[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.von 1206 bis 1207. digten die Geisseln aus, versprachen die Taufe und die Sacramente anzunehmen,1206schaften die Litthauer von sich und gelobten den Christen in allem Gehorsam an. Da sie nun ihre Knaben ausgeliefert hatten, ließ sich die Armee besänftigen; wor- auf der Abt und Präpositus mit andern Priestern zu ihnen hinauf ins Schloß stie- gen, sie zum Glauben auführten und unterrichteten, die Burg mit Weihwasser be- sprengten; die Fahne der heiligen Jungfrau Maria auf das Schloß pflanzten, sich über die Bekehrung der Heiden freueten, GOtt für das Wachsthum seiner Gemeine priesen, und mit den Letthgallen und Liven frölich nach ihrem Lande kehrten. h) Seleburg liegt an der Düne oberhalb Kokenhusen, am Ufer nach Semgallen, so nachher die Residenz des Bischofs von Semgallen geworden, der deswegen der Sele- burgische Bischof geheissen. §. 7. Zur selben Zeit ward der Priester Alobrand mit einigen andern nach Un- i) Das gehet auf alle Völker, die des Criwe in Preussen Unterthanen waren, und sogar mit auf die Liven, wie Peter von Duisburg part. 3. c. 5. schreibet: Die Preussen fangen selten etwas wichtiges an, wo sie nicht vorher das Loos geworfen, und nach ihrer Manier von ihren Göttern erforschet haben, ob es gut oder schlecht für sie ablaufen werde. §. 8. Es entstand zu dieser Zeit eine Uneinigkeit zwischen dem kleinen König von von *) Hier hat das Revelsche Manuscript: nongentis marcis, um neunhundert Mark. Q 2
von 1206 bis 1207. digten die Geiſſeln aus, verſprachen die Taufe und die Sacramente anzunehmen,1206ſchaften die Litthauer von ſich und gelobten den Chriſten in allem Gehorſam an. Da ſie nun ihre Knaben ausgeliefert hatten, ließ ſich die Armee beſaͤnftigen; wor- auf der Abt und Praͤpoſitus mit andern Prieſtern zu ihnen hinauf ins Schloß ſtie- gen, ſie zum Glauben aufuͤhrten und unterrichteten, die Burg mit Weihwaſſer be- ſprengten; die Fahne der heiligen Jungfrau Maria auf das Schloß pflanzten, ſich uͤber die Bekehrung der Heiden freueten, GOtt fuͤr das Wachsthum ſeiner Gemeine prieſen, und mit den Letthgallen und Liven froͤlich nach ihrem Lande kehrten. h) Seleburg liegt an der Duͤne oberhalb Kokenhuſen, am Ufer nach Semgallen, ſo nachher die Reſidenz des Biſchofs von Semgallen geworden, der deswegen der Sele- burgiſche Biſchof geheiſſen. §. 7. Zur ſelben Zeit ward der Prieſter Alobrand mit einigen andern nach Un- i) Das gehet auf alle Voͤlker, die des Criwe in Preuſſen Unterthanen waren, und ſogar mit auf die Liven, wie Peter von Duisburg part. 3. c. 5. ſchreibet: Die Preuſſen fangen ſelten etwas wichtiges an, wo ſie nicht vorher das Loos geworfen, und nach ihrer Manier von ihren Goͤttern erforſchet haben, ob es gut oder ſchlecht fuͤr ſie ablaufen werde. §. 8. Es entſtand zu dieſer Zeit eine Uneinigkeit zwiſchen dem kleinen Koͤnig von von *) Hier hat das Revelſche Manuſcript: nongentis marcis, um neunhundert Mark. Q 2
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von 1206 bis 1207.
digten die Geiſſeln aus, verſprachen die Taufe und die Sacramente anzunehmen,
ſchaften die Litthauer von ſich und gelobten den Chriſten in allem Gehorſam an.
Da ſie nun ihre Knaben ausgeliefert hatten, ließ ſich die Armee beſaͤnftigen; wor-
auf der Abt und Praͤpoſitus mit andern Prieſtern zu ihnen hinauf ins Schloß ſtie-
gen, ſie zum Glauben aufuͤhrten und unterrichteten, die Burg mit Weihwaſſer be-
ſprengten; die Fahne der heiligen Jungfrau Maria auf das Schloß pflanzten,
ſich uͤber die Bekehrung der Heiden freueten, GOtt fuͤr das Wachsthum ſeiner
Gemeine prieſen, und mit den Letthgallen und Liven froͤlich nach ihrem Lande
kehrten.
1206
h⁾ Seleburg liegt an der Duͤne oberhalb Kokenhuſen, am Ufer nach Semgallen, ſo
nachher die Reſidenz des Biſchofs von Semgallen geworden, der deswegen der Sele-
burgiſche Biſchof geheiſſen.
§. 7.
Zur ſelben Zeit ward der Prieſter Alobrand mit einigen andern nach Un-
gannien geſchickt, die Guͤter der Kaufleute wieder abzufordern, die man ihnen
vor Erbauung der Stadt Riga abgenommen, als ſie nemlich von der Duͤne nach
Pleskow mit Frachtwagen dahin gefahren. Der Stuͤckguͤter waren viel, ſo von
denen Unganniern auf Anſtiften der Liven unterwegens geraubet waren und
kamen auf tauſend Mark *) und mehr zu ſtehen. Die von Ungannien gaben
aber weder die Guͤter heraus, noch einige Antwort von ſich, ſie kuͤnftig zuruͤck zu
liefern. Weswegen Alobrand, der ſich hierum nicht ſonderlich bekuͤmmerte und
den Kopf vol von andern Dingen hatte, zuruͤck kam, und unterwegens den
Letthgallen, die um die Ymer wohnten, das Wort GOttes von Annehmung
der Taufe predigte, zumal, da ſchon ganz Liefland und viele von den Letthgal-
len das Wort des HErrn angenommen. Dieſe freuten ſich uͤber die Ankunft des
Prieſters, weil ſie von den Litthauern oft gepluͤndert, von den Liven immer
gedruͤckt, und durch die Deutſchen erleichtert und geſchuͤtzt zu werden hoften,
und nahmen das Wort GOttes mit Vergnuͤgen an. Doch warfen ſie vorher das
Loos
i⁾
, und erforſchten die Meinung ihrer Goͤtter: Ob ſie die Taufe der Ruſſen
von Pleſcekow, die den grichiſchen Glauben mit andern Letthgallen von
Tholowa hatten; oder der Lateiner und Deutſchen ihren annehmen ſolten.
Denn die Ruſſen waren eben zu der Zeit gekommen, ihre Letthgallen von
Tholowa zu taufen, welche ihnen allezeit Tribut erlegen muſten. Das Loos
fiel auf die Lateiner, und ſie wurden alſo mit ſamt der Lieflaͤndiſchen Kirche
denen in Riga beygezaͤhlet. Alobrand taufte auch einige Doͤrfer, ging nach
Riga zuruͤck, und ſtattete dem Biſchof Bericht ab. Dieſer nahm an ſeiner Freu-
de mit Theil und weil er wuͤnſchte dieſe Gemeine ſtets zu verſorgen: ſo ſandte er
ſeinen Scholaren, Heinrich, der in den geiſtlichen Orden getreten, mit dieſem
Alobrand dahin, und Alobrand kehrte nach der in dieſen Gegenden volbrach-
ten Taufe wieder zuruͤck. Der andre aber, da man eine Kirche erbauet, und
ihn dabey eingeſetzt, unterließ nicht bey ihnen zu wohnen und ihnen die Seligkeit
des kuͤnftigen Lebens vorzuhalten, ob er gleich vielen Gefaͤhrlichkeiten unterwor-
fen war.
i⁾ Das gehet auf alle Voͤlker, die des Criwe in Preuſſen Unterthanen waren, und ſogar
mit auf die Liven, wie Peter von Duisburg part. 3. c. 5. ſchreibet: Die Preuſſen
fangen ſelten etwas wichtiges an, wo ſie nicht vorher das Loos geworfen, und nach ihrer
Manier von ihren Goͤttern erforſchet haben, ob es gut oder ſchlecht fuͤr ſie ablaufen
werde.
§. 8.
Es entſtand zu dieſer Zeit eine Uneinigkeit zwiſchen dem kleinen Koͤnig von
Kukenois und Danieln, einem Kriegsoberſten von Lenewarden. Denn da
der Koͤnig deſſen Leuten allerhand Schaden zufuͤgte, und auf oftmalige Warnung
von
*) Hier hat das Revelſche Manuſcript: nongentis marcis, um neunhundert Mark.
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