Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1479Papst den neapolitanischen Cardinal und Bischof von Albanien zum Schieds-
man, und gab ihm Compulsoriales mit, daß alle bey Strafe des Bannes die
Briefschaften des Erzbischofs ausliefern solten.

Der Erzbischof Silvester, Metropolit der Lande Lief-Est-Lett-Cur-
land und Preussen, des heil. römischen Kaiserreichs Fürst, ingleichen
Georg, Doctor der geistlichen Rechte und Propst, Ditmar, Dechant, und
das ganze Kapitel, desgleichen die Ritter Hr. Hinrich von Hohenberge,
Hauptman, Hr. Engelbrecht von Tisenhausen, Hr. Detlef von Tiesenhau-
sen, Hr. Engelbrecht Same, Hinrich von Ungern, Wollmar Uxkül,
Kersten von Rosen, Vogt zu Treyden, und Jürgen Cursell, Vogt zu
Kokenhausen, traten dis Jahr in ein bedenkliches Bündnis mit dem Erzbischof
Jacob zu Upsal, dem Bischof Johan zu Stregnes, dem Herrn Steno
Sture, des Reichs Schweden Vorständer, Hrn. Nils Sture, Hrn.
Gustav Carlsson und andern Reichsräthen. Jene klagen, daß der Meister
Berend von der Borg ausser der Stadt Riga ihre Schlösser, Leute, Länder,
Gewässer und Ströme abgedrungen, und weder der Orden noch die Stadt
sich an die päpstlichen Bullen, noch an die erzbischöflichen guten lateinischen
Vermahnungen etwas kehren wollen; daher sie aus Noth obige von päpstlicher
und kaiserlichen Gewalt verordnete Kirchenbeschirmer um Hülfe ersuchen müssen.
Sie versprechen den überschickten Hülfsvölkern vor allem Schaden und Gefäng-
nis zu stehen, bedingen sich aber ein gleiches für ihre Völker aus, wenn sie
Schweden zur Behauptung ihres vermeinten Rechts auf Harrien und Wier-
land, helfen solten. Sie wollen mit Schweden die Helfte der wiedereroberten
Stiftsgüter theilen, welche bisher der Orden unrechtmäßiger Weise in seine Ge-
walt bekommen. Dieser Bund brachte aber den Orden erst recht in die Hitze.
Der Meister holete den Erzbischof selbst von Kokenhausen weg, und verbrante
mit dem Schlosse das ganze schöne Archiv; Silvester war in der Gefangenschaft
und starb vor Gram, oder, wie einige fälschlich muthmassen an beigebrachtem
Gifte c), am St. Margarethenabend, und ward vor dem hohen Altar im Dom
zu Riga begraben, nachdem er 30 Jahr seinem Amte vorgestanden.

Papst
c) Was sagte Sixtus der IVte zu diesem unwürdigen Tractament des Erzbischofs? Un-
fehlbar nicht viel mehrers, als er auf die Nachricht von der Hinrichtung des samländi-
schen Bischofs Diedrichs sagte: Deleatur pressima illa nigra crux. Maledictus
enim ordo, vbi Laicus regit super Clerum. Erpold Lindenbrog in Scriptoribus
Septentrionalibus führet aus einer slavischen Chronik an, daß der Erzbischof damals
seine Banbriefe durch den rigischen Propst Lippold wieder Meister Berndten an
die Stadt Lübeck und andre Städte herum gesandt, man habe aber dem Propst in
Preussen Gift beigebracht, woran er sterben müssen. Des Chronikenschreibers Urtheil
klingt artig: Monachus peruersus deficit prae omnibus deficientibus; et si proficit
monachus bonus, melior eo homo non est. D. i. ein liederlicher Pfaffe sündiget
viel mehr als alle Sünder, thut aber ein frommer Pfaffe was guts, so ist kein bessrer Kerl
in der Welt als er. Dieses Propsts Vergiftung scheinet man in der Geschichte mit der
Hinrichtung des Erzbischofs verwechselt zu haben. Das neue Epigramma beim Chy-
träus S. 297 ist zu jung, und folget den Unrichtigkeiten einer alten geschriebenen lief-
ländischen Chronik, welche berichtet, daß Osthoff den Erzbischof belagert, und ihn,
weil er alt und kindisch gewesen, auch bey dem Orden und Kirchen nicht wie sichs ge-
bührte gehandelt, in Verhaft genommen, in welchem Gefängnis ihn Berndt von der
Borg am 13ten Jul. mit Gift hinrichten lassen. Es streitet solches gegen die Urkun-
den, in welchen der Erzbischof Silvester noch dieses Jahr stehet, und also nicht über
7 Jahr gefangen gehalten worden. Seine Vergiftung haben wol die Pfaffen ausge-
sprenget. Es ist schwer zu vermuthen, daß der Orden einen ehmaligen Mitbruder,
der als Ordenskanzler in wichtigen Gesandschaften so ansehnliche Dienste gethan, daß
sie ihn zum Erzbischof bestellet, und der als ein grosser Rechtsgelehrter durch das herr-
liche Privilegium sich die ganze Ritterschaft verbindlich gemacht, auf eine so niederträch-
tige Art hingerichtet haben solte, und doch gleichwol sich keiner dabey rühren wollen.
Des Erzbischofs Frau Schwester hies Margaretha, und vermählte sich an Ber-
tram

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1479Papſt den neapolitaniſchen Cardinal und Biſchof von Albanien zum Schieds-
man, und gab ihm Compulſoriales mit, daß alle bey Strafe des Bannes die
Briefſchaften des Erzbiſchofs ausliefern ſolten.

Der Erzbiſchof Silveſter, Metropolit der Lande Lief-Eſt-Lett-Cur-
land und Preuſſen, des heil. roͤmiſchen Kaiſerreichs Fuͤrſt, ingleichen
Georg, Doctor der geiſtlichen Rechte und Propſt, Ditmar, Dechant, und
das ganze Kapitel, desgleichen die Ritter Hr. Hinrich von Hohenberge,
Hauptman, Hr. Engelbrecht von Tiſenhauſen, Hr. Detlef von Tieſenhau-
ſen, Hr. Engelbrecht Same, Hinrich von Ungern, Wollmar Uxkuͤl,
Kerſten von Roſen, Vogt zu Treyden, und Juͤrgen Curſell, Vogt zu
Kokenhauſen, traten dis Jahr in ein bedenkliches Buͤndnis mit dem Erzbiſchof
Jacob zu Upſal, dem Biſchof Johan zu Stregnes, dem Herrn Steno
Sture, des Reichs Schweden Vorſtaͤnder, Hrn. Nils Sture, Hrn.
Guſtav Carlſſon und andern Reichsraͤthen. Jene klagen, daß der Meiſter
Berend von der Borg auſſer der Stadt Riga ihre Schloͤſſer, Leute, Laͤnder,
Gewaͤſſer und Stroͤme abgedrungen, und weder der Orden noch die Stadt
ſich an die paͤpſtlichen Bullen, noch an die erzbiſchoͤflichen guten lateiniſchen
Vermahnungen etwas kehren wollen; daher ſie aus Noth obige von paͤpſtlicher
und kaiſerlichen Gewalt verordnete Kirchenbeſchirmer um Huͤlfe erſuchen muͤſſen.
Sie verſprechen den uͤberſchickten Huͤlfsvoͤlkern vor allem Schaden und Gefaͤng-
nis zu ſtehen, bedingen ſich aber ein gleiches fuͤr ihre Voͤlker aus, wenn ſie
Schweden zur Behauptung ihres vermeinten Rechts auf Harrien und Wier-
land, helfen ſolten. Sie wollen mit Schweden die Helfte der wiedereroberten
Stiftsguͤter theilen, welche bisher der Orden unrechtmaͤßiger Weiſe in ſeine Ge-
walt bekommen. Dieſer Bund brachte aber den Orden erſt recht in die Hitze.
Der Meiſter holete den Erzbiſchof ſelbſt von Kokenhauſen weg, und verbrante
mit dem Schloſſe das ganze ſchoͤne Archiv; Silveſter war in der Gefangenſchaft
und ſtarb vor Gram, oder, wie einige faͤlſchlich muthmaſſen an beigebrachtem
Gifte c), am St. Margarethenabend, und ward vor dem hohen Altar im Dom
zu Riga begraben, nachdem er 30 Jahr ſeinem Amte vorgeſtanden.

Papſt
c) Was ſagte Sixtus der IVte zu dieſem unwuͤrdigen Tractament des Erzbiſchofs? Un-
fehlbar nicht viel mehrers, als er auf die Nachricht von der Hinrichtung des ſamlaͤndi-
ſchen Biſchofs Diedrichs ſagte: Deleatur preſſima illa nigra crux. Maledictus
enim ordo, vbi Laicus regit ſuper Clerum. Erpold Lindenbrog in Scriptoribus
Septentrionalibus fuͤhret aus einer ſlaviſchen Chronik an, daß der Erzbiſchof damals
ſeine Banbriefe durch den rigiſchen Propſt Lippold wieder Meiſter Berndten an
die Stadt Luͤbeck und andre Staͤdte herum geſandt, man habe aber dem Propſt in
Preuſſen Gift beigebracht, woran er ſterben muͤſſen. Des Chronikenſchreibers Urtheil
klingt artig: Monachus peruerſus deficit præ omnibus deficientibus; et ſi proficit
monachus bonus, melior eo homo non eſt. D. i. ein liederlicher Pfaffe ſuͤndiget
viel mehr als alle Suͤnder, thut aber ein frommer Pfaffe was guts, ſo iſt kein beſſrer Kerl
in der Welt als er. Dieſes Propſts Vergiftung ſcheinet man in der Geſchichte mit der
Hinrichtung des Erzbiſchofs verwechſelt zu haben. Das neue Epigramma beim Chy-
traͤus S. 297 iſt zu jung, und folget den Unrichtigkeiten einer alten geſchriebenen lief-
laͤndiſchen Chronik, welche berichtet, daß Oſthoff den Erzbiſchof belagert, und ihn,
weil er alt und kindiſch geweſen, auch bey dem Orden und Kirchen nicht wie ſichs ge-
buͤhrte gehandelt, in Verhaft genommen, in welchem Gefaͤngnis ihn Berndt von der
Borg am 13ten Jul. mit Gift hinrichten laſſen. Es ſtreitet ſolches gegen die Urkun-
den, in welchen der Erzbiſchof Silveſter noch dieſes Jahr ſtehet, und alſo nicht uͤber
7 Jahr gefangen gehalten worden. Seine Vergiftung haben wol die Pfaffen ausge-
ſprenget. Es iſt ſchwer zu vermuthen, daß der Orden einen ehmaligen Mitbruder,
der als Ordenskanzler in wichtigen Geſandſchaften ſo anſehnliche Dienſte gethan, daß
ſie ihn zum Erzbiſchof beſtellet, und der als ein groſſer Rechtsgelehrter durch das herr-
liche Privilegium ſich die ganze Ritterſchaft verbindlich gemacht, auf eine ſo niedertraͤch-
tige Art hingerichtet haben ſolte, und doch gleichwol ſich keiner dabey ruͤhren wollen.
Des Erzbiſchofs Frau Schweſter hies Margaretha, und vermaͤhlte ſich an Ber-
tram
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0174" n="156"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Leben und Thaten der liefla&#x0364;ndi&#x017F;chen Ordensmei&#x017F;ter,</hi></fw><lb/><note place="left">1479</note>Pap&#x017F;t den <hi rendition="#fr">neapolitani&#x017F;chen</hi> Cardinal und Bi&#x017F;chof von <hi rendition="#fr">Albanien</hi> zum Schieds-<lb/>
man, und gab ihm <hi rendition="#aq">Compul&#x017F;oriales</hi> mit, daß alle bey Strafe des Bannes die<lb/>
Brief&#x017F;chaften des Erzbi&#x017F;chofs ausliefern &#x017F;olten.</p><lb/>
        <p>Der Erzbi&#x017F;chof <hi rendition="#fr">Silve&#x017F;ter,</hi> Metropolit der Lande <hi rendition="#fr">Lief-E&#x017F;t-Lett-Cur-<lb/>
land</hi> und <hi rendition="#fr">Preu&#x017F;&#x017F;en,</hi> des heil. <hi rendition="#fr">ro&#x0364;mi&#x017F;chen</hi> Kai&#x017F;erreichs Fu&#x0364;r&#x017F;t, ingleichen<lb/><hi rendition="#fr">Georg,</hi> Doctor der gei&#x017F;tlichen Rechte und Prop&#x017F;t, <hi rendition="#fr">Ditmar,</hi> Dechant, und<lb/>
das ganze Kapitel, desgleichen die Ritter Hr. <hi rendition="#fr">Hinrich</hi> von <hi rendition="#fr">Hohenberge,</hi><lb/>
Hauptman, Hr. <hi rendition="#fr">Engelbrecht</hi> von <hi rendition="#fr">Ti&#x017F;enhau&#x017F;en,</hi> Hr. <hi rendition="#fr">Detlef</hi> von <hi rendition="#fr">Tie&#x017F;enhau-<lb/>
&#x017F;en,</hi> Hr. <hi rendition="#fr">Engelbrecht Same, Hinrich</hi> von <hi rendition="#fr">Ungern, Wollmar Uxku&#x0364;l,<lb/>
Ker&#x017F;ten</hi> von <hi rendition="#fr">Ro&#x017F;en,</hi> Vogt zu <hi rendition="#fr">Treyden,</hi> und <hi rendition="#fr">Ju&#x0364;rgen Cur&#x017F;ell,</hi> Vogt zu<lb/><hi rendition="#fr">Kokenhau&#x017F;en,</hi> traten dis Jahr in ein bedenkliches Bu&#x0364;ndnis mit dem Erzbi&#x017F;chof<lb/><hi rendition="#fr">Jacob</hi> zu <hi rendition="#fr">Up&#x017F;al,</hi> dem Bi&#x017F;chof <hi rendition="#fr">Johan</hi> zu <hi rendition="#fr">Stregnes,</hi> dem Herrn <hi rendition="#fr">Steno<lb/>
Sture,</hi> des Reichs <hi rendition="#fr">Schweden</hi> Vor&#x017F;ta&#x0364;nder, Hrn. <hi rendition="#fr">Nils Sture,</hi> Hrn.<lb/><hi rendition="#fr">Gu&#x017F;tav Carl&#x017F;&#x017F;on</hi> und andern Reichsra&#x0364;then. Jene klagen, daß der Mei&#x017F;ter<lb/><hi rendition="#fr">Berend</hi> von der <hi rendition="#fr">Borg</hi> au&#x017F;&#x017F;er der Stadt <hi rendition="#fr">Riga</hi> ihre Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, Leute, La&#x0364;nder,<lb/>
Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er und Stro&#x0364;me abgedrungen, und weder der Orden noch die Stadt<lb/>
&#x017F;ich an die pa&#x0364;p&#x017F;tlichen Bullen, noch an die erzbi&#x017F;cho&#x0364;flichen guten <hi rendition="#fr">lateini&#x017F;chen</hi><lb/>
Vermahnungen etwas kehren wollen; daher &#x017F;ie aus Noth obige von pa&#x0364;p&#x017F;tlicher<lb/>
und kai&#x017F;erlichen Gewalt verordnete Kirchenbe&#x017F;chirmer um Hu&#x0364;lfe er&#x017F;uchen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Sie ver&#x017F;prechen den u&#x0364;ber&#x017F;chickten Hu&#x0364;lfsvo&#x0364;lkern vor allem Schaden und Gefa&#x0364;ng-<lb/>
nis zu &#x017F;tehen, bedingen &#x017F;ich aber ein gleiches fu&#x0364;r ihre Vo&#x0364;lker aus, wenn &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#fr">Schweden</hi> zur Behauptung ihres vermeinten Rechts auf <hi rendition="#fr">Harrien</hi> und <hi rendition="#fr">Wier-<lb/>
land,</hi> helfen &#x017F;olten. Sie wollen mit <hi rendition="#fr">Schweden</hi> die Helfte der wiedereroberten<lb/>
Stiftsgu&#x0364;ter theilen, welche bisher der Orden unrechtma&#x0364;ßiger Wei&#x017F;e in &#x017F;eine Ge-<lb/>
walt bekommen. Die&#x017F;er Bund brachte aber den Orden er&#x017F;t recht in die Hitze.<lb/>
Der Mei&#x017F;ter holete den Erzbi&#x017F;chof &#x017F;elb&#x017F;t von <hi rendition="#fr">Kokenhau&#x017F;en</hi> weg, und verbrante<lb/>
mit dem Schlo&#x017F;&#x017F;e das ganze &#x017F;cho&#x0364;ne Archiv; <hi rendition="#fr">Silve&#x017F;ter</hi> war in der Gefangen&#x017F;chaft<lb/>
und &#x017F;tarb vor Gram, oder, wie einige fa&#x0364;l&#x017F;chlich muthma&#x017F;&#x017F;en an beigebrachtem<lb/>
Gifte <note xml:id="h54" next="#h55" place="foot" n="c)">Was &#x017F;agte <hi rendition="#fr">Sixtus</hi> der <hi rendition="#aq">IV</hi>te zu die&#x017F;em unwu&#x0364;rdigen Tractament des Erzbi&#x017F;chofs? Un-<lb/>
fehlbar nicht viel mehrers, als er auf die Nachricht von der Hinrichtung des <hi rendition="#fr">&#x017F;amla&#x0364;ndi-<lb/>
&#x017F;chen</hi> Bi&#x017F;chofs <hi rendition="#fr">Diedrichs</hi> &#x017F;agte: <hi rendition="#aq">Deleatur pre&#x017F;&#x017F;ima illa nigra crux. Maledictus<lb/>
enim ordo, vbi Laicus regit &#x017F;uper Clerum.</hi> <hi rendition="#fr">Erpold Lindenbrog</hi> in <hi rendition="#aq">Scriptoribus<lb/>
Septentrionalibus</hi> fu&#x0364;hret aus einer <hi rendition="#fr">&#x017F;lavi&#x017F;chen</hi> Chronik an, daß der Erzbi&#x017F;chof damals<lb/>
&#x017F;eine Banbriefe durch den <hi rendition="#fr">rigi&#x017F;chen</hi> Prop&#x017F;t <hi rendition="#fr">Lippold</hi> wieder Mei&#x017F;ter <hi rendition="#fr">Berndten</hi> an<lb/>
die Stadt <hi rendition="#fr">Lu&#x0364;beck</hi> und andre Sta&#x0364;dte herum ge&#x017F;andt, man habe aber dem Prop&#x017F;t in<lb/><hi rendition="#fr">Preu&#x017F;&#x017F;en</hi> Gift beigebracht, woran er &#x017F;terben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Des Chroniken&#x017F;chreibers Urtheil<lb/>
klingt artig: <hi rendition="#aq">Monachus peruer&#x017F;us deficit præ omnibus deficientibus; et &#x017F;i proficit<lb/>
monachus bonus, melior eo homo non e&#x017F;t.</hi> D. i. ein liederlicher Pfaffe &#x017F;u&#x0364;ndiget<lb/>
viel mehr als alle Su&#x0364;nder, thut aber ein frommer Pfaffe was guts, &#x017F;o i&#x017F;t kein be&#x017F;&#x017F;rer Kerl<lb/>
in der Welt als er. Die&#x017F;es Prop&#x017F;ts Vergiftung &#x017F;cheinet man in der Ge&#x017F;chichte mit der<lb/>
Hinrichtung des Erzbi&#x017F;chofs verwech&#x017F;elt zu haben. Das neue Epigramma beim <hi rendition="#fr">Chy-<lb/>
tra&#x0364;us</hi> S. 297 i&#x017F;t zu jung, und folget den Unrichtigkeiten einer alten ge&#x017F;chriebenen lief-<lb/>
la&#x0364;ndi&#x017F;chen Chronik, welche berichtet, daß <hi rendition="#fr">O&#x017F;thoff</hi> den Erzbi&#x017F;chof belagert, und ihn,<lb/>
weil er alt und kindi&#x017F;ch gewe&#x017F;en, auch bey dem Orden und Kirchen nicht wie &#x017F;ichs ge-<lb/>
bu&#x0364;hrte gehandelt, in Verhaft genommen, in welchem Gefa&#x0364;ngnis ihn <hi rendition="#fr">Berndt</hi> von der<lb/><hi rendition="#fr">Borg</hi> am 13ten Jul. mit Gift hinrichten la&#x017F;&#x017F;en. Es &#x017F;treitet &#x017F;olches gegen die Urkun-<lb/>
den, in welchen der Erzbi&#x017F;chof <hi rendition="#fr">Silve&#x017F;ter</hi> noch die&#x017F;es Jahr &#x017F;tehet, und al&#x017F;o nicht u&#x0364;ber<lb/>
7 Jahr gefangen gehalten worden. Seine Vergiftung haben wol die Pfaffen ausge-<lb/>
&#x017F;prenget. Es i&#x017F;t &#x017F;chwer zu vermuthen, daß der Orden einen ehmaligen Mitbruder,<lb/>
der als Ordenskanzler in wichtigen Ge&#x017F;and&#x017F;chaften &#x017F;o an&#x017F;ehnliche Dien&#x017F;te gethan, daß<lb/>
&#x017F;ie ihn zum Erzbi&#x017F;chof be&#x017F;tellet, und der als ein gro&#x017F;&#x017F;er Rechtsgelehrter durch das herr-<lb/>
liche Privilegium &#x017F;ich die ganze Ritter&#x017F;chaft verbindlich gemacht, auf eine &#x017F;o niedertra&#x0364;ch-<lb/>
tige Art hingerichtet haben &#x017F;olte, und doch gleichwol &#x017F;ich keiner dabey ru&#x0364;hren wollen.<lb/>
Des Erzbi&#x017F;chofs Frau Schwe&#x017F;ter hies <hi rendition="#fr">Margaretha,</hi> und verma&#x0364;hlte &#x017F;ich an <hi rendition="#fr">Ber-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">tram</hi></fw></note>, am St. <hi rendition="#fr">Margarethen</hi>abend, und ward vor dem hohen Altar im Dom<lb/>
zu <hi rendition="#fr">Riga</hi> begraben, nachdem er 30 Jahr &#x017F;einem Amte vorge&#x017F;tanden.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Pap&#x017F;t</fw><lb/><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0174] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, Papſt den neapolitaniſchen Cardinal und Biſchof von Albanien zum Schieds- man, und gab ihm Compulſoriales mit, daß alle bey Strafe des Bannes die Briefſchaften des Erzbiſchofs ausliefern ſolten. 1479 Der Erzbiſchof Silveſter, Metropolit der Lande Lief-Eſt-Lett-Cur- land und Preuſſen, des heil. roͤmiſchen Kaiſerreichs Fuͤrſt, ingleichen Georg, Doctor der geiſtlichen Rechte und Propſt, Ditmar, Dechant, und das ganze Kapitel, desgleichen die Ritter Hr. Hinrich von Hohenberge, Hauptman, Hr. Engelbrecht von Tiſenhauſen, Hr. Detlef von Tieſenhau- ſen, Hr. Engelbrecht Same, Hinrich von Ungern, Wollmar Uxkuͤl, Kerſten von Roſen, Vogt zu Treyden, und Juͤrgen Curſell, Vogt zu Kokenhauſen, traten dis Jahr in ein bedenkliches Buͤndnis mit dem Erzbiſchof Jacob zu Upſal, dem Biſchof Johan zu Stregnes, dem Herrn Steno Sture, des Reichs Schweden Vorſtaͤnder, Hrn. Nils Sture, Hrn. Guſtav Carlſſon und andern Reichsraͤthen. Jene klagen, daß der Meiſter Berend von der Borg auſſer der Stadt Riga ihre Schloͤſſer, Leute, Laͤnder, Gewaͤſſer und Stroͤme abgedrungen, und weder der Orden noch die Stadt ſich an die paͤpſtlichen Bullen, noch an die erzbiſchoͤflichen guten lateiniſchen Vermahnungen etwas kehren wollen; daher ſie aus Noth obige von paͤpſtlicher und kaiſerlichen Gewalt verordnete Kirchenbeſchirmer um Huͤlfe erſuchen muͤſſen. Sie verſprechen den uͤberſchickten Huͤlfsvoͤlkern vor allem Schaden und Gefaͤng- nis zu ſtehen, bedingen ſich aber ein gleiches fuͤr ihre Voͤlker aus, wenn ſie Schweden zur Behauptung ihres vermeinten Rechts auf Harrien und Wier- land, helfen ſolten. Sie wollen mit Schweden die Helfte der wiedereroberten Stiftsguͤter theilen, welche bisher der Orden unrechtmaͤßiger Weiſe in ſeine Ge- walt bekommen. Dieſer Bund brachte aber den Orden erſt recht in die Hitze. Der Meiſter holete den Erzbiſchof ſelbſt von Kokenhauſen weg, und verbrante mit dem Schloſſe das ganze ſchoͤne Archiv; Silveſter war in der Gefangenſchaft und ſtarb vor Gram, oder, wie einige faͤlſchlich muthmaſſen an beigebrachtem Gifte c), am St. Margarethenabend, und ward vor dem hohen Altar im Dom zu Riga begraben, nachdem er 30 Jahr ſeinem Amte vorgeſtanden. Papſt c) Was ſagte Sixtus der IVte zu dieſem unwuͤrdigen Tractament des Erzbiſchofs? Un- fehlbar nicht viel mehrers, als er auf die Nachricht von der Hinrichtung des ſamlaͤndi- ſchen Biſchofs Diedrichs ſagte: Deleatur preſſima illa nigra crux. Maledictus enim ordo, vbi Laicus regit ſuper Clerum. Erpold Lindenbrog in Scriptoribus Septentrionalibus fuͤhret aus einer ſlaviſchen Chronik an, daß der Erzbiſchof damals ſeine Banbriefe durch den rigiſchen Propſt Lippold wieder Meiſter Berndten an die Stadt Luͤbeck und andre Staͤdte herum geſandt, man habe aber dem Propſt in Preuſſen Gift beigebracht, woran er ſterben muͤſſen. Des Chronikenſchreibers Urtheil klingt artig: Monachus peruerſus deficit præ omnibus deficientibus; et ſi proficit monachus bonus, melior eo homo non eſt. D. i. ein liederlicher Pfaffe ſuͤndiget viel mehr als alle Suͤnder, thut aber ein frommer Pfaffe was guts, ſo iſt kein beſſrer Kerl in der Welt als er. Dieſes Propſts Vergiftung ſcheinet man in der Geſchichte mit der Hinrichtung des Erzbiſchofs verwechſelt zu haben. Das neue Epigramma beim Chy- traͤus S. 297 iſt zu jung, und folget den Unrichtigkeiten einer alten geſchriebenen lief- laͤndiſchen Chronik, welche berichtet, daß Oſthoff den Erzbiſchof belagert, und ihn, weil er alt und kindiſch geweſen, auch bey dem Orden und Kirchen nicht wie ſichs ge- buͤhrte gehandelt, in Verhaft genommen, in welchem Gefaͤngnis ihn Berndt von der Borg am 13ten Jul. mit Gift hinrichten laſſen. Es ſtreitet ſolches gegen die Urkun- den, in welchen der Erzbiſchof Silveſter noch dieſes Jahr ſtehet, und alſo nicht uͤber 7 Jahr gefangen gehalten worden. Seine Vergiftung haben wol die Pfaffen ausge- ſprenget. Es iſt ſchwer zu vermuthen, daß der Orden einen ehmaligen Mitbruder, der als Ordenskanzler in wichtigen Geſandſchaften ſo anſehnliche Dienſte gethan, daß ſie ihn zum Erzbiſchof beſtellet, und der als ein groſſer Rechtsgelehrter durch das herr- liche Privilegium ſich die ganze Ritterſchaft verbindlich gemacht, auf eine ſo niedertraͤch- tige Art hingerichtet haben ſolte, und doch gleichwol ſich keiner dabey ruͤhren wollen. Des Erzbiſchofs Frau Schweſter hies Margaretha, und vermaͤhlte ſich an Ber- tram

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/174
Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/174>, abgerufen am 23.11.2024.