[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.Des Herrn Hofrath Grubers Zueignungsschrift nierlichen Lebensart und zum Christenthum gebracht worden.Liefland, sage ich, so den alten Einwohnern dieses vesten Landes lange unbekant, und lange unbesucht geblieben; davon aber das Glück die Zeit und Ehre der Entdeckung und Besichtigung dessel- ben, so wie viel andere Dinge, auf die Zeiten Heinrichs des Löwen, jenes grossen Bezwingers der Slaven, versparet hatte. Denn da dieser sehr berufne Held, der ungezweifelte Stamherr Dero Geschlechts, der Sachsen Oberhaupt war, und in dem glücklich bezwungenen Slavenlande jenseit der Elbe 3 Bisthü- mer errichtete; so kamen die Bremer Kaufleute, welche die Ost- see befuhren, als sie eben ihren Cours nach der berühmten Han- seestadt Wisbu nahmen, zuerst unter allen, die disseits der See wohnen, ich weiß nicht von ungefähr, oder mit Vorsatz, durch den Sund bey Domsnes an die Mündung der Düne, und folg- lich nach Liefland selbst, gleichsam in eine neue Welt. Nachdem sie lange dahin gehandelt hatten, nahmen sie zuletzt etliche from- me Priester mit sich, die das heidnische rohe Volk, so ohne GOtt, Gesetz und König lebte, zur Menschlichkeit, zum Chri- stenthum und zur Gerecht- und Billigkeit anführen solten. Die- se zu schützen, und zugleich des Landes sich zu bemeistern, gingen Leute beyderley Standes, Edle und Unedle, in grosser Anzahl aus den beyden Sachsenländern dis- und jenseits der Weser, als neue Einwohner, jährlich nach Liefland zu Schiffe. Der gröste Theil derselben nahm mit der Folge der Zeit die Verfassung einer Kriegesgeselschaft, und den Namen der Ordensbrüder von der Ritterschaft Christi an; und damit man sehen möchte, daß sie die Liven auch durchs Schwerdt zu Unterthanen machen wolten, so liessen sie ausser dem bey allen heiligen Feldzügen ge- wöhnlichen Kreuz, noch das Zeichen des Schwerdts vorne auf ihre Kleider nähen, daher sie Schwerdtträger hiessen. Der Tod hat verhindert, daß dieser Heinrich, den Ew. König- liche Majestät mit unter Dero Ahnherren rechnen, nicht selbst die Hand an ein so wichtig Werk legte. Doch trit ein vorneh- mes Paar seiner Minister, deren einer den Armeen dieses Hein- richs, der andere seinem Cabinet vorgestanden, aus seiner Hel- denschule auf diesen Schauplatz, wo ihre Tapferkeit, ihr Eifer und ihr Geist sich vor andern sehen lassen. Ew. Königliche Majestät erlauben allergnädigst, daß ich wegen Anmuth der Begebenheiten die Namen und das Andenken derselben wieder beybringe, obgleich nichts von den Thaten des Löwen Ew. Königlichen Majestät unbekant, weil Dieselben alle grosse Thaten Dero Vorfahren in der fertigsten Erinnerung haben. Ew.
Des Herrn Hofrath Grubers Zueignungsſchrift nierlichen Lebensart und zum Chriſtenthum gebracht worden.Liefland, ſage ich, ſo den alten Einwohnern dieſes veſten Landes lange unbekant, und lange unbeſucht geblieben; davon aber das Gluͤck die Zeit und Ehre der Entdeckung und Beſichtigung deſſel- ben, ſo wie viel andere Dinge, auf die Zeiten Heinrichs des Loͤwen, jenes groſſen Bezwingers der Slaven, verſparet hatte. Denn da dieſer ſehr berufne Held, der ungezweifelte Stamherr Dero Geſchlechts, der Sachſen Oberhaupt war, und in dem gluͤcklich bezwungenen Slavenlande jenſeit der Elbe 3 Bisthuͤ- mer errichtete; ſo kamen die Bremer Kaufleute, welche die Oſt- ſee befuhren, als ſie eben ihren Cours nach der beruͤhmten Han- ſeeſtadt Wisbu nahmen, zuerſt unter allen, die diſſeits der See wohnen, ich weiß nicht von ungefaͤhr, oder mit Vorſatz, durch den Sund bey Domsnes an die Muͤndung der Duͤne, und folg- lich nach Liefland ſelbſt, gleichſam in eine neue Welt. Nachdem ſie lange dahin gehandelt hatten, nahmen ſie zuletzt etliche from- me Prieſter mit ſich, die das heidniſche rohe Volk, ſo ohne GOtt, Geſetz und Koͤnig lebte, zur Menſchlichkeit, zum Chri- ſtenthum und zur Gerecht- und Billigkeit anfuͤhren ſolten. Die- ſe zu ſchuͤtzen, und zugleich des Landes ſich zu bemeiſtern, gingen Leute beyderley Standes, Edle und Unedle, in groſſer Anzahl aus den beyden Sachſenlaͤndern dis- und jenſeits der Weſer, als neue Einwohner, jaͤhrlich nach Liefland zu Schiffe. Der groͤſte Theil derſelben nahm mit der Folge der Zeit die Verfaſſung einer Kriegesgeſelſchaft, und den Namen der Ordensbruͤder von der Ritterſchaft Chriſti an; und damit man ſehen moͤchte, daß ſie die Liven auch durchs Schwerdt zu Unterthanen machen wolten, ſo lieſſen ſie auſſer dem bey allen heiligen Feldzuͤgen ge- woͤhnlichen Kreuz, noch das Zeichen des Schwerdts vorne auf ihre Kleider naͤhen, daher ſie Schwerdttraͤger hieſſen. Der Tod hat verhindert, daß dieſer Heinrich, den Ew. Koͤnig- liche Majeſtaͤt mit unter Dero Ahnherren rechnen, nicht ſelbſt die Hand an ein ſo wichtig Werk legte. Doch trit ein vorneh- mes Paar ſeiner Miniſter, deren einer den Armeen dieſes Hein- richs, der andere ſeinem Cabinet vorgeſtanden, aus ſeiner Hel- denſchule auf dieſen Schauplatz, wo ihre Tapferkeit, ihr Eifer und ihr Geiſt ſich vor andern ſehen laſſen. Ew. Koͤnigliche Majeſtaͤt erlauben allergnaͤdigſt, daß ich wegen Anmuth der Begebenheiten die Namen und das Andenken derſelben wieder beybringe, obgleich nichts von den Thaten des Loͤwen Ew. Koͤniglichen Majeſtaͤt unbekant, weil Dieſelben alle groſſe Thaten Dero Vorfahren in der fertigſten Erinnerung haben. Ew.
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nierlichen Lebensart und zum Chriſtenthum gebracht worden.
Liefland, ſage ich, ſo den alten Einwohnern dieſes veſten Landes
lange unbekant, und lange unbeſucht geblieben; davon aber das
Gluͤck die Zeit und Ehre der Entdeckung und Beſichtigung deſſel-
ben, ſo wie viel andere Dinge, auf die Zeiten Heinrichs des
Loͤwen, jenes groſſen Bezwingers der Slaven, verſparet hatte.
Denn da dieſer ſehr berufne Held, der ungezweifelte Stamherr
Dero Geſchlechts, der Sachſen Oberhaupt war, und in dem
gluͤcklich bezwungenen Slavenlande jenſeit der Elbe 3 Bisthuͤ-
mer errichtete; ſo kamen die Bremer Kaufleute, welche die Oſt-
ſee befuhren, als ſie eben ihren Cours nach der beruͤhmten Han-
ſeeſtadt Wisbu nahmen, zuerſt unter allen, die diſſeits der See
wohnen, ich weiß nicht von ungefaͤhr, oder mit Vorſatz, durch
den Sund bey Domsnes an die Muͤndung der Duͤne, und folg-
lich nach Liefland ſelbſt, gleichſam in eine neue Welt. Nachdem
ſie lange dahin gehandelt hatten, nahmen ſie zuletzt etliche from-
me Prieſter mit ſich, die das heidniſche rohe Volk, ſo ohne
GOtt, Geſetz und Koͤnig lebte, zur Menſchlichkeit, zum Chri-
ſtenthum und zur Gerecht- und Billigkeit anfuͤhren ſolten. Die-
ſe zu ſchuͤtzen, und zugleich des Landes ſich zu bemeiſtern, gingen
Leute beyderley Standes, Edle und Unedle, in groſſer Anzahl
aus den beyden Sachſenlaͤndern dis- und jenſeits der Weſer, als
neue Einwohner, jaͤhrlich nach Liefland zu Schiffe. Der groͤſte
Theil derſelben nahm mit der Folge der Zeit die Verfaſſung einer
Kriegesgeſelſchaft, und den Namen der Ordensbruͤder von
der Ritterſchaft Chriſti an; und damit man ſehen moͤchte,
daß ſie die Liven auch durchs Schwerdt zu Unterthanen machen
wolten, ſo lieſſen ſie auſſer dem bey allen heiligen Feldzuͤgen ge-
woͤhnlichen Kreuz, noch das Zeichen des Schwerdts vorne auf
ihre Kleider naͤhen, daher ſie Schwerdttraͤger hieſſen. Der
Tod hat verhindert, daß dieſer Heinrich, den Ew. Koͤnig-
liche Majeſtaͤt mit unter Dero Ahnherren rechnen, nicht ſelbſt
die Hand an ein ſo wichtig Werk legte. Doch trit ein vorneh-
mes Paar ſeiner Miniſter, deren einer den Armeen dieſes Hein-
richs, der andere ſeinem Cabinet vorgeſtanden, aus ſeiner Hel-
denſchule auf dieſen Schauplatz, wo ihre Tapferkeit, ihr Eifer
und ihr Geiſt ſich vor andern ſehen laſſen. Ew. Koͤnigliche
Majeſtaͤt erlauben allergnaͤdigſt, daß ich wegen Anmuth der
Begebenheiten die Namen und das Andenken derſelben wieder
beybringe, obgleich nichts von den Thaten des Loͤwen Ew.
Koͤniglichen Majeſtaͤt unbekant, weil Dieſelben alle groſſe
Thaten Dero Vorfahren in der fertigſten Erinnerung haben.
Ew.
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