[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.Geschichte des dritten Bischof Alberts, acht und zwanzigstes Jahr, Des Bischof Alberts acht und zwanzigstes Jahr, vom Jahr Christi 1225 bis 1226. §. 1. 1225Nachdem wir dieses geschrieben hatten, so folgte das acht und zwanzigste a) Daß für reuiuunt*) zu lesen sey renuunt, zeiget die Ordnung der Worte an, ausser dem, was beym Jahre 1202 n. 1. 2 beygebracht worden, und welches gnug anzeiget, daß die Gothen, das ist, die Einwohner Gothlands, mit den Oeselern, als Jnsu- laner mit Jnsulanern, Friede gehalten, die ihrer Seeräuberey durch die Finger gesehen, und sich an die Gesetze der Christen wenig gekehret. Uebrigens führet Joh. Messe- nius aus diesem Jahre Scond. Illustrat. tom. 12 p. 103 ein Schreiben des Gesandten Wilhelms an, daraus sein Abtrit auf diese Jnsel zu ersehen, worinne er bezeuget, daß die Gothländer vom ersten Anfang ihrer Bekehrung der Kirche von Linköping in Glaubenssachen allezeit unterthänig gewesen. Und Claudius Oernhialm libr. 4 c. 7 n. 74 hat ein Diploma, woraus erhellet, daß Gothland, Oeland und Am- byrde den dritten Theil des Linköpingischen Bisthums ausgemacht. §. 2. Dieses Jahr hatte der Meister Johannes, ein Mitarbeiter des HErrn, zu *) Meine Abschrift behält auch reuiuunt.
Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, acht und zwanzigſtes Jahr, Des Biſchof Alberts acht und zwanzigſtes Jahr, vom Jahr Chriſti 1225 bis 1226. §. 1. 1225Nachdem wir dieſes geſchrieben hatten, ſo folgte das acht und zwanzigſte a) Daß fuͤr reuiuunt*) zu leſen ſey renuunt, zeiget die Ordnung der Worte an, auſſer dem, was beym Jahre 1202 n. 1. 2 beygebracht worden, und welches gnug anzeiget, daß die Gothen, das iſt, die Einwohner Gothlands, mit den Oeſelern, als Jnſu- laner mit Jnſulanern, Friede gehalten, die ihrer Seeraͤuberey durch die Finger geſehen, und ſich an die Geſetze der Chriſten wenig gekehret. Uebrigens fuͤhret Joh. Meſſe- nius aus dieſem Jahre Scond. Illuſtrat. tom. 12 p. 103 ein Schreiben des Geſandten Wilhelms an, daraus ſein Abtrit auf dieſe Jnſel zu erſehen, worinne er bezeuget, daß die Gothlaͤnder vom erſten Anfang ihrer Bekehrung der Kirche von Linkoͤping in Glaubensſachen allezeit unterthaͤnig geweſen. Und Claudius Oernhiålm libr. 4 c. 7 n. 74 hat ein Diploma, woraus erhellet, daß Gothland, Oeland und Am- byrde den dritten Theil des Linkoͤpingiſchen Bisthums ausgemacht. §. 2. Dieſes Jahr hatte der Meiſter Johannes, ein Mitarbeiter des HErrn, zu *) Meine Abſchrift behaͤlt auch reuiuunt.
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Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, acht und zwanzigſtes Jahr,
Des Biſchof Alberts acht und zwanzigſtes Jahr,
vom Jahr Chriſti 1225 bis 1226.
§. 1.
Nachdem wir dieſes geſchrieben hatten, ſo folgte das acht und zwanzigſte
Jahr des Biſchof Alberts, da eben die Lieflaͤndiſche Kirche von
allen Seiten her ziemlich Friede hatte, in welchem der Geſandte des
apoſtoliſchen Stuhls, der Biſchof von Modena, Wilhelm,
Liefland verließ, auf den Schiffen an der See ſich lange auf hielt, weil er auf
guͤnſtigen Wind wartete. Er erblickte aber ploͤtzlich Oeſelſche Bauren, die aus
Schweden mit Raub und vielen Gefangenen zuruͤck kamen. Dieſe Kerl pfleg-
ten allezeit viel Herzeleid, Bosheit und ſchaͤndliche Luͤſte an den gefangenen Wei-
bern und Jungfrauen auszuuͤben, und ſchaͤndeten ſie, kuppelten ſich auch einige
davon als Weiber zu, der Mann drey, zwey, oder mehrere. Sie hielten ſich alle
Suͤnde fuͤr erlaubt, da doch Chriſtus mit Belial nicht ſtimmet, noch die Kuple-
rey eines Heiden mit einer Chriſtin ſich nicht geziemen wil. Sie pflegten ſol-
che (gefangene Weiber) wol gar an die Curen und andre Heiden zu verhandeln.
Wie nun der Herr Geſandte von Rom allen Schaden ſahe, den ſie in Schwe-
den angerichtet, wo ſie nemlich die Kirchen verbrant, die Prieſter ermordet, die
Heiligthuͤmer zernichtet und geſchaͤndet, und dergleichen Elend mehr; ſo hatte er
mit den Gefangenen Mitleiden und betete zum HErrn, jene ihrer Uebelthaten we-
gen heimzuſuchen. Er kam hierauf nach Gothland, ſtreuete den Samen goͤtt-
liches Worts aus, und gab allen, die den Namen der Chriſten fuͤhrten, das
Zeichen des heiligen Kreuzes zur Vergebung der Suͤnden, um Rache an den gott-
loſen Oeſelern zu nehmen. Die Deutſchen waren gehorſam und nahmen das
Kreuz; die Gothen aber hatten keine Luſt
a⁾
. Die Daͤnen hatten zu dieſem
Worte GOttes ebenfals keine Ohren, und faſten es auch nicht. Blos die Deut-
ſchen Kaufleute trugen Verlangen himliſche Guͤter vor ſich einzukaufen. Sie
ſchaften ſich Pferde; ſie brachten ihre Waffen in Stand, und kamen nach Riga.
Die Rigiſchen wurden daruͤber froh, und gingen ihnen bey ihrer Ankunft entge-
gen. Die Liven, die Letten und die Eſthen, ſo getauft waren, freueten
ſich mit, daß ſie nun auch zu den ungetauften Oeſelern den Namen Chriſti tra-
gen konten.
a⁾ Daß fuͤr reuiuunt *) zu leſen ſey renuunt, zeiget die Ordnung der Worte an, auſſer
dem, was beym Jahre 1202 n. 1. 2 beygebracht worden, und welches gnug anzeiget,
daß die Gothen, das iſt, die Einwohner Gothlands, mit den Oeſelern, als Jnſu-
laner mit Jnſulanern, Friede gehalten, die ihrer Seeraͤuberey durch die Finger geſehen,
und ſich an die Geſetze der Chriſten wenig gekehret. Uebrigens fuͤhret Joh. Meſſe-
nius aus dieſem Jahre Scond. Illuſtrat. tom. 12 p. 103 ein Schreiben des Geſandten
Wilhelms an, daraus ſein Abtrit auf dieſe Jnſel zu erſehen, worinne er bezeuget, daß
die Gothlaͤnder vom erſten Anfang ihrer Bekehrung der Kirche von Linkoͤping in
Glaubensſachen allezeit unterthaͤnig geweſen. Und Claudius Oernhiålm libr. 4
c. 7 n. 74 hat ein Diploma, woraus erhellet, daß Gothland, Oeland und Am-
byrde den dritten Theil des Linkoͤpingiſchen Bisthums ausgemacht.
§. 2.
Dieſes Jahr hatte der Meiſter Johannes, ein Mitarbeiter des HErrn,
diejenigen Laͤnder in Commiſſion, daruͤber zwiſchen den Deutſchen und Daͤnen
Verdruß vorgefallen, Wirland nemlich, Gerwen und Rotalien. Nach dem
nun der Friede zerriſſen war, ſo fing dieſer Meiſter Johannes mit den Daͤnen
zu
*) Meine Abſchrift behaͤlt auch reuiuunt.
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