verstünden. Kräuter samlen, Arzneyen gebrauchen, Wasser distilliren, durch Charactere heilen und Schätze graben, alles dieses würde weit besser gehen, wenn dieses Werk ans Licht treten solte. Bey Gelegenheit der Bergwerke berichtet der Verfasser, daß man den Dünestrom hinauf, Eisen, Kupfer, Wismuth, und Galmey gegraben, welches aber der Krieg unterbrochen; daß er selbst aus dem kleinern Bache in seinem Kirchensprengel reine, klare und grosse Perlen samlen sehen, auch davon einige besitze, dergleichen Perlenfischerey an manchen Orten in Lief- und Estland angetroffen werde; die meisten aber fallen sehr unreif. Jn Untersuchung der alten Geschlechtsnamen scheinet Menius einen Fehlschus |zu thun, wenn er hiesigen Familien unvermuthete auswärtige Erbschaften zeigen will, und die Herren von Koß- kül, vermuthlich von dem Worte Koost, so nach der oeselschen Mundart einen Löffel bedeutet, zu Herren von Löffelsdorf machet; da doch der Name solcher Gegenden von Kosk, einem Was- serfall oder Damm herzuleiten, von dessen Länge oder Höhe die Bauren gar viele Oerter in Est- Finn- und Jngermannland benennet haben. Etwas glücklicher gehet es doch den Herrn v. Uxkül, die er nach seiner etymologischen Kunst bis auf einen Buchstaben getroffen und sie Her- ren v. Eindorff nennet, da sie doch v. Meindorf heissen, welcher Name richtig aus Nieder- sachsen und nicht aus Uxkül herzuholen war. Weiter räth dieser Verfasser, daß man die Jahre und Zeiten am Himmel, Erde, Menschen und Vieh, Hitze, Kälte und Miswachs in genaue Obacht nehmen und die darauf erfolgten Ver- änderungen in den 3 Hauptständen bemerken solle; weil seiner Meinung nach diese vorgemeldete Wunderzeichen die nüzlichsten Lehrmeister auf die künftigen Begebenheiten abgeben. Hierauf beweiset er die Unzulänglichkeit der russowischen Chronick, und beschuldiget den cur- ländischen Rath, Salomon Henningen, einer unförmlichen Ordnung, daß er keine weitere Nach- richten, als aus seines Vaters Archiv besessen, den Wohlstand der Historie bey Seite gesetzt und mehr um Einschiebung seines Adelbriefes, als nöthige Nachrichten bekümmert gewesen, dafür er ihm aus dem Boccalini eine derbe Lection lieset, und verspricht aus seiner eigenen Feder am Ende seiner Universalhistorie von Liefland eine unpartheiische Critik über unsre Schriftsteller zu liefern. Nachher begegnet er dem Einwurfe, als verstünde ein Prediger, wie Russow und er, keine Geschichte abzufassen; zeiget aber, daß die bisherigen Staatsleute, die von Liefland schreiben wollen, eben auch nicht sonderlich Mazarinisch gedacht, noch gar zu politisch geschrieben haben. Zu- Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, 1208.der Ankunft des in Liefland ſo beliebten Biſchofs von Modena, Wilhelms, in der Geſchichte verwechſelt; oder es muß die Urkunde dieſes paͤpſtlichen Geſandten, welche eine Landeseintheilung von 21 Artikeln enthalten ſol, in das Jahr 1226 fallen. Denn aberglaͤubiſchen Meinungen und offenbaren Unrichtigkeiten ſeine groſſen Verſprechungen zu erfuͤl-
len im Stande geweſen, oder nicht. Der Anfang dieſes weitlaͤufigen Werks ſol mit der Cosmographie geſchehen, und die Polhoͤhe, das Clima, die Zone und Tages- und Nachtlaͤnge in Winter und Sommer bezeichnen. Hier- auf folget die Aſtronomie, unter welchen Zeichen und Planeten Liefland liege, um welche Stunde und Minute Sonne und Mond aufgehe, und welches Zeichen alle Augenblicke uͤber jedem Orte ſtehe. Die geographiſche Abhandlung ſol uns das feſte Land, die Jnſeln, die Seen, Haͤfen, Fluͤſſe, Stroͤme, Edelhoͤfe, Kreiſe, Schloͤſſer, Staͤdte, Kirchen, freien Paͤſſe, Handel und Wan- del, Wege und Stege, Wirthshaͤuſer und Herbergen, und wer weis was ſonſt noch, und zwar nach der Reihe, entdecken. Jn der Topographie wird die Lage des Orts, die Beſchaffenheit der Grenzprovinzen, wie auch das beſondere jedes Kreiſes vorgetragen. Die pragmatiſche Be- ſchreibung erſtrecket ſich erſtlich auf den Feldbau, und handelt von den 4 Jahreszeiten, den ge- meinſten Winden, der Luft, Natur der Erde, Fruchtbarkeit der Felder, von Heuſchlaͤgen, Gaͤr- ten, Holzungen, Obſtbaͤumen, Wurzeln, Blumen, Bergen, Erzten, Brunnen, Baͤchen, Fi- ſchen, Gewaͤſſern, zahmen und wilden Thieren, Voͤgeln, Gewuͤrmen, Alterthuͤmern, Ueber- flus und Mangel des Landes; zum andern auf die Schiffart, ob ein Waſſer ſalzig oder ſuͤs ſey, wo Grundſand, Reffe, blinde Klippen liegen, ob kleine oder groſſe Schiffe zu gebrauchen ſeyn; drittens, auf die Policey, da die Menge der Einwohner, ihre verſchiedenen Sprachen, Haus- haltungsart, Kleidertracht, Gemuͤthsart, Nahrung, Gewerbe, Jahrmaͤrkte, Muͤnzen, Maas, Gewichte, Regierungsform, Richter, Privilegien, Zoll, Tribut, Tapferkeit, Gaſte- reien, Hochzeit- und Begraͤbnisceremonien beſchrieben werden; und viertens auf die Kirchenſa- chen, die Schulen und Lehrer im Lande, auf die vorige und jetzige Religion, die gottesdienſtli- chen Gebraͤuche, auf die Prediger, auf deren Beſoldung, auf die Conſiſtoria und das Miniſte- rium. Endlich macht die Abhandlung vom Alterthum des Landes, von den Geſchichtſchreibern, den erſten Stiftern, dem Erbauungsjahr und Namendeutung jedes Ortes, den Wapen, erſten Einwohnern, Urſprung der Geſchlechter, den obrigkeitlichen Perſonen, beruͤhmten Maͤnnern und vielen andern Merkwuͤrdigkeiten den Beſchlus. Dieſes alles ſolte den erſten Band aus- machen. Jm andern Theile folget die ordentliche Geſchichte in 3 Buͤchern, nemlich 1) von den Zeiten der Ordensherren, 2) von der ſchwediſchen und polniſchen Regierung zugleich, und 3) von dem ſchwediſchen Regiment alleine. Dabey verſpricht der Verfaſſer alle Misgeburten, Wun- derzeichen, Kaͤlte und Hitze, Feuer, Blitz, Brand, Ungewitter, Hagel, Erdbeben, Waſſers- noth, theure Zeit, Ungeziefer, Peſt, Sterben, Krieg, Friede, Tumult und hundert andre ent- ſetzliche Begebenheiten nicht zu vergeſſen. Vom erſten Theile, glaubt Menius, wuͤrden die Herren Aerzte, Wundaͤrzte, Apotheker und alle Hausvaͤter auſſerordentlichen Nutzen haben, wenn ſie die Polhoͤhe, die Tages- und Nachtlaͤnge, der Sonnen Auf- und Untergang, den Grad der Sonne, des Mondes, und der Planeten aus der von GOtt verordneten geheimen Naturkunſt verſtuͤnden. Kraͤuter ſamlen, Arzneyen gebrauchen, Waſſer diſtilliren, durch Charactere heilen und Schaͤtze graben, alles dieſes wuͤrde weit beſſer gehen, wenn dieſes Werk ans Licht treten ſolte. Bey Gelegenheit der Bergwerke berichtet der Verfaſſer, daß man den Duͤneſtrom hinauf, Eiſen, Kupfer, Wismuth, und Galmey gegraben, welches aber der Krieg unterbrochen; daß er ſelbſt aus dem kleinern Bache in ſeinem Kirchenſprengel reine, klare und groſſe Perlen ſamlen ſehen, auch davon einige beſitze, dergleichen Perlenfiſcherey an manchen Orten in Lief- und Eſtland angetroffen werde; die meiſten aber fallen ſehr unreif. Jn Unterſuchung der alten Geſchlechtsnamen ſcheinet Menius einen Fehlſchus |zu thun, wenn er hieſigen Familien unvermuthete auswaͤrtige Erbſchaften zeigen will, und die Herren von Koß- kuͤl, vermuthlich von dem Worte Kooſt, ſo nach der oeſelſchen Mundart einen Loͤffel bedeutet, zu Herren von Loͤffelsdorf machet; da doch der Name ſolcher Gegenden von Koſk, einem Waſ- ſerfall oder Damm herzuleiten, von deſſen Laͤnge oder Hoͤhe die Bauren gar viele Oerter in Eſt- Finn- und Jngermannland benennet haben. Etwas gluͤcklicher gehet es doch den Herrn v. Uxkuͤl, die er nach ſeiner etymologiſchen Kunſt bis auf einen Buchſtaben getroffen und ſie Her- ren v. Eindorff nennet, da ſie doch v. Meindorf heiſſen, welcher Name richtig aus Nieder- ſachſen und nicht aus Uxkuͤl herzuholen war. Weiter raͤth dieſer Verfaſſer, daß man die Jahre und Zeiten am Himmel, Erde, Menſchen und Vieh, Hitze, Kaͤlte und Miswachs in genaue Obacht nehmen und die darauf erfolgten Ver- aͤnderungen in den 3 Hauptſtaͤnden bemerken ſolle; weil ſeiner Meinung nach dieſe vorgemeldete Wunderzeichen die nuͤzlichſten Lehrmeiſter auf die kuͤnftigen Begebenheiten abgeben. Hierauf beweiſet er die Unzulaͤnglichkeit der ruſſowiſchen Chronick, und beſchuldiget den cur- laͤndiſchen Rath, Salomon Henningen, einer unfoͤrmlichen Ordnung, daß er keine weitere Nach- richten, als aus ſeines Vaters Archiv beſeſſen, den Wohlſtand der Hiſtorie bey Seite geſetzt und mehr um Einſchiebung ſeines Adelbriefes, als noͤthige Nachrichten bekuͤmmert geweſen, dafuͤr er ihm aus dem Boccalini eine derbe Lection lieſet, und verſpricht aus ſeiner eigenen Feder am Ende ſeiner Univerſalhiſtorie von Liefland eine unpartheiiſche Critik uͤber unſre Schriftſteller zu liefern. Nachher begegnet er dem Einwurfe, als verſtuͤnde ein Prediger, wie Ruſſow und er, keine Geſchichte abzufaſſen; zeiget aber, daß die bisherigen Staatsleute, die von Liefland ſchreiben wollen, eben auch nicht ſonderlich Mazariniſch gedacht, noch gar zu politiſch geſchrieben haben. 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Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
c).
1208
***)
c) der Ankunft des in Liefland ſo beliebten Biſchofs von Modena, Wilhelms, in
der Geſchichte verwechſelt; oder es muß die Urkunde dieſes paͤpſtlichen Geſandten,
welche eine Landeseintheilung von 21 Artikeln enthalten ſol, in das Jahr 1226 fallen.
Denn
***) aberglaͤubiſchen Meinungen und offenbaren Unrichtigkeiten ſeine groſſen Verſprechungen zu erfuͤl-
len im Stande geweſen, oder nicht.
Der Anfang dieſes weitlaͤufigen Werks ſol mit der Cosmographie geſchehen, und die Polhoͤhe,
das Clima, die Zone und Tages- und Nachtlaͤnge in Winter und Sommer bezeichnen. Hier-
auf folget die Aſtronomie, unter welchen Zeichen und Planeten Liefland liege, um welche Stunde
und Minute Sonne und Mond aufgehe, und welches Zeichen alle Augenblicke uͤber jedem Orte
ſtehe. Die geographiſche Abhandlung ſol uns das feſte Land, die Jnſeln, die Seen, Haͤfen,
Fluͤſſe, Stroͤme, Edelhoͤfe, Kreiſe, Schloͤſſer, Staͤdte, Kirchen, freien Paͤſſe, Handel und Wan-
del, Wege und Stege, Wirthshaͤuſer und Herbergen, und wer weis was ſonſt noch, und
zwar nach der Reihe, entdecken. Jn der Topographie wird die Lage des Orts, die Beſchaffenheit
der Grenzprovinzen, wie auch das beſondere jedes Kreiſes vorgetragen. Die pragmatiſche Be-
ſchreibung erſtrecket ſich erſtlich auf den Feldbau, und handelt von den 4 Jahreszeiten, den ge-
meinſten Winden, der Luft, Natur der Erde, Fruchtbarkeit der Felder, von Heuſchlaͤgen, Gaͤr-
ten, Holzungen, Obſtbaͤumen, Wurzeln, Blumen, Bergen, Erzten, Brunnen, Baͤchen, Fi-
ſchen, Gewaͤſſern, zahmen und wilden Thieren, Voͤgeln, Gewuͤrmen, Alterthuͤmern, Ueber-
flus und Mangel des Landes; zum andern auf die Schiffart, ob ein Waſſer ſalzig oder ſuͤs ſey,
wo Grundſand, Reffe, blinde Klippen liegen, ob kleine oder groſſe Schiffe zu gebrauchen ſeyn;
drittens, auf die Policey, da die Menge der Einwohner, ihre verſchiedenen Sprachen, Haus-
haltungsart, Kleidertracht, Gemuͤthsart, Nahrung, Gewerbe, Jahrmaͤrkte, Muͤnzen,
Maas, Gewichte, Regierungsform, Richter, Privilegien, Zoll, Tribut, Tapferkeit, Gaſte-
reien, Hochzeit- und Begraͤbnisceremonien beſchrieben werden; und viertens auf die Kirchenſa-
chen, die Schulen und Lehrer im Lande, auf die vorige und jetzige Religion, die gottesdienſtli-
chen Gebraͤuche, auf die Prediger, auf deren Beſoldung, auf die Conſiſtoria und das Miniſte-
rium. Endlich macht die Abhandlung vom Alterthum des Landes, von den Geſchichtſchreibern,
den erſten Stiftern, dem Erbauungsjahr und Namendeutung jedes Ortes, den Wapen, erſten
Einwohnern, Urſprung der Geſchlechter, den obrigkeitlichen Perſonen, beruͤhmten Maͤnnern
und vielen andern Merkwuͤrdigkeiten den Beſchlus. Dieſes alles ſolte den erſten Band aus-
machen.
Jm andern Theile folget die ordentliche Geſchichte in 3 Buͤchern, nemlich 1) von den Zeiten
der Ordensherren, 2) von der ſchwediſchen und polniſchen Regierung zugleich, und 3) von
dem ſchwediſchen Regiment alleine. Dabey verſpricht der Verfaſſer alle Misgeburten, Wun-
derzeichen, Kaͤlte und Hitze, Feuer, Blitz, Brand, Ungewitter, Hagel, Erdbeben, Waſſers-
noth, theure Zeit, Ungeziefer, Peſt, Sterben, Krieg, Friede, Tumult und hundert andre ent-
ſetzliche Begebenheiten nicht zu vergeſſen.
Vom erſten Theile, glaubt Menius, wuͤrden die Herren Aerzte, Wundaͤrzte, Apotheker
und alle Hausvaͤter auſſerordentlichen Nutzen haben, wenn ſie die Polhoͤhe, die Tages- und
Nachtlaͤnge, der Sonnen Auf- und Untergang, den Grad der Sonne, des Mondes, und der
Planeten aus der von GOtt verordneten geheimen Naturkunſt verſtuͤnden. Kraͤuter ſamlen,
Arzneyen gebrauchen, Waſſer diſtilliren, durch Charactere heilen und Schaͤtze graben, alles dieſes
wuͤrde weit beſſer gehen, wenn dieſes Werk ans Licht treten ſolte.
Bey Gelegenheit der Bergwerke berichtet der Verfaſſer, daß man den Duͤneſtrom hinauf,
Eiſen, Kupfer, Wismuth, und Galmey gegraben, welches aber der Krieg unterbrochen; daß er
ſelbſt aus dem kleinern Bache in ſeinem Kirchenſprengel reine, klare und groſſe Perlen ſamlen ſehen,
auch davon einige beſitze, dergleichen Perlenfiſcherey an manchen Orten in Lief- und Eſtland
angetroffen werde; die meiſten aber fallen ſehr unreif.
Jn Unterſuchung der alten Geſchlechtsnamen ſcheinet Menius einen Fehlſchus |zu thun, wenn
er hieſigen Familien unvermuthete auswaͤrtige Erbſchaften zeigen will, und die Herren von Koß-
kuͤl, vermuthlich von dem Worte Kooſt, ſo nach der oeſelſchen Mundart einen Loͤffel bedeutet,
zu Herren von Loͤffelsdorf machet; da doch der Name ſolcher Gegenden von Koſk, einem Waſ-
ſerfall oder Damm herzuleiten, von deſſen Laͤnge oder Hoͤhe die Bauren gar viele Oerter in
Eſt- Finn- und Jngermannland benennet haben. Etwas gluͤcklicher gehet es doch den Herrn v.
Uxkuͤl, die er nach ſeiner etymologiſchen Kunſt bis auf einen Buchſtaben getroffen und ſie Her-
ren v. Eindorff nennet, da ſie doch v. Meindorf heiſſen, welcher Name richtig aus Nieder-
ſachſen und nicht aus Uxkuͤl herzuholen war.
Weiter raͤth dieſer Verfaſſer, daß man die Jahre und Zeiten am Himmel, Erde, Menſchen
und Vieh, Hitze, Kaͤlte und Miswachs in genaue Obacht nehmen und die darauf erfolgten Ver-
aͤnderungen in den 3 Hauptſtaͤnden bemerken ſolle; weil ſeiner Meinung nach dieſe vorgemeldete
Wunderzeichen die nuͤzlichſten Lehrmeiſter auf die kuͤnftigen Begebenheiten abgeben.
Hierauf beweiſet er die Unzulaͤnglichkeit der ruſſowiſchen Chronick, und beſchuldiget den cur-
laͤndiſchen Rath, Salomon Henningen, einer unfoͤrmlichen Ordnung, daß er keine weitere Nach-
richten, als aus ſeines Vaters Archiv beſeſſen, den Wohlſtand der Hiſtorie bey Seite geſetzt
und mehr um Einſchiebung ſeines Adelbriefes, als noͤthige Nachrichten bekuͤmmert geweſen, dafuͤr
er ihm aus dem Boccalini eine derbe Lection lieſet, und verſpricht aus ſeiner eigenen Feder am
Ende ſeiner Univerſalhiſtorie von Liefland eine unpartheiiſche Critik uͤber unſre Schriftſteller zu
liefern.
Nachher begegnet er dem Einwurfe, als verſtuͤnde ein Prediger, wie Ruſſow und er, keine
Geſchichte abzufaſſen; zeiget aber, daß die bisherigen Staatsleute, die von Liefland ſchreiben
wollen, eben auch nicht ſonderlich Mazariniſch gedacht, noch gar zu politiſch geſchrieben haben.
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