Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Geschichte des dritten Bischof Alberts, sechs und zwanzigstes Jahr,
1223Wirland und Gerwen, als sie die Eroberung des Schlosses Tarbat ver-
nahmen, kamen nach Riga, und brachten, als vor ihre Herren, Pferde und
Geschenke mit.

§. 8.

Der Bischof Hermann aber ging mit seinen Leuten nach Ungannien,
und fing an das Schloß Odempe zu erbauen, legte auch zur Besatzung edle Herren
und ehrbare Ritter, nemlich seinen Eidam Engelbert von Tysenhusen g), seinen
Bruder Dietrich h), und Helmolden von Luneborch i), einen klugen und
führnehmen Mann, ingleichen Johannem von Dolen, hinein, schenkte einem
jeden von ihnen eine Provinz, das ist, eine Kylegunde zum Lehn, nahm auch viel
andre Deutsche ins Schloß auf, mit daselbst zu wohnen, daß sie Land und Schloß
vor den Feinden schützten, und den Esthen, ihren Unterthanen, den christlichen
Glauben lehrten. Sie liessen aber die Esthen, weil sie noch bis jetzo treulos gewe-
sen, nicht bey sich im Schlosse wohnen. Eben dieser Bischof rief auch Priester
mit sich nach Ungannien, schenkte ihnen die Kirchen zum Lehn, und verehrte
ihnen hinreichenden Feldwachs und Ackerbau. Jngleichen that er den Esthen
wegen des von GOtt allezeit angeordneten Zehnten durch geziemende Belehrung
einen Antrag, den sie auch annahmen, und den Anfang ihn jährlich zu zahlen
machten. Hierauf verfügte er treulich Anstalt, den Priestern und seinen Vasal-
len das nöthige zu ertheilen und sein Versprechen zu halten. Er setzte überdem
seinen Bruder Rotmar zum Probst ein, verordnete ihm eine Stelle im Kloster
zu Darbet, und sprach ihm vier und zwanzig Dörfer, Einkünfte und Felder
zu seinem hinreichlichen Auskommen zu. Er bestelte auch, daselbst regulaire Dom-
herren zu machen, und verordnete, daß dieses ihre Domkirche seyn solte.

g) Hier siehet man den Anfang des Glücks der Herren von Tiesenhausen, die seit fünf
hundert Jahren her in Liefland so wol ihres Adels als ihrer grossen Thaten halber in
grossen Ehren gestanden, und bis jetzo noch grosse Güter und Ansehn haben. *)
h) Der von den Oeselern gefangen und kurz vorher losgelassen worden. Einige wollen
das Suum nicht auf den Bischof ziehen, sondern auf Engelberten, und statuiren des-
wegen zwey Brüder von Tiesenhausen. Doch gefält mir das erste besser, weil es der
Eigenschaft der Sprache näher komt.
i) Die Familie derer von Lüneburg ist Zweifels ohne eine der vornehmsten gewesen, weil
Heinrich der Löwe, als er nach dem gelobten Lande ziehen wolte, Heinrichen von
Lüneburg nebst Ecberten von Wolfenbüttle seiner Gemahlin zu Hofmeistern ge-
setzet. Arnold von Lübek l. 3 c. 2 n. 5. Jch wünschte, daß diese Stelle die recht
ansehen möchten, welche alle Herren von Lüneburg oder von Braunschweig, wo sie
dergleichen finden, zur Familie der Welfen rechnen, und die Diener unter die Herren
mengen. Einige muthmassen nicht ohne Grund, daß die Herren von Wittorp unter
diesen Namen stecken, und ihn deswegen führen, weil sie der Stadt Lüneburg als
Advocaten fürgestanden. Denn welche aus den Welfen so hiessen, deren sind nicht
so viel, daß man sie nicht gleich aufzählen könte: der Vater nemlich Wilhelm, und der
*) So gerne wir dem Publico mit einer gründlichen Nachricht von dieser adlichen und nunmehro zum
theil Freyherrlichen Familie aufgewartet hätten, so wenig sind wir dieser Dienste auf unser Ver-
langen gewürdiget worden. Da inzwischen der Herr Hofgerichts-Assessor von Tiesenhausen bey
der letztern Liefländischen Adels-Matricul-Commission eine sehr gründliche Ableitung des Ur-
sprungs dieser alten Familie aus Deutschland, und von desselben Flor und Wachsthum in Lief-
und Esthland, aufzusetzen geruhet: so wäre zu wünschen, daß einmal eine geschickte Feder nobili-
tatem Livonioe
der gelehrten Welt mittheilen möchte, weil insbesondere Ausländer die Zweige des
Liefländischen Adels vermissen, der doch so wol an Hoheit der Ehrenstellen, als an Grösse der
Heldenthaten, und Besitz ansehnlicher Güter nicht geringer als der Deutsche ist, wo nicht manche
angesehene Familien Deutschland noch übertreffen. Jn den Gruberischen Documenten befindet
sich eine Stiftung von Anno 1281, in welcher Margareta, eine Gemahlin des Herrn Gottfried von
Tisenossen, zwey Salzpfannen, welche sie vom Grafen Ludolph von Wunstorpe in Munder zu
Lehn gehabt, mit dessen Genehmhaltung dem Nonnenkloster in Lodhenn zur Rettung ihrer Seele ver-
macht; woraus der Herr Hofrath folgert, daß die Herren von Tiesenhausen nicht in Pommern, wie
man wol geglaubet hat, sondern in Engern in Westphalen ihr Stamhaus zu suchen haben.

Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, ſechs und zwanzigſtes Jahr,
1223Wirland und Gerwen, als ſie die Eroberung des Schloſſes Tarbat ver-
nahmen, kamen nach Riga, und brachten, als vor ihre Herren, Pferde und
Geſchenke mit.

§. 8.

Der Biſchof Hermann aber ging mit ſeinen Leuten nach Ungannien,
und fing an das Schloß Odempe zu erbauen, legte auch zur Beſatzung edle Herren
und ehrbare Ritter, nemlich ſeinen Eidam Engelbert von Tyſenhuſen g), ſeinen
Bruder Dietrich h), und Helmolden von Luneborch i), einen klugen und
fuͤhrnehmen Mann, ingleichen Johannem von Dolen, hinein, ſchenkte einem
jeden von ihnen eine Provinz, das iſt, eine Kylegunde zum Lehn, nahm auch viel
andre Deutſche ins Schloß auf, mit daſelbſt zu wohnen, daß ſie Land und Schloß
vor den Feinden ſchuͤtzten, und den Eſthen, ihren Unterthanen, den chriſtlichen
Glauben lehrten. Sie lieſſen aber die Eſthen, weil ſie noch bis jetzo treulos gewe-
ſen, nicht bey ſich im Schloſſe wohnen. Eben dieſer Biſchof rief auch Prieſter
mit ſich nach Ungannien, ſchenkte ihnen die Kirchen zum Lehn, und verehrte
ihnen hinreichenden Feldwachs und Ackerbau. Jngleichen that er den Eſthen
wegen des von GOtt allezeit angeordneten Zehnten durch geziemende Belehrung
einen Antrag, den ſie auch annahmen, und den Anfang ihn jaͤhrlich zu zahlen
machten. Hierauf verfuͤgte er treulich Anſtalt, den Prieſtern und ſeinen Vaſal-
len das noͤthige zu ertheilen und ſein Verſprechen zu halten. Er ſetzte uͤberdem
ſeinen Bruder Rotmar zum Probſt ein, verordnete ihm eine Stelle im Kloſter
zu Darbet, und ſprach ihm vier und zwanzig Doͤrfer, Einkuͤnfte und Felder
zu ſeinem hinreichlichen Auskommen zu. Er beſtelte auch, daſelbſt regulaire Dom-
herren zu machen, und verordnete, daß dieſes ihre Domkirche ſeyn ſolte.

g) Hier ſiehet man den Anfang des Gluͤcks der Herren von Tieſenhauſen, die ſeit fuͤnf
hundert Jahren her in Liefland ſo wol ihres Adels als ihrer groſſen Thaten halber in
groſſen Ehren geſtanden, und bis jetzo noch groſſe Guͤter und Anſehn haben. *)
h) Der von den Oeſelern gefangen und kurz vorher losgelaſſen worden. Einige wollen
das Suum nicht auf den Biſchof ziehen, ſondern auf Engelberten, und ſtatuiren des-
wegen zwey Bruͤder von Tieſenhauſen. Doch gefaͤlt mir das erſte beſſer, weil es der
Eigenſchaft der Sprache naͤher komt.
i) Die Familie derer von Luͤneburg iſt Zweifels ohne eine der vornehmſten geweſen, weil
Heinrich der Loͤwe, als er nach dem gelobten Lande ziehen wolte, Heinrichen von
Luͤneburg nebſt Ecberten von Wolfenbuͤttle ſeiner Gemahlin zu Hofmeiſtern ge-
ſetzet. Arnold von Luͤbek l. 3 c. 2 n. 5. Jch wuͤnſchte, daß dieſe Stelle die recht
anſehen moͤchten, welche alle Herren von Luͤneburg oder von Braunſchweig, wo ſie
dergleichen finden, zur Familie der Welfen rechnen, und die Diener unter die Herren
mengen. Einige muthmaſſen nicht ohne Grund, daß die Herren von Wittorp unter
dieſen Namen ſtecken, und ihn deswegen fuͤhren, weil ſie der Stadt Luͤneburg als
Advocaten fuͤrgeſtanden. Denn welche aus den Welfen ſo hieſſen, deren ſind nicht
ſo viel, daß man ſie nicht gleich aufzaͤhlen koͤnte: der Vater nemlich Wilhelm, und der
*) So gerne wir dem Publico mit einer gruͤndlichen Nachricht von dieſer adlichen und nunmehro zum
theil Freyherrlichen Familie aufgewartet haͤtten, ſo wenig ſind wir dieſer Dienſte auf unſer Ver-
langen gewuͤrdiget worden. Da inzwiſchen der Herr Hofgerichts-Aſſeſſor von Tieſenhauſen bey
der letztern Lieflaͤndiſchen Adels-Matricul-Commiſſion eine ſehr gruͤndliche Ableitung des Ur-
ſprungs dieſer alten Familie aus Deutſchland, und von deſſelben Flor und Wachsthum in Lief-
und Eſthland, aufzuſetzen geruhet: ſo waͤre zu wuͤnſchen, daß einmal eine geſchickte Feder nobili-
tatem Livoniœ
der gelehrten Welt mittheilen moͤchte, weil insbeſondere Auslaͤnder die Zweige des
Lieflaͤndiſchen Adels vermiſſen, der doch ſo wol an Hoheit der Ehrenſtellen, als an Groͤſſe der
Heldenthaten, und Beſitz anſehnlicher Guͤter nicht geringer als der Deutſche iſt, wo nicht manche
angeſehene Familien Deutſchland noch uͤbertreffen. Jn den Gruberiſchen Documenten befindet
ſich eine Stiftung von Anno 1281, in welcher Margareta, eine Gemahlin des Herrn Gottfried von
Tiſenoſſen, zwey Salzpfannen, welche ſie vom Grafen Ludolph von Wunſtorpe in Munder zu
Lehn gehabt, mit deſſen Genehmhaltung dem Nonnenkloſter in Lodhenn zur Rettung ihrer Seele ver-
macht; woraus der Herr Hofrath folgert, daß die Herren von Tieſenhauſen nicht in Pommern, wie
man wol geglaubet hat, ſondern in Engern in Weſtphalen ihr Stamhaus zu ſuchen haben.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0232" n="200"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ge&#x017F;chichte des dritten Bi&#x017F;chof Alberts, &#x017F;echs und zwanzig&#x017F;tes Jahr,</hi></fw><lb/><note place="left">1223</note><hi rendition="#fr">Wirland</hi> und <hi rendition="#fr">Gerwen,</hi> als &#x017F;ie die Eroberung des Schlo&#x017F;&#x017F;es <hi rendition="#fr">Tarbat</hi> ver-<lb/>
nahmen, kamen nach <hi rendition="#fr">Riga,</hi> und brachten, als vor ihre <hi rendition="#fr">Herren,</hi> Pferde und<lb/>
Ge&#x017F;chenke mit.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 8.</head><lb/>
              <p>Der Bi&#x017F;chof <hi rendition="#fr">Hermann</hi> aber ging mit &#x017F;einen Leuten nach <hi rendition="#fr">Ungannien,</hi><lb/>
und fing an das Schloß <hi rendition="#fr">Odempe</hi> zu erbauen, legte auch zur Be&#x017F;atzung edle Herren<lb/>
und ehrbare Ritter, nemlich &#x017F;einen Eidam <hi rendition="#fr">Engelbert</hi> von <hi rendition="#fr">Ty&#x017F;enhu&#x017F;en</hi> <note place="end" n="g)"/>, &#x017F;einen<lb/>
Bruder <hi rendition="#fr">Dietrich</hi> <note place="end" n="h)"/>, und <hi rendition="#fr">Helmolden</hi> von <hi rendition="#fr">Luneborch</hi> <note place="end" n="i)"/>, einen klugen und<lb/>
fu&#x0364;hrnehmen Mann, ingleichen <hi rendition="#fr">Johannem</hi> von <hi rendition="#fr">Dolen,</hi> hinein, &#x017F;chenkte einem<lb/>
jeden von ihnen eine Provinz, das i&#x017F;t, eine <hi rendition="#fr">Kylegunde</hi> zum Lehn, nahm auch viel<lb/>
andre <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;che</hi> ins Schloß auf, mit da&#x017F;elb&#x017F;t zu wohnen, daß &#x017F;ie Land und Schloß<lb/>
vor den Feinden &#x017F;chu&#x0364;tzten, und den <hi rendition="#fr">E&#x017F;then,</hi> ihren Unterthanen, den chri&#x017F;tlichen<lb/>
Glauben lehrten. Sie lie&#x017F;&#x017F;en aber die <hi rendition="#fr">E&#x017F;then,</hi> weil &#x017F;ie noch bis jetzo treulos gewe-<lb/>
&#x017F;en, nicht bey &#x017F;ich im Schlo&#x017F;&#x017F;e wohnen. Eben die&#x017F;er Bi&#x017F;chof rief auch Prie&#x017F;ter<lb/>
mit &#x017F;ich nach <hi rendition="#fr">Ungannien,</hi> &#x017F;chenkte ihnen die Kirchen zum Lehn, und verehrte<lb/>
ihnen hinreichenden Feldwachs und Ackerbau. Jngleichen that er den <hi rendition="#fr">E&#x017F;then</hi><lb/>
wegen des von GOtt allezeit angeordneten Zehnten durch geziemende Belehrung<lb/>
einen Antrag, den &#x017F;ie auch annahmen, und den Anfang ihn ja&#x0364;hrlich zu zahlen<lb/>
machten. Hierauf verfu&#x0364;gte er treulich An&#x017F;talt, den Prie&#x017F;tern und &#x017F;einen Va&#x017F;al-<lb/>
len das no&#x0364;thige zu ertheilen und &#x017F;ein Ver&#x017F;prechen zu halten. Er &#x017F;etzte u&#x0364;berdem<lb/>
&#x017F;einen Bruder <hi rendition="#fr">Rotmar</hi> zum Prob&#x017F;t ein, verordnete ihm eine Stelle im Klo&#x017F;ter<lb/>
zu <hi rendition="#fr">Darbet,</hi> und &#x017F;prach ihm vier und zwanzig Do&#x0364;rfer, Einku&#x0364;nfte und Felder<lb/>
zu &#x017F;einem hinreichlichen Auskommen zu. Er be&#x017F;telte auch, da&#x017F;elb&#x017F;t regulaire Dom-<lb/>
herren zu machen, und verordnete, daß die&#x017F;es ihre Domkirche &#x017F;eyn &#x017F;olte.</p><lb/>
              <note place="end" n="g)">Hier &#x017F;iehet man den Anfang des Glu&#x0364;cks der Herren von <hi rendition="#fr">Tie&#x017F;enhau&#x017F;en,</hi> die &#x017F;eit fu&#x0364;nf<lb/>
hundert Jahren her in <hi rendition="#fr">Liefland</hi> &#x017F;o wol ihres Adels als ihrer gro&#x017F;&#x017F;en Thaten halber in<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Ehren ge&#x017F;tanden, und bis jetzo noch gro&#x017F;&#x017F;e Gu&#x0364;ter und An&#x017F;ehn haben. <note place="foot" n="*)">So gerne wir dem Publico mit einer gru&#x0364;ndlichen Nachricht von die&#x017F;er adlichen und nunmehro zum<lb/>
theil Freyherrlichen Familie aufgewartet ha&#x0364;tten, &#x017F;o wenig &#x017F;ind wir die&#x017F;er Dien&#x017F;te auf un&#x017F;er Ver-<lb/>
langen gewu&#x0364;rdiget worden. Da inzwi&#x017F;chen der Herr Hofgerichts-A&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;or von <hi rendition="#fr">Tie&#x017F;enhau&#x017F;en</hi> bey<lb/>
der letztern <hi rendition="#fr">Liefla&#x0364;ndi&#x017F;chen</hi> Adels-Matricul-Commi&#x017F;&#x017F;ion eine &#x017F;ehr gru&#x0364;ndliche Ableitung des Ur-<lb/>
&#x017F;prungs die&#x017F;er alten Familie aus <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chland,</hi> und von de&#x017F;&#x017F;elben Flor und Wachsthum in <hi rendition="#fr">Lief-</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">E&#x017F;thland,</hi> aufzu&#x017F;etzen geruhet: &#x017F;o wa&#x0364;re zu wu&#x0364;n&#x017F;chen, daß einmal eine ge&#x017F;chickte Feder <hi rendition="#aq">nobili-<lb/>
tatem <hi rendition="#i">Livoni&#x0153;</hi></hi> der gelehrten Welt mittheilen mo&#x0364;chte, weil insbe&#x017F;ondere Ausla&#x0364;nder die Zweige des<lb/><hi rendition="#fr">Liefla&#x0364;ndi&#x017F;chen</hi> Adels vermi&#x017F;&#x017F;en, der doch &#x017F;o wol an Hoheit der Ehren&#x017F;tellen, als an Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der<lb/>
Heldenthaten, und Be&#x017F;itz an&#x017F;ehnlicher Gu&#x0364;ter nicht geringer als der <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;che</hi> i&#x017F;t, wo nicht manche<lb/>
ange&#x017F;ehene Familien <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chland</hi> noch u&#x0364;bertreffen. Jn den <hi rendition="#fr">Gruberi&#x017F;chen</hi> Documenten befindet<lb/>
&#x017F;ich eine Stiftung von Anno 1281, in welcher <hi rendition="#fr">Margareta,</hi> eine Gemahlin des Herrn <hi rendition="#fr">Gottfried</hi> von<lb/><hi rendition="#fr">Ti&#x017F;eno&#x017F;&#x017F;en,</hi> zwey Salzpfannen, welche &#x017F;ie vom Grafen <hi rendition="#fr">Ludolph</hi> von <hi rendition="#fr">Wun&#x017F;torpe</hi> in <hi rendition="#fr">Munder</hi> zu<lb/>
Lehn gehabt, mit de&#x017F;&#x017F;en Genehmhaltung dem Nonnenklo&#x017F;ter in <hi rendition="#fr">Lodhenn</hi> zur Rettung ihrer Seele ver-<lb/>
macht; woraus der Herr Hofrath folgert, daß die Herren von <hi rendition="#fr">Tie&#x017F;enhau&#x017F;en</hi> nicht in Pommern, wie<lb/>
man wol geglaubet hat, &#x017F;ondern in <hi rendition="#fr">Engern</hi> in <hi rendition="#fr">We&#x017F;tphalen</hi> ihr Stamhaus zu &#x017F;uchen haben.</note></note><lb/>
              <note place="end" n="h)">Der von den <hi rendition="#fr">Oe&#x017F;elern</hi> gefangen und kurz vorher losgela&#x017F;&#x017F;en worden. Einige wollen<lb/>
das <hi rendition="#aq">Suum</hi> nicht auf den Bi&#x017F;chof ziehen, &#x017F;ondern auf <hi rendition="#fr">Engelberten,</hi> und &#x017F;tatuiren des-<lb/>
wegen zwey Bru&#x0364;der von <hi rendition="#fr">Tie&#x017F;enhau&#x017F;en.</hi> Doch gefa&#x0364;lt mir das er&#x017F;te be&#x017F;&#x017F;er, weil es der<lb/>
Eigen&#x017F;chaft der Sprache na&#x0364;her komt.</note><lb/>
              <note place="end" n="i)">Die Familie derer von <hi rendition="#fr">Lu&#x0364;neburg</hi> i&#x017F;t Zweifels ohne eine der vornehm&#x017F;ten gewe&#x017F;en, weil<lb/><hi rendition="#fr">Heinrich</hi> der <hi rendition="#fr">Lo&#x0364;we,</hi> als er nach dem gelobten Lande ziehen wolte, <hi rendition="#fr">Heinrichen</hi> von<lb/><hi rendition="#fr">Lu&#x0364;neburg</hi> neb&#x017F;t <hi rendition="#fr">Ecberten</hi> von <hi rendition="#fr">Wolfenbu&#x0364;ttle</hi> &#x017F;einer Gemahlin zu Hofmei&#x017F;tern ge-<lb/>
&#x017F;etzet. <hi rendition="#fr">Arnold</hi> von <hi rendition="#fr">Lu&#x0364;bek</hi> <hi rendition="#aq">l. 3 c. 2 n.</hi> 5. Jch wu&#x0364;n&#x017F;chte, daß die&#x017F;e Stelle die recht<lb/>
an&#x017F;ehen mo&#x0364;chten, welche alle Herren von <hi rendition="#fr">Lu&#x0364;neburg</hi> oder von <hi rendition="#fr">Braun&#x017F;chweig,</hi> wo &#x017F;ie<lb/>
dergleichen finden, zur Familie der <hi rendition="#fr">Welfen</hi> rechnen, und die Diener unter die Herren<lb/>
mengen. Einige muthma&#x017F;&#x017F;en nicht ohne Grund, daß die Herren von <hi rendition="#fr">Wittorp</hi> unter<lb/>
die&#x017F;en Namen &#x017F;tecken, und ihn deswegen fu&#x0364;hren, weil &#x017F;ie der Stadt <hi rendition="#fr">Lu&#x0364;neburg</hi> als<lb/>
Advocaten fu&#x0364;rge&#x017F;tanden. Denn welche aus den <hi rendition="#fr">Welfen</hi> &#x017F;o hie&#x017F;&#x017F;en, deren &#x017F;ind nicht<lb/>
&#x017F;o viel, daß man &#x017F;ie nicht gleich aufza&#x0364;hlen ko&#x0364;nte: der Vater nemlich <hi rendition="#fr">Wilhelm,</hi> und der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Sohn</fw><lb/></note>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[200/0232] Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, ſechs und zwanzigſtes Jahr, Wirland und Gerwen, als ſie die Eroberung des Schloſſes Tarbat ver- nahmen, kamen nach Riga, und brachten, als vor ihre Herren, Pferde und Geſchenke mit. 1223 §. 8. Der Biſchof Hermann aber ging mit ſeinen Leuten nach Ungannien, und fing an das Schloß Odempe zu erbauen, legte auch zur Beſatzung edle Herren und ehrbare Ritter, nemlich ſeinen Eidam Engelbert von Tyſenhuſen g⁾ , ſeinen Bruder Dietrich h⁾ , und Helmolden von Luneborch i⁾ , einen klugen und fuͤhrnehmen Mann, ingleichen Johannem von Dolen, hinein, ſchenkte einem jeden von ihnen eine Provinz, das iſt, eine Kylegunde zum Lehn, nahm auch viel andre Deutſche ins Schloß auf, mit daſelbſt zu wohnen, daß ſie Land und Schloß vor den Feinden ſchuͤtzten, und den Eſthen, ihren Unterthanen, den chriſtlichen Glauben lehrten. Sie lieſſen aber die Eſthen, weil ſie noch bis jetzo treulos gewe- ſen, nicht bey ſich im Schloſſe wohnen. Eben dieſer Biſchof rief auch Prieſter mit ſich nach Ungannien, ſchenkte ihnen die Kirchen zum Lehn, und verehrte ihnen hinreichenden Feldwachs und Ackerbau. Jngleichen that er den Eſthen wegen des von GOtt allezeit angeordneten Zehnten durch geziemende Belehrung einen Antrag, den ſie auch annahmen, und den Anfang ihn jaͤhrlich zu zahlen machten. Hierauf verfuͤgte er treulich Anſtalt, den Prieſtern und ſeinen Vaſal- len das noͤthige zu ertheilen und ſein Verſprechen zu halten. Er ſetzte uͤberdem ſeinen Bruder Rotmar zum Probſt ein, verordnete ihm eine Stelle im Kloſter zu Darbet, und ſprach ihm vier und zwanzig Doͤrfer, Einkuͤnfte und Felder zu ſeinem hinreichlichen Auskommen zu. Er beſtelte auch, daſelbſt regulaire Dom- herren zu machen, und verordnete, daß dieſes ihre Domkirche ſeyn ſolte. g⁾ Hier ſiehet man den Anfang des Gluͤcks der Herren von Tieſenhauſen, die ſeit fuͤnf hundert Jahren her in Liefland ſo wol ihres Adels als ihrer groſſen Thaten halber in groſſen Ehren geſtanden, und bis jetzo noch groſſe Guͤter und Anſehn haben. *) h⁾ Der von den Oeſelern gefangen und kurz vorher losgelaſſen worden. Einige wollen das Suum nicht auf den Biſchof ziehen, ſondern auf Engelberten, und ſtatuiren des- wegen zwey Bruͤder von Tieſenhauſen. Doch gefaͤlt mir das erſte beſſer, weil es der Eigenſchaft der Sprache naͤher komt. i⁾ Die Familie derer von Luͤneburg iſt Zweifels ohne eine der vornehmſten geweſen, weil Heinrich der Loͤwe, als er nach dem gelobten Lande ziehen wolte, Heinrichen von Luͤneburg nebſt Ecberten von Wolfenbuͤttle ſeiner Gemahlin zu Hofmeiſtern ge- ſetzet. Arnold von Luͤbek l. 3 c. 2 n. 5. Jch wuͤnſchte, daß dieſe Stelle die recht anſehen moͤchten, welche alle Herren von Luͤneburg oder von Braunſchweig, wo ſie dergleichen finden, zur Familie der Welfen rechnen, und die Diener unter die Herren mengen. Einige muthmaſſen nicht ohne Grund, daß die Herren von Wittorp unter dieſen Namen ſtecken, und ihn deswegen fuͤhren, weil ſie der Stadt Luͤneburg als Advocaten fuͤrgeſtanden. Denn welche aus den Welfen ſo hieſſen, deren ſind nicht ſo viel, daß man ſie nicht gleich aufzaͤhlen koͤnte: der Vater nemlich Wilhelm, und der Sohn *) So gerne wir dem Publico mit einer gruͤndlichen Nachricht von dieſer adlichen und nunmehro zum theil Freyherrlichen Familie aufgewartet haͤtten, ſo wenig ſind wir dieſer Dienſte auf unſer Ver- langen gewuͤrdiget worden. Da inzwiſchen der Herr Hofgerichts-Aſſeſſor von Tieſenhauſen bey der letztern Lieflaͤndiſchen Adels-Matricul-Commiſſion eine ſehr gruͤndliche Ableitung des Ur- ſprungs dieſer alten Familie aus Deutſchland, und von deſſelben Flor und Wachsthum in Lief- und Eſthland, aufzuſetzen geruhet: ſo waͤre zu wuͤnſchen, daß einmal eine geſchickte Feder nobili- tatem Livoniœ der gelehrten Welt mittheilen moͤchte, weil insbeſondere Auslaͤnder die Zweige des Lieflaͤndiſchen Adels vermiſſen, der doch ſo wol an Hoheit der Ehrenſtellen, als an Groͤſſe der Heldenthaten, und Beſitz anſehnlicher Guͤter nicht geringer als der Deutſche iſt, wo nicht manche angeſehene Familien Deutſchland noch uͤbertreffen. Jn den Gruberiſchen Documenten befindet ſich eine Stiftung von Anno 1281, in welcher Margareta, eine Gemahlin des Herrn Gottfried von Tiſenoſſen, zwey Salzpfannen, welche ſie vom Grafen Ludolph von Wunſtorpe in Munder zu Lehn gehabt, mit deſſen Genehmhaltung dem Nonnenkloſter in Lodhenn zur Rettung ihrer Seele ver- macht; woraus der Herr Hofrath folgert, daß die Herren von Tieſenhauſen nicht in Pommern, wie man wol geglaubet hat, ſondern in Engern in Weſtphalen ihr Stamhaus zu ſuchen haben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/232
Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/232>, abgerufen am 24.11.2024.