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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
thur Rupert zu Vellyn erbot sich zur Walfahrt, wenn man ihm den Character
eines Ordensgesandten zugestehen wolte. Er gieng auch auf Kosten der Ordens-
kasse fort, und nahm den damaligen berühmten Ordenssyndicus, Dionys Fa-
bri,
als Worthalter mit sich. Beide begaben sich mit einer Bedeckung von 50
Reutern an den päpstlichen und kaiserlichen Hof, wo sie Pässe erhielten, und
nach einiger Zeit aus Jerusalem glücklich wieder in Liefland anlangten.

1505

Der römische Kaiser Maximilian gab dem Ordensmeister auf drey Jahr
die Zolgerechtigkeit, vermöge welcher alle deutsche Schiffe von 1000 Fl. den
zwanzigsten Pfennig, von 10000 den 30sten, von grössern Summen den 40sten
Pfennig zur Erholung der Stände abgeben musten. Die Ungehorsamen fallen
in Reichsarrest und Oberacht, die Obrigkeit aber, so nicht darüber hält, in
Strafe von 100 Mark löthigen Goldes. Gegeben zu Brüssel, am 13ten
Sept. und wiederholet zu Mecheln, den 19ten Sept. Dergleichen Versiche-
rung gaben auch vier Churfürsten Freitags nach Cantate zu Oberwesel,
1506auf ihre Unterthanen, daß sie in den liefländischen Häfen den Zol nach dieser
kaiserlichen Taxe erlegen solten.

Als Plettenberg durch diese ausgewürkte Verordnung dem Lande gerathen
sahe, so legte er sich weiter auf die Verbesserung der Policey, und schafte die liefl. alt-
1507deutschen Misbräuche mit Ernst ab. Er verfaste zu Wolmer, am St. Ja-
cobitage,
in 11 Artikeln einen Befehl über die Morgengabe und Begiftung
auf Hochzeiten, deren vornehmster Jnhalt ist: Die Braut sol an Geschmeide
nichts mehr erhalten als 10 Mark löthig, und niemand mehr beschenken ausser der
Braut und des Bräutigams Mutter, jede mit einem Nobel, (Rosenobel) jede
von der Braut Schwestern mit einem rheinischen Gulden, den Bräutigam mit
einem Hemde, von Werth eines rheinischen Guldens, jeden Knecht mit einer
Mark; welche Verordnung doch nicht mit auf Harrien und Wierland aus-
zudehnen ist, als deren Privilegien zu unwiederruflichen Zeiten aufs neue hiermit
bestätiget werden. Die Appellation in fremde Lande ward hart verboten*).

Die Stände in Liefland sandten ihre Boten Johan Hildorp, Meister
1509Johan Oldenson, Kanzler, Johan Kammern und Karsten Söge,
an den Kaiser und Herrn aller Reussen, Waßilie, mit welchem folgendes ver-
abredet ward. Die alten Kreuzküssungen bleiben in Würden. Die Kaufman-
schaft wird auf altem Fus getrieben. Die Liefländer versprechen, mit Pohlen
und Litthauen kein Bündnis zu errichten. Die rußischen Kaufleute geniessen
gute Aufnahme und allen Schutz. Die rußischen Kirchen in Liefland wer-
den reinlich und unbeschädigt gehalten, alles nach dem alten Gebrauch. Wie
dieser Brief auf die Einwohner von Grosnogarden gerichtet ist; so ist zu
gleicher Zeit einer von eben dem Jnhalt für die plescowischen Russen ausgestel-
let. Beide sind unterzeichnet: Grosnogarden, den 25 Merz im 7017ten
Jahr d).

Der
*) Wie die liefländischen Stände vor Alters die unter ihnen entstandenen Streitigkeiteu mehrentheils
dem päpstlichen, oftmals auch dem kaiserlichen Hofe, oder gar dem kaiserlichen Kammergerichte,
als den Schiedsrichterstühlen der gesamten Christenheit, zur Entscheidung überliessen; so durf-
ten Privatpersonen sich dieser Rechtsgänge nicht bedienen, sondern musten sich an dem inländi-
schen Urtheil begnügen lassen, welches die gesamten Stände durch ihre Gevolmächtigten in der
letztern Jnstanz gesprochen hatten. Die Appellationsordnung läst sich am deutlichsten aus einem
uns
d) Dieser constantinopolitanischen Zeitrechnung bedienten sich die Russen damals in
allen öffentlichen Unterhandlungen; worinne sie mit den Griechen, Bulgaren, Jlly-
riern, Albaniern, Georgianern
und andern Nachbaren überein stimmen. Sie
brauchen selbige auch in Kirchensachen noch heutiges Tages. Man darf nur die Jahre
5508 davon abziehen, so hat man die europäische Jahrrechnung. Die Friedens-
schlüsse mit Rusland sind in vorigen Zeiten alle nach dieser Rechnung eingerichtet.
Jn diesen Jnstrumenten mus man nur die Ausdrücke richtig erklären. Es heist nem-
lich in allen Briefschaften; die liefländischen Boten wären gekommen, ihre Häupter
zu

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
thur Rupert zu Vellyn erbot ſich zur Walfahrt, wenn man ihm den Character
eines Ordensgeſandten zugeſtehen wolte. Er gieng auch auf Koſten der Ordens-
kaſſe fort, und nahm den damaligen beruͤhmten Ordensſyndicus, Dionys Fa-
bri,
als Worthalter mit ſich. Beide begaben ſich mit einer Bedeckung von 50
Reutern an den paͤpſtlichen und kaiſerlichen Hof, wo ſie Paͤſſe erhielten, und
nach einiger Zeit aus Jeruſalem gluͤcklich wieder in Liefland anlangten.

1505

Der roͤmiſche Kaiſer Maximilian gab dem Ordensmeiſter auf drey Jahr
die Zolgerechtigkeit, vermoͤge welcher alle deutſche Schiffe von 1000 Fl. den
zwanzigſten Pfennig, von 10000 den 30ſten, von groͤſſern Summen den 40ſten
Pfennig zur Erholung der Staͤnde abgeben muſten. Die Ungehorſamen fallen
in Reichsarreſt und Oberacht, die Obrigkeit aber, ſo nicht daruͤber haͤlt, in
Strafe von 100 Mark loͤthigen Goldes. Gegeben zu Bruͤſſel, am 13ten
Sept. und wiederholet zu Mecheln, den 19ten Sept. Dergleichen Verſiche-
rung gaben auch vier Churfuͤrſten Freitags nach Cantate zu Oberweſel,
1506auf ihre Unterthanen, daß ſie in den lieflaͤndiſchen Haͤfen den Zol nach dieſer
kaiſerlichen Taxe erlegen ſolten.

Als Plettenberg durch dieſe ausgewuͤrkte Verordnung dem Lande gerathen
ſahe, ſo legte er ſich weiter auf die Verbeſſerung der Policey, und ſchafte die liefl. alt-
1507deutſchen Misbraͤuche mit Ernſt ab. Er verfaſte zu Wolmer, am St. Ja-
cobitage,
in 11 Artikeln einen Befehl uͤber die Morgengabe und Begiftung
auf Hochzeiten, deren vornehmſter Jnhalt iſt: Die Braut ſol an Geſchmeide
nichts mehr erhalten als 10 Mark loͤthig, und niemand mehr beſchenken auſſer der
Braut und des Braͤutigams Mutter, jede mit einem Nobel, (Roſenobel) jede
von der Braut Schweſtern mit einem rheiniſchen Gulden, den Braͤutigam mit
einem Hemde, von Werth eines rheiniſchen Guldens, jeden Knecht mit einer
Mark; welche Verordnung doch nicht mit auf Harrien und Wierland aus-
zudehnen iſt, als deren Privilegien zu unwiederruflichen Zeiten aufs neue hiermit
beſtaͤtiget werden. Die Appellation in fremde Lande ward hart verboten*).

Die Staͤnde in Liefland ſandten ihre Boten Johan Hildorp, Meiſter
1509Johan Oldenſon, Kanzler, Johan Kammern und Karſten Soͤge,
an den Kaiſer und Herrn aller Reuſſen, Waßilie, mit welchem folgendes ver-
abredet ward. Die alten Kreuzkuͤſſungen bleiben in Wuͤrden. Die Kaufman-
ſchaft wird auf altem Fus getrieben. Die Lieflaͤnder verſprechen, mit Pohlen
und Litthauen kein Buͤndnis zu errichten. Die rußiſchen Kaufleute genieſſen
gute Aufnahme und allen Schutz. Die rußiſchen Kirchen in Liefland wer-
den reinlich und unbeſchaͤdigt gehalten, alles nach dem alten Gebrauch. Wie
dieſer Brief auf die Einwohner von Grosnogarden gerichtet iſt; ſo iſt zu
gleicher Zeit einer von eben dem Jnhalt fuͤr die plescowiſchen Ruſſen ausgeſtel-
let. Beide ſind unterzeichnet: Grosnogarden, den 25 Merz im 7017ten
Jahr d).

Der
*) Wie die lieflaͤndiſchen Staͤnde vor Alters die unter ihnen entſtandenen Streitigkeiteu mehrentheils
dem paͤpſtlichen, oftmals auch dem kaiſerlichen Hofe, oder gar dem kaiſerlichen Kammergerichte,
als den Schiedsrichterſtuͤhlen der geſamten Chriſtenheit, zur Entſcheidung uͤberlieſſen; ſo durf-
ten Privatperſonen ſich dieſer Rechtsgaͤnge nicht bedienen, ſondern muſten ſich an dem inlaͤndi-
ſchen Urtheil begnuͤgen laſſen, welches die geſamten Staͤnde durch ihre Gevolmaͤchtigten in der
letztern Jnſtanz geſprochen hatten. Die Appellationsordnung laͤſt ſich am deutlichſten aus einem
uns
d) Dieſer conſtantinopolitaniſchen Zeitrechnung bedienten ſich die Ruſſen damals in
allen oͤffentlichen Unterhandlungen; worinne ſie mit den Griechen, Bulgaren, Jlly-
riern, Albaniern, Georgianern
und andern Nachbaren uͤberein ſtimmen. Sie
brauchen ſelbige auch in Kirchenſachen noch heutiges Tages. Man darf nur die Jahre
5508 davon abziehen, ſo hat man die europaͤiſche Jahrrechnung. Die Friedens-
ſchluͤſſe mit Rusland ſind in vorigen Zeiten alle nach dieſer Rechnung eingerichtet.
Jn dieſen Jnſtrumenten mus man nur die Ausdruͤcke richtig erklaͤren. Es heiſt nem-
lich in allen Briefſchaften; die lieflaͤndiſchen Boten waͤren gekommen, ihre Haͤupter
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[177/0196] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, thur Rupert zu Vellyn erbot ſich zur Walfahrt, wenn man ihm den Character eines Ordensgeſandten zugeſtehen wolte. Er gieng auch auf Koſten der Ordens- kaſſe fort, und nahm den damaligen beruͤhmten Ordensſyndicus, Dionys Fa- bri, als Worthalter mit ſich. Beide begaben ſich mit einer Bedeckung von 50 Reutern an den paͤpſtlichen und kaiſerlichen Hof, wo ſie Paͤſſe erhielten, und nach einiger Zeit aus Jeruſalem gluͤcklich wieder in Liefland anlangten. Der roͤmiſche Kaiſer Maximilian gab dem Ordensmeiſter auf drey Jahr die Zolgerechtigkeit, vermoͤge welcher alle deutſche Schiffe von 1000 Fl. den zwanzigſten Pfennig, von 10000 den 30ſten, von groͤſſern Summen den 40ſten Pfennig zur Erholung der Staͤnde abgeben muſten. Die Ungehorſamen fallen in Reichsarreſt und Oberacht, die Obrigkeit aber, ſo nicht daruͤber haͤlt, in Strafe von 100 Mark loͤthigen Goldes. Gegeben zu Bruͤſſel, am 13ten Sept. und wiederholet zu Mecheln, den 19ten Sept. Dergleichen Verſiche- rung gaben auch vier Churfuͤrſten Freitags nach Cantate zu Oberweſel, auf ihre Unterthanen, daß ſie in den lieflaͤndiſchen Haͤfen den Zol nach dieſer kaiſerlichen Taxe erlegen ſolten. 1506 Als Plettenberg durch dieſe ausgewuͤrkte Verordnung dem Lande gerathen ſahe, ſo legte er ſich weiter auf die Verbeſſerung der Policey, und ſchafte die liefl. alt- deutſchen Misbraͤuche mit Ernſt ab. Er verfaſte zu Wolmer, am St. Ja- cobitage, in 11 Artikeln einen Befehl uͤber die Morgengabe und Begiftung auf Hochzeiten, deren vornehmſter Jnhalt iſt: Die Braut ſol an Geſchmeide nichts mehr erhalten als 10 Mark loͤthig, und niemand mehr beſchenken auſſer der Braut und des Braͤutigams Mutter, jede mit einem Nobel, (Roſenobel) jede von der Braut Schweſtern mit einem rheiniſchen Gulden, den Braͤutigam mit einem Hemde, von Werth eines rheiniſchen Guldens, jeden Knecht mit einer Mark; welche Verordnung doch nicht mit auf Harrien und Wierland aus- zudehnen iſt, als deren Privilegien zu unwiederruflichen Zeiten aufs neue hiermit beſtaͤtiget werden. Die Appellation in fremde Lande ward hart verboten *). 1507 Die Staͤnde in Liefland ſandten ihre Boten Johan Hildorp, Meiſter Johan Oldenſon, Kanzler, Johan Kammern und Karſten Soͤge, an den Kaiſer und Herrn aller Reuſſen, Waßilie, mit welchem folgendes ver- abredet ward. Die alten Kreuzkuͤſſungen bleiben in Wuͤrden. Die Kaufman- ſchaft wird auf altem Fus getrieben. Die Lieflaͤnder verſprechen, mit Pohlen und Litthauen kein Buͤndnis zu errichten. Die rußiſchen Kaufleute genieſſen gute Aufnahme und allen Schutz. Die rußiſchen Kirchen in Liefland wer- den reinlich und unbeſchaͤdigt gehalten, alles nach dem alten Gebrauch. Wie dieſer Brief auf die Einwohner von Grosnogarden gerichtet iſt; ſo iſt zu gleicher Zeit einer von eben dem Jnhalt fuͤr die plescowiſchen Ruſſen ausgeſtel- let. Beide ſind unterzeichnet: Grosnogarden, den 25 Merz im 7017ten Jahr d). 1509 Der *) Wie die lieflaͤndiſchen Staͤnde vor Alters die unter ihnen entſtandenen Streitigkeiteu mehrentheils dem paͤpſtlichen, oftmals auch dem kaiſerlichen Hofe, oder gar dem kaiſerlichen Kammergerichte, als den Schiedsrichterſtuͤhlen der geſamten Chriſtenheit, zur Entſcheidung uͤberlieſſen; ſo durf- ten Privatperſonen ſich dieſer Rechtsgaͤnge nicht bedienen, ſondern muſten ſich an dem inlaͤndi- ſchen Urtheil begnuͤgen laſſen, welches die geſamten Staͤnde durch ihre Gevolmaͤchtigten in der letztern Jnſtanz geſprochen hatten. Die Appellationsordnung laͤſt ſich am deutlichſten aus einem uns d) Dieſer conſtantinopolitaniſchen Zeitrechnung bedienten ſich die Ruſſen damals in allen oͤffentlichen Unterhandlungen; worinne ſie mit den Griechen, Bulgaren, Jlly- riern, Albaniern, Georgianern und andern Nachbaren uͤberein ſtimmen. Sie brauchen ſelbige auch in Kirchenſachen noch heutiges Tages. Man darf nur die Jahre 5508 davon abziehen, ſo hat man die europaͤiſche Jahrrechnung. Die Friedens- ſchluͤſſe mit Rusland ſind in vorigen Zeiten alle nach dieſer Rechnung eingerichtet. Jn dieſen Jnſtrumenten mus man nur die Ausdruͤcke richtig erklaͤren. Es heiſt nem- lich in allen Briefſchaften; die lieflaͤndiſchen Boten waͤren gekommen, ihre Haͤupter zu

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/196>, abgerufen am 23.11.2024.