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Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779.

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Recha.
(hält an, und wendet sich zu Nathan)
Kann nicht seyn! nicht seyn! Sein Herz
Weiß nichts davon! -- Wir sind Betrieger! Gott!
Saladin.
(zum Tempelherrn)
Betrieger? wie? Das denkst du? kannst du denken?
Betrieger selbst! Denn alles ist erlogen
An dir: Gesicht und Stimm und Gang! Nichts dein!
So eine Schwester nicht erkennen wollen! Geh!
Tempelherr.
(sich demüthig ihm nahend.)
Mißdeut' auch du nicht mein Erstaunen, Sultan!
Verkenn' in einem Augenblick', in dem
Du schwerlich deinen Assad je gesehen,
Nicht ihn und mich!

(auf Nathan zueilend.)
Jhr nehmt und gebt mir, Nathan!
Mit vollen Händen beydes! -- Nein! Jhr gebt
Mir mehr, als Jhr mir nehmt! unendlich mehr!

(Recha um den Hals fallend)
Ah meine Schwester! meine Schwester!
Nathan.
Blanda
Von Filneck!
Tempelherr
Blanda? Blanda? -- Recha nicht?
Nicht Eure Recha mehr? -- Gott! Jhr verstoßt
Sie!
Recha.
(haͤlt an, und wendet ſich zu Nathan)
Kann nicht ſeyn! nicht ſeyn! Sein Herz
Weiß nichts davon! — Wir ſind Betrieger! Gott!
Saladin.
(zum Tempelherrn)
Betrieger? wie? Das denkſt du? kannſt du denken?
Betrieger ſelbſt! Denn alles iſt erlogen
An dir: Geſicht und Stimm und Gang! Nichts dein!
So eine Schweſter nicht erkennen wollen! Geh!
Tempelherr.
(ſich demuͤthig ihm nahend.)
Mißdeut’ auch du nicht mein Erſtaunen, Sultan!
Verkenn’ in einem Augenblick’, in dem
Du ſchwerlich deinen Aſſad je geſehen,
Nicht ihn und mich!

(auf Nathan zueilend.)
Jhr nehmt und gebt mir, Nathan!
Mit vollen Haͤnden beydes! — Nein! Jhr gebt
Mir mehr, als Jhr mir nehmt! unendlich mehr!

(Recha um den Hals fallend)
Ah meine Schweſter! meine Schweſter!
Nathan.
Blanda
Von Filneck!
Tempelherr
Blanda? Blanda? — Recha nicht?
Nicht Eure Recha mehr? — Gott! Jhr verſtoßt
Sie!
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[236/0244] Recha. (haͤlt an, und wendet ſich zu Nathan) Kann nicht ſeyn! nicht ſeyn! Sein Herz Weiß nichts davon! — Wir ſind Betrieger! Gott! Saladin. (zum Tempelherrn) Betrieger? wie? Das denkſt du? kannſt du denken? Betrieger ſelbſt! Denn alles iſt erlogen An dir: Geſicht und Stimm und Gang! Nichts dein! So eine Schweſter nicht erkennen wollen! Geh! Tempelherr. (ſich demuͤthig ihm nahend.) Mißdeut’ auch du nicht mein Erſtaunen, Sultan! Verkenn’ in einem Augenblick’, in dem Du ſchwerlich deinen Aſſad je geſehen, Nicht ihn und mich! (auf Nathan zueilend.) Jhr nehmt und gebt mir, Nathan! Mit vollen Haͤnden beydes! — Nein! Jhr gebt Mir mehr, als Jhr mir nehmt! unendlich mehr! (Recha um den Hals fallend) Ah meine Schweſter! meine Schweſter! Nathan. Blanda Von Filneck! Tempelherr Blanda? Blanda? — Recha nicht? Nicht Eure Recha mehr? — Gott! Jhr verſtoßt Sie!

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_nathan_1779/244>, abgerufen am 27.11.2024.