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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1525

Nachdem Plettenberg in Wenden angekommen, schickte die Stadt Ri-
ga
ihre Abgeordnete dahin, mit Ersuchen, sie von der Bedingung des kirchhol-
mischen
Vertrags zu befreien, vermöge welcher sie bisher dem Erzbischof mit
o)

hul-
o) men zu bringen, mit dem Ersuchen, daß Plettenberg "eine ewige Vicarie in die Ehre
"der hochgelobten keuschen Jungfrau Marie bestätigen wolle," welches sich der Ordens-
meister und seine Mitgebietiger nach ihrem Begehren, sonderlich zur Ehre GOttes,
auf diese Art gefallen lassen. Sie können so oft als es nöthig ist, zur Verlehnung der
Vicarie vorschlagen, wen sie wollen. Die Elterleute der Gilde sollen Vormünder der
Vicarie seyn, und dazu jährlich 24 Mark bestimmen; zugleich aber dahin sehen, daß
die Zinsen mit der Zeit verbessert, die Vicarie nicht rückwerts sondern vor sich komme,
und der Priester einen ehrlichen Stand und guten Behelf davon habe. Der Priester
hat bey dem Comtur mit einem Jungen freie Kost, die Herrentafel, und frey zu Schlosse
eine Kammer mit einem Schorstein, dafür er verpflichtet ist, alle Woche 2 bis 3 Messen,
oder so viel ihm GOtt die Gnade giebt, zu halten, für Schwestern und Brüder le-
bendige und todte, und für die, so ihre Almosen und Handreichung zu dieser Vicarie
gethan haben; auch alle Monat eine Vigilie und Seelmesse zu halten für alle verstorbene
Schwester und Brüder aus der Gilde, desgleichen sol er des Ordensmeisters, seiner
Nachkömlinge und aller die den Ordenshabit tragen, in seinen Messen treulich gedenken.
Damit diese Vicarie beständig bleibe, verleihet Plettenberg den Dobbernischen eine
Brüderschaft und Gilde zur Ehre unserer lieben Frauen. Die drey Vormünder der
Gilde, welche von den gemeinen Brüdern gekoren werden, sind Vorweser der Vicarie,
welche derselben und der Gilde Geschmeide, Wachs und Geld, und alles was zur Vi-
carie gehört, in ihrer Kiste verwahren, dazu jeder von diesen 3 einen Schlüssel hat. Der
oberste unter ihnen heist der Eltermann, die andern zwey Beisitzer, welche einen
deutschen Schreiber geistlichen oder weltlichen Standes bey sich sitzen haben. Der
Elterman mus 2 Jahr in seinem Amte sitzen. Alle Jahr in dem Pfingsttrunk sol man
von den Beisitzern einen neuen Elterman wehlen, und einen neuen Beisitzer in des
neuen Eltermans Stelle, auch 2 Schafner, die das Malz und Hopfen von den Brü-
dern und Schwestern empfangen und das Gildebier brauen lassen; der eine sol seyn vom
Schlosse, der andre aus der Pillsate. Diese Gilde und Trünke werden jährlich 2 mal
gehalten, als in Weihnachten und in den heiligen Pfingsttagen. Wer an dieser löbli-
chen Brüderschaft Theil haben wil, sol erst dem Elterman an der Tafel sitzend Hand-
streckung thun mit einem Gelübde, daß er nach Vermögen die Gildengesetze halten wil;
ein ganzer Bruder oder Schwester zahlt für ihre Aufnahme eine halbe Mark; ein halber
aber nur einen Schilling, und zu allen Trünken Wachslicht. An Malz zu diesen Trün-
ken liefert ein Comtur für sich und seine Diener 10 Lof, jeder Hauptman 2 Lof, und je-
der Freie von den Pilsaten 2 Lof, und jeder nach Proportion des Malzes gleich viel
Hopfen. Zuletzt befiehlet Plettenberg allen Brüdern und Schwestern dieser löblichen
Geselschaft, die diesen Trunk in Frölichkeit, Liebe und Freundschaft thun wollen, herzlich und
ernstlich, daß sie sich für nachgesetzten Brüchen und Strafen hüten, welche der Elterman nach
Gelegenheit der Zeit, Leute und Umstände mehren oder mindern kan. Die Gesetze sind fol-
gende. Ein erkohrner Elterman, Beisitzer oder Schaffener, welcher sein Amt nicht annehmen
wil, giebt der Gilde ein Lispfund Wachs. Zu allen Trünken werden 2 Schenken er-
kieset, aus den jungen Brüdern, welche die Trünke über Herren und Diener schenken.
Diese sehen mit den Schafnern zu, daß der Brüderschaft gemächlich geschehe, und
kein Undeutscher, der nicht Bruder oder Schwester ist, eingelassen werde, wo er nicht
einen Wirth hat, welcher für den Gast 2 Schillinge zahlt und steht für alle dessen Ge-
brechen. Wer sein Messer in der Gilde auf einen andern loszieht, giebt ein Lispfund
Wachs Strafe. Wer den andern verwundet, wird nach Wichtigkeit der Sache vom
Comtur gerichtet. Niemand gehet mit seinem Gewehr in diese Geselschaft bey Strafe
eines Markpfunds Wachs. Wer der Gilde Gläser oder Töpfe zerbricht oder zerwirft,
läst für jedes 2 neue machen. Wer so viel verschüttet, daß ers mit einem Fus nicht
bedecken kan, giebt ein Markpfund Wachs. So viel giebt auch der Strafe, welcher
sein Trinken in der Gildenstube wieder ausbricht und von sich giebt. Der giebt ein
halb Lispfund Wachs Strafe, welcher währenden Trunks zu Schlosse in seiner Cam-
mer Bier aufleget und der Gilde Brüder und Schwestern zu sich zieht. Wenn die
Elterleute den Tod eines Bruders oder einer Schwester erfahren, so sollen sie selbigen
so fort mit Vigilien und Seelmessen begehen lassen, und jeder lebende Bruder oder
Schwester, so bald es ruchtbar wird, beten der Seele zum Troste nach 5 Paternoster
und 5 Avemaria. Die Schragen werden bey jedem Trunke vorgelesen.
Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1525

Nachdem Plettenberg in Wenden angekommen, ſchickte die Stadt Ri-
ga
ihre Abgeordnete dahin, mit Erſuchen, ſie von der Bedingung des kirchhol-
miſchen
Vertrags zu befreien, vermoͤge welcher ſie bisher dem Erzbiſchof mit
o)

hul-
o) men zu bringen, mit dem Erſuchen, daß Plettenberg „eine ewige Vicarie in die Ehre
„der hochgelobten keuſchen Jungfrau Marie beſtaͤtigen wolle,‟ welches ſich der Ordens-
meiſter und ſeine Mitgebietiger nach ihrem Begehren, ſonderlich zur Ehre GOttes,
auf dieſe Art gefallen laſſen. Sie koͤnnen ſo oft als es noͤthig iſt, zur Verlehnung der
Vicarie vorſchlagen, wen ſie wollen. Die Elterleute der Gilde ſollen Vormuͤnder der
Vicarie ſeyn, und dazu jaͤhrlich 24 Mark beſtimmen; zugleich aber dahin ſehen, daß
die Zinſen mit der Zeit verbeſſert, die Vicarie nicht ruͤckwerts ſondern vor ſich komme,
und der Prieſter einen ehrlichen Stand und guten Behelf davon habe. Der Prieſter
hat bey dem Comtur mit einem Jungen freie Koſt, die Herrentafel, und frey zu Schloſſe
eine Kammer mit einem Schorſtein, dafuͤr er verpflichtet iſt, alle Woche 2 bis 3 Meſſen,
oder ſo viel ihm GOtt die Gnade giebt, zu halten, fuͤr Schweſtern und Bruͤder le-
bendige und todte, und fuͤr die, ſo ihre Almoſen und Handreichung zu dieſer Vicarie
gethan haben; auch alle Monat eine Vigilie und Seelmeſſe zu halten fuͤr alle verſtorbene
Schweſter und Bruͤder aus der Gilde, desgleichen ſol er des Ordensmeiſters, ſeiner
Nachkoͤmlinge und aller die den Ordenshabit tragen, in ſeinen Meſſen treulich gedenken.
Damit dieſe Vicarie beſtaͤndig bleibe, verleihet Plettenberg den Dobberniſchen eine
Bruͤderſchaft und Gilde zur Ehre unſerer lieben Frauen. Die drey Vormuͤnder der
Gilde, welche von den gemeinen Bruͤdern gekoren werden, ſind Vorweſer der Vicarie,
welche derſelben und der Gilde Geſchmeide, Wachs und Geld, und alles was zur Vi-
carie gehoͤrt, in ihrer Kiſte verwahren, dazu jeder von dieſen 3 einen Schluͤſſel hat. Der
oberſte unter ihnen heiſt der Eltermann, die andern zwey Beiſitzer, welche einen
deutſchen Schreiber geiſtlichen oder weltlichen Standes bey ſich ſitzen haben. Der
Elterman mus 2 Jahr in ſeinem Amte ſitzen. Alle Jahr in dem Pfingſttrunk ſol man
von den Beiſitzern einen neuen Elterman wehlen, und einen neuen Beiſitzer in des
neuen Eltermans Stelle, auch 2 Schafner, die das Malz und Hopfen von den Bruͤ-
dern und Schweſtern empfangen und das Gildebier brauen laſſen; der eine ſol ſeyn vom
Schloſſe, der andre aus der Pillſate. Dieſe Gilde und Truͤnke werden jaͤhrlich 2 mal
gehalten, als in Weihnachten und in den heiligen Pfingſttagen. Wer an dieſer loͤbli-
chen Bruͤderſchaft Theil haben wil, ſol erſt dem Elterman an der Tafel ſitzend Hand-
ſtreckung thun mit einem Geluͤbde, daß er nach Vermoͤgen die Gildengeſetze halten wil;
ein ganzer Bruder oder Schweſter zahlt fuͤr ihre Aufnahme eine halbe Mark; ein halber
aber nur einen Schilling, und zu allen Truͤnken Wachslicht. An Malz zu dieſen Truͤn-
ken liefert ein Comtur fuͤr ſich und ſeine Diener 10 Lof, jeder Hauptman 2 Lof, und je-
der Freie von den Pilſaten 2 Lof, und jeder nach Proportion des Malzes gleich viel
Hopfen. Zuletzt befiehlet Plettenberg allen Bruͤdern und Schweſtern dieſer loͤblichen
Geſelſchaft, die dieſen Trunk in Froͤlichkeit, Liebe und Freundſchaft thun wollen, herzlich und
ernſtlich, daß ſie ſich fuͤr nachgeſetzten Bruͤchen und Strafen huͤten, welche der Elterman nach
Gelegenheit der Zeit, Leute und Umſtaͤnde mehren oder mindern kan. Die Geſetze ſind fol-
gende. Ein erkohrner Elterman, Beiſitzer oder Schaffener, welcher ſein Amt nicht annehmen
wil, giebt der Gilde ein Lispfund Wachs. Zu allen Truͤnken werden 2 Schenken er-
kieſet, aus den jungen Bruͤdern, welche die Truͤnke uͤber Herren und Diener ſchenken.
Dieſe ſehen mit den Schafnern zu, daß der Bruͤderſchaft gemaͤchlich geſchehe, und
kein Undeutſcher, der nicht Bruder oder Schweſter iſt, eingelaſſen werde, wo er nicht
einen Wirth hat, welcher fuͤr den Gaſt 2 Schillinge zahlt und ſteht fuͤr alle deſſen Ge-
brechen. Wer ſein Meſſer in der Gilde auf einen andern loszieht, giebt ein Lispfund
Wachs Strafe. Wer den andern verwundet, wird nach Wichtigkeit der Sache vom
Comtur gerichtet. Niemand gehet mit ſeinem Gewehr in dieſe Geſelſchaft bey Strafe
eines Markpfunds Wachs. Wer der Gilde Glaͤſer oder Toͤpfe zerbricht oder zerwirft,
laͤſt fuͤr jedes 2 neue machen. Wer ſo viel verſchuͤttet, daß ers mit einem Fus nicht
bedecken kan, giebt ein Markpfund Wachs. So viel giebt auch der Strafe, welcher
ſein Trinken in der Gildenſtube wieder ausbricht und von ſich giebt. Der giebt ein
halb Lispfund Wachs Strafe, welcher waͤhrenden Trunks zu Schloſſe in ſeiner Cam-
mer Bier aufleget und der Gilde Bruͤder und Schweſtern zu ſich zieht. Wenn die
Elterleute den Tod eines Bruders oder einer Schweſter erfahren, ſo ſollen ſie ſelbigen
ſo fort mit Vigilien und Seelmeſſen begehen laſſen, und jeder lebende Bruder oder
Schweſter, ſo bald es ruchtbar wird, beten der Seele zum Troſte nach 5 Paternoſter
und 5 Avemaria. Die Schragen werden bey jedem Trunke vorgeleſen.
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[192/0210] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, Nachdem Plettenberg in Wenden angekommen, ſchickte die Stadt Ri- ga ihre Abgeordnete dahin, mit Erſuchen, ſie von der Bedingung des kirchhol- miſchen Vertrags zu befreien, vermoͤge welcher ſie bisher dem Erzbiſchof mit hul- o) o) men zu bringen, mit dem Erſuchen, daß Plettenberg „eine ewige Vicarie in die Ehre „der hochgelobten keuſchen Jungfrau Marie beſtaͤtigen wolle,‟ welches ſich der Ordens- meiſter und ſeine Mitgebietiger nach ihrem Begehren, ſonderlich zur Ehre GOttes, auf dieſe Art gefallen laſſen. Sie koͤnnen ſo oft als es noͤthig iſt, zur Verlehnung der Vicarie vorſchlagen, wen ſie wollen. Die Elterleute der Gilde ſollen Vormuͤnder der Vicarie ſeyn, und dazu jaͤhrlich 24 Mark beſtimmen; zugleich aber dahin ſehen, daß die Zinſen mit der Zeit verbeſſert, die Vicarie nicht ruͤckwerts ſondern vor ſich komme, und der Prieſter einen ehrlichen Stand und guten Behelf davon habe. 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Die drey Vormuͤnder der Gilde, welche von den gemeinen Bruͤdern gekoren werden, ſind Vorweſer der Vicarie, welche derſelben und der Gilde Geſchmeide, Wachs und Geld, und alles was zur Vi- carie gehoͤrt, in ihrer Kiſte verwahren, dazu jeder von dieſen 3 einen Schluͤſſel hat. Der oberſte unter ihnen heiſt der Eltermann, die andern zwey Beiſitzer, welche einen deutſchen Schreiber geiſtlichen oder weltlichen Standes bey ſich ſitzen haben. Der Elterman mus 2 Jahr in ſeinem Amte ſitzen. Alle Jahr in dem Pfingſttrunk ſol man von den Beiſitzern einen neuen Elterman wehlen, und einen neuen Beiſitzer in des neuen Eltermans Stelle, auch 2 Schafner, die das Malz und Hopfen von den Bruͤ- dern und Schweſtern empfangen und das Gildebier brauen laſſen; der eine ſol ſeyn vom Schloſſe, der andre aus der Pillſate. Dieſe Gilde und Truͤnke werden jaͤhrlich 2 mal gehalten, als in Weihnachten und in den heiligen Pfingſttagen. 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Ein erkohrner Elterman, Beiſitzer oder Schaffener, welcher ſein Amt nicht annehmen wil, giebt der Gilde ein Lispfund Wachs. Zu allen Truͤnken werden 2 Schenken er- kieſet, aus den jungen Bruͤdern, welche die Truͤnke uͤber Herren und Diener ſchenken. Dieſe ſehen mit den Schafnern zu, daß der Bruͤderſchaft gemaͤchlich geſchehe, und kein Undeutſcher, der nicht Bruder oder Schweſter iſt, eingelaſſen werde, wo er nicht einen Wirth hat, welcher fuͤr den Gaſt 2 Schillinge zahlt und ſteht fuͤr alle deſſen Ge- brechen. Wer ſein Meſſer in der Gilde auf einen andern loszieht, giebt ein Lispfund Wachs Strafe. Wer den andern verwundet, wird nach Wichtigkeit der Sache vom Comtur gerichtet. Niemand gehet mit ſeinem Gewehr in dieſe Geſelſchaft bey Strafe eines Markpfunds Wachs. Wer der Gilde Glaͤſer oder Toͤpfe zerbricht oder zerwirft, laͤſt fuͤr jedes 2 neue machen. Wer ſo viel verſchuͤttet, daß ers mit einem Fus nicht bedecken kan, giebt ein Markpfund Wachs. So viel giebt auch der Strafe, welcher ſein Trinken in der Gildenſtube wieder ausbricht und von ſich giebt. Der giebt ein halb Lispfund Wachs Strafe, welcher waͤhrenden Trunks zu Schloſſe in ſeiner Cam- mer Bier aufleget und der Gilde Bruͤder und Schweſtern zu ſich zieht. Wenn die Elterleute den Tod eines Bruders oder einer Schweſter erfahren, ſo ſollen ſie ſelbigen ſo fort mit Vigilien und Seelmeſſen begehen laſſen, und jeder lebende Bruder oder Schweſter, ſo bald es ruchtbar wird, beten der Seele zum Troſte nach 5 Paternoſter und 5 Avemaria. Die Schragen werden bey jedem Trunke vorgeleſen.

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/210>, abgerufen am 23.11.2024.