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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Erzb. Caspar Linde. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.

Diesen erwünschten Anfang unterbrach ein Zufal, welchen jedoch die göttli-1522
che Regierung zur weitern Beförderung der reinen Reiligion zu lenken wuste.
Knöpken erhielt aus Rostock einen Mitarbeiter, der eine Erbschaft von seinem
Bruder zu heben ohngefehr angekommen war. Dieser war Sylvester Teget-
meier,
ein Mann von grosser Beredsamkeit, gewesener Prediger an der Jaco-
bi
gemeine zu Rostock; welcher den ersten Advent seine erste Predigt über Luc.
XIX, 6 in der Jacobikirche gehalten. Seine zu hoch gespanten Ausdrücke und
übertriebenen Redensarten von der evangelischen Freiheit, und von dem Götzen-
tand und Misbrauch der Bilder, wurden von dem gemeinen Mann noch unrich-
tiger verstanden, welcher daraus Anlas zu vielen Ausschweifungen nahm, seinen
Eifer an den Bildern auslies, die Leichensteine zerbrach, und dadurch bey andern,
die vielleicht noch zu gewinnen gewesen wären, viel Aergernis anrichtete i). Sei-
ne Amtsgaben machten ihn indessen doch zu einem brauchbaren Manne, wie sein
eigner Aufsatz von seinen merkwürdigen Lebensumständen bezeuget k).

Der-
i) Weiter findet man von den Umständen des Anfangs der Reformation in Liefland
nichts gemeldet, so daß sich der P. und Prof. des rigischen Gymnasii M. Johan
Brever
in seiner memoria reformationis in eccl. Rigensi, Rigae 1680, blos mit dem-
jenigen behelfen müssen, was Chyträus uns aufbehalten. Bey den Kirchen selbst ist
keine weitere Nachricht befindlich. Tegetmeier schreibt von sich, daß ihn der Magi-
strat zu Dörpt 1525 durch den Stadtsecretair Joachim Sassen auf Mariä Rei-
nigung nach Dörpt holen lassen, um weitere Anstalten zur Aufnahme der evangelischen
Lehre zu machen, wo er 4 Wochen lang täglich geprediget, und den Propheten Mala-
chias
in lateinischer Sprache erkläret. Ein andermal muste er mit den rigischen
Deputirten nach Wolmer auf den Landtag gehen, wo ihn Plettenberg etlichemal
predigen lassen, und in Schutz genommen, obgleich die Bischöfe auf seinen Arrest ge-
drungen, und die Dominikaner ihm wirklich aufgelauret. Die Stadt Riga hatte den ehe-
maligen erzbischöfl. Kanzler und ihren nachmaligen Sekretair M. Johan Lohmüller an
D. Luthern gesandt, und ihm von dem vorgefallenen benachrichtiget, welcher nicht
nur Knöpken ein gut Zeugnis gab, sondern auch gute Erinnerungen ins Land schickte.
So befindet sich in Lutheri Tischreden unter den Prophezeiungen der Ausg. Dresden
und Leipzig 1723, eine Warnung an die Liefländer, ingleichen in der leipziger Aus-
gabe seiner Werke von 1730 VI Band S. 550 die Auslegung des 127sten Psalms
an die Christen zu Riga, von 1524; B. XIIX, S. 487 ein Ermahnungsschreiben an
alle Christen zu Riga, Revel und Dörpt, von 1523; B. XIX S. 347 eine Ermah-
nung an alle Christen in Liefland, vom äusserlichen Gottesdienst und Eintracht, 1525.
Mehrere Briefe an D. Brisman stehen im ersten Bande der Act. Boruss. S. 793
sqq. Auf der rigischen Stadtbibliothek liegen noch ein paar Briefe von Luthers
eigener Hand, deren Jnhalt sehr kurz und zu speciel, auch von keiner Wichtigkeit ist*).
Daß die Herren Meister von Liefland dieses theils aus Klugheit, theils aus Ueber-
zeugung von der gerechten Sache, ungehindert geschehen lassen, ist höchst erweislich.
Jeder Meister muste vor der Huldigung die Lehre des Evangelii zu schützen versprechen.
Daß die Bischöfe von den Pfaffen selbst der vermeinten Ketzerey wegen beschuldiget
worden, wird sich weiter unten zeigen. Knöpkens Verdienste um die Reformation
in Pommern und Liefland erzehlet Thuanus B. XXI. Nach Chyträi Bericht
brachte er den 1, 3, 23, 25, 33, 116, 125, 133 und 146ten Psalm in deutsche Verse, und
verfertigte noch die Lieder: Was kan uns kommen an vor Noth etc. Von allen
Menschen abgewandt etc. Hilf uns in deinem Namen. etc.
*) Der deutsche Brief Luthert vom Donnerstage nach Bartholomäi 1540 ertheilet dem Rath zu
Riga die Nachricht von der Lehre und dem Leben des Magister Engelbrechts. Der lateinische
ist an Georgium Sicambrum, einen Prediger, gerichtet, welcher in schwere Anfechtungen
gerathen, und daher von Luthern kräftig aufgemuntert und getröstet wird. Wittenberg,
feria 6 post purificationis 1540. Der dritte vom letzten October 1537 an einen E. Rath in Sa-
chen zwischen Johan Kannengiesser und Barbar Göche, ist eine blosse Abschrift, und betrift
die Ehescheidung.
k) Jn denen noch unausgerissenen Blättern seines Buchs ist folgende Nachricht aufbehal-
ten worden.
Jnt
A a a
Erzb. Caſpar Linde. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.

Dieſen erwuͤnſchten Anfang unterbrach ein Zufal, welchen jedoch die goͤttli-1522
che Regierung zur weitern Befoͤrderung der reinen Reiligion zu lenken wuſte.
Knoͤpken erhielt aus Roſtock einen Mitarbeiter, der eine Erbſchaft von ſeinem
Bruder zu heben ohngefehr angekommen war. Dieſer war Sylveſter Teget-
meier,
ein Mann von groſſer Beredſamkeit, geweſener Prediger an der Jaco-
bi
gemeine zu Roſtock; welcher den erſten Advent ſeine erſte Predigt uͤber Luc.
XIX, 6 in der Jacobikirche gehalten. Seine zu hoch geſpanten Ausdruͤcke und
uͤbertriebenen Redensarten von der evangeliſchen Freiheit, und von dem Goͤtzen-
tand und Misbrauch der Bilder, wurden von dem gemeinen Mann noch unrich-
tiger verſtanden, welcher daraus Anlas zu vielen Ausſchweifungen nahm, ſeinen
Eifer an den Bildern auslies, die Leichenſteine zerbrach, und dadurch bey andern,
die vielleicht noch zu gewinnen geweſen waͤren, viel Aergernis anrichtete i). Sei-
ne Amtsgaben machten ihn indeſſen doch zu einem brauchbaren Manne, wie ſein
eigner Aufſatz von ſeinen merkwuͤrdigen Lebensumſtaͤnden bezeuget k).

Der-
i) Weiter findet man von den Umſtaͤnden des Anfangs der Reformation in Liefland
nichts gemeldet, ſo daß ſich der P. und Prof. des rigiſchen Gymnaſii M. Johan
Brever
in ſeiner memoria reformationis in eccl. Rigenſi, Rigae 1680, blos mit dem-
jenigen behelfen muͤſſen, was Chytraͤus uns aufbehalten. Bey den Kirchen ſelbſt iſt
keine weitere Nachricht befindlich. Tegetmeier ſchreibt von ſich, daß ihn der Magi-
ſtrat zu Doͤrpt 1525 durch den Stadtſecretair Joachim Saſſen auf Mariaͤ Rei-
nigung nach Doͤrpt holen laſſen, um weitere Anſtalten zur Aufnahme der evangeliſchen
Lehre zu machen, wo er 4 Wochen lang taͤglich geprediget, und den Propheten Mala-
chias
in lateiniſcher Sprache erklaͤret. Ein andermal muſte er mit den rigiſchen
Deputirten nach Wolmer auf den Landtag gehen, wo ihn Plettenberg etlichemal
predigen laſſen, und in Schutz genommen, obgleich die Biſchoͤfe auf ſeinen Arreſt ge-
drungen, und die Dominikaner ihm wirklich aufgelauret. Die Stadt Riga hatte den ehe-
maligen erzbiſchoͤfl. Kanzler und ihren nachmaligen Sekretair M. Johan Lohmuͤller an
D. Luthern geſandt, und ihm von dem vorgefallenen benachrichtiget, welcher nicht
nur Knoͤpken ein gut Zeugnis gab, ſondern auch gute Erinnerungen ins Land ſchickte.
So befindet ſich in Lutheri Tiſchreden unter den Prophezeiungen der Ausg. Dresden
und Leipzig 1723, eine Warnung an die Lieflaͤnder, ingleichen in der leipziger Aus-
gabe ſeiner Werke von 1730 VI Band S. 550 die Auslegung des 127ſten Pſalms
an die Chriſten zu Riga, von 1524; B. XIIX, S. 487 ein Ermahnungsſchreiben an
alle Chriſten zu Riga, Revel und Doͤrpt, von 1523; B. XIX S. 347 eine Ermah-
nung an alle Chriſten in Liefland, vom aͤuſſerlichen Gottesdienſt und Eintracht, 1525.
Mehrere Briefe an D. Brisman ſtehen im erſten Bande der Act. Boruſſ. S. 793
ſqq. Auf der rigiſchen Stadtbibliothek liegen noch ein paar Briefe von Luthers
eigener Hand, deren Jnhalt ſehr kurz und zu ſpeciel, auch von keiner Wichtigkeit iſt*).
Daß die Herren Meiſter von Liefland dieſes theils aus Klugheit, theils aus Ueber-
zeugung von der gerechten Sache, ungehindert geſchehen laſſen, iſt hoͤchſt erweislich.
Jeder Meiſter muſte vor der Huldigung die Lehre des Evangelii zu ſchuͤtzen verſprechen.
Daß die Biſchoͤfe von den Pfaffen ſelbſt der vermeinten Ketzerey wegen beſchuldiget
worden, wird ſich weiter unten zeigen. Knoͤpkens Verdienſte um die Reformation
in Pommern und Liefland erzehlet Thuanus B. XXI. Nach Chytraͤi Bericht
brachte er den 1, 3, 23, 25, 33, 116, 125, 133 und 146ten Pſalm in deutſche Verſe, und
verfertigte noch die Lieder: Was kan uns kommen an vor Noth ꝛc. Von allen
Menſchen abgewandt ꝛc. Hilf uns in deinem Namen. ꝛc.
*) Der deutſche Brief Luthert vom Donnerſtage nach Bartholomaͤi 1540 ertheilet dem Rath zu
Riga die Nachricht von der Lehre und dem Leben des Magiſter Engelbrechts. Der lateiniſche
iſt an Georgium Sicambrum, einen Prediger, gerichtet, welcher in ſchwere Anfechtungen
gerathen, und daher von Luthern kraͤftig aufgemuntert und getroͤſtet wird. Wittenberg,
feria 6 poſt purificationis 1540. Der dritte vom letzten October 1537 an einen E. Rath in Sa-
chen zwiſchen Johan Kannengieſſer und Barbar Goͤche, iſt eine bloſſe Abſchrift, und betrift
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k) Jn denen noch unausgeriſſenen Blaͤttern ſeines Buchs iſt folgende Nachricht aufbehal-
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[185/0203] Erzb. Caſpar Linde. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg. Dieſen erwuͤnſchten Anfang unterbrach ein Zufal, welchen jedoch die goͤttli- che Regierung zur weitern Befoͤrderung der reinen Reiligion zu lenken wuſte. Knoͤpken erhielt aus Roſtock einen Mitarbeiter, der eine Erbſchaft von ſeinem Bruder zu heben ohngefehr angekommen war. Dieſer war Sylveſter Teget- meier, ein Mann von groſſer Beredſamkeit, geweſener Prediger an der Jaco- bigemeine zu Roſtock; welcher den erſten Advent ſeine erſte Predigt uͤber Luc. XIX, 6 in der Jacobikirche gehalten. Seine zu hoch geſpanten Ausdruͤcke und uͤbertriebenen Redensarten von der evangeliſchen Freiheit, und von dem Goͤtzen- tand und Misbrauch der Bilder, wurden von dem gemeinen Mann noch unrich- tiger verſtanden, welcher daraus Anlas zu vielen Ausſchweifungen nahm, ſeinen Eifer an den Bildern auslies, die Leichenſteine zerbrach, und dadurch bey andern, die vielleicht noch zu gewinnen geweſen waͤren, viel Aergernis anrichtete i). Sei- ne Amtsgaben machten ihn indeſſen doch zu einem brauchbaren Manne, wie ſein eigner Aufſatz von ſeinen merkwuͤrdigen Lebensumſtaͤnden bezeuget k). 1522 Der- i) Weiter findet man von den Umſtaͤnden des Anfangs der Reformation in Liefland nichts gemeldet, ſo daß ſich der P. und Prof. des rigiſchen Gymnaſii M. Johan Brever in ſeiner memoria reformationis in eccl. Rigenſi, Rigae 1680, blos mit dem- jenigen behelfen muͤſſen, was Chytraͤus uns aufbehalten. Bey den Kirchen ſelbſt iſt keine weitere Nachricht befindlich. Tegetmeier ſchreibt von ſich, daß ihn der Magi- ſtrat zu Doͤrpt 1525 durch den Stadtſecretair Joachim Saſſen auf Mariaͤ Rei- nigung nach Doͤrpt holen laſſen, um weitere Anſtalten zur Aufnahme der evangeliſchen Lehre zu machen, wo er 4 Wochen lang taͤglich geprediget, und den Propheten Mala- chias in lateiniſcher Sprache erklaͤret. Ein andermal muſte er mit den rigiſchen Deputirten nach Wolmer auf den Landtag gehen, wo ihn Plettenberg etlichemal predigen laſſen, und in Schutz genommen, obgleich die Biſchoͤfe auf ſeinen Arreſt ge- drungen, und die Dominikaner ihm wirklich aufgelauret. Die Stadt Riga hatte den ehe- maligen erzbiſchoͤfl. Kanzler und ihren nachmaligen Sekretair M. Johan Lohmuͤller an D. Luthern geſandt, und ihm von dem vorgefallenen benachrichtiget, welcher nicht nur Knoͤpken ein gut Zeugnis gab, ſondern auch gute Erinnerungen ins Land ſchickte. So befindet ſich in Lutheri Tiſchreden unter den Prophezeiungen der Ausg. Dresden und Leipzig 1723, eine Warnung an die Lieflaͤnder, ingleichen in der leipziger Aus- gabe ſeiner Werke von 1730 VI Band S. 550 die Auslegung des 127ſten Pſalms an die Chriſten zu Riga, von 1524; B. XIIX, S. 487 ein Ermahnungsſchreiben an alle Chriſten zu Riga, Revel und Doͤrpt, von 1523; B. XIX S. 347 eine Ermah- nung an alle Chriſten in Liefland, vom aͤuſſerlichen Gottesdienſt und Eintracht, 1525. Mehrere Briefe an D. Brisman ſtehen im erſten Bande der Act. Boruſſ. S. 793 ſqq. Auf der rigiſchen Stadtbibliothek liegen noch ein paar Briefe von Luthers eigener Hand, deren Jnhalt ſehr kurz und zu ſpeciel, auch von keiner Wichtigkeit iſt *). Daß die Herren Meiſter von Liefland dieſes theils aus Klugheit, theils aus Ueber- zeugung von der gerechten Sache, ungehindert geſchehen laſſen, iſt hoͤchſt erweislich. Jeder Meiſter muſte vor der Huldigung die Lehre des Evangelii zu ſchuͤtzen verſprechen. Daß die Biſchoͤfe von den Pfaffen ſelbſt der vermeinten Ketzerey wegen beſchuldiget worden, wird ſich weiter unten zeigen. Knoͤpkens Verdienſte um die Reformation in Pommern und Liefland erzehlet Thuanus B. XXI. Nach Chytraͤi Bericht brachte er den 1, 3, 23, 25, 33, 116, 125, 133 und 146ten Pſalm in deutſche Verſe, und verfertigte noch die Lieder: Was kan uns kommen an vor Noth ꝛc. Von allen Menſchen abgewandt ꝛc. Hilf uns in deinem Namen. ꝛc. *) Der deutſche Brief Luthert vom Donnerſtage nach Bartholomaͤi 1540 ertheilet dem Rath zu Riga die Nachricht von der Lehre und dem Leben des Magiſter Engelbrechts. Der lateiniſche iſt an Georgium Sicambrum, einen Prediger, gerichtet, welcher in ſchwere Anfechtungen gerathen, und daher von Luthern kraͤftig aufgemuntert und getroͤſtet wird. Wittenberg, feria 6 poſt purificationis 1540. Der dritte vom letzten October 1537 an einen E. Rath in Sa- chen zwiſchen Johan Kannengieſſer und Barbar Goͤche, iſt eine bloſſe Abſchrift, und betrift die Eheſcheidung. k) Jn denen noch unausgeriſſenen Blaͤttern ſeines Buchs iſt folgende Nachricht aufbehal- ten worden. Jnt A a a

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/203>, abgerufen am 27.11.2024.