Und wessen? -- Doch des Sklaven nicht, der auf Des Lebens öden Strand den Block geflößt, Und sich davon gemacht? Des Künstlers doch Wohl mehr, der in dem hingeworfnen Blocke Die göttliche Gestalt sich dachte, die Er dargestellt? -- Ach! Rechas wahrer Vater Bleibt, trotz dem Christen, der sie zengte -- bleibt Jn Ewigkeit der Jude. -- Wenn ich mir Sie lediglich als Christendirne denke, Sie sonder alles das mir denke, was Allein ihr so ein Jude geben konnte: -- Sprich, Herz, -- was wär' an ihr, das dir gefiel? Nichts! Wenig! Selbst ihr Lächeln, wär' es nichts Als sanfte schöne Zuckung ihrer Muskeln; Wär', was sie lächeln macht, des Reitzes unwerth, Jn den es sich auf ihrem Munde kleidet: -- Nein; selbst ihr Lächeln nicht! Jch hab' es ja Wohl schöner noch an Aberwitz, an Tand, An Höhnerey, an Schmeichler und an Buhler, Verschwenden sehn! -- Hats da mich auch bezaubert? Hats da mir auch den Wunsch entlockt, mein Leben Jn seinem Sonnenscheine zu verflattern? -- Jch wüßte nicht. Und bin auf den doch launisch Der diesen höhern Werth allein ihr gab? Wie das? warum? -- Wenn ich den Spott verdiente, Mit dem mich Saladin entließ! Schon schlimm Genug, daß Saladin es glauben konnte! Wie klein ich ihm da scheinen mußte! wie Verächtlich! -- Und das alles um ein Mädchen? -- Curd! Curd! das geht so nicht. Lenk' ein! Wenn vollends Mir Daja nur was vorgeplaudert hätte,
Was
Und weſſen? — Doch des Sklaven nicht, der auf Des Lebens oͤden Strand den Block gefloͤßt, Und ſich davon gemacht? Des Kuͤnſtlers doch Wohl mehr, der in dem hingeworfnen Blocke Die goͤttliche Geſtalt ſich dachte, die Er dargeſtellt? — Ach! Rechas wahrer Vater Bleibt, trotz dem Chriſten, der ſie zengte — bleibt Jn Ewigkeit der Jude. — Wenn ich mir Sie lediglich als Chriſtendirne denke, Sie ſonder alles das mir denke, was Allein ihr ſo ein Jude geben konnte: — Sprich, Herz, — was waͤr’ an ihr, das dir gefiel? Nichts! Wenig! Selbſt ihr Laͤcheln, waͤr’ es nichts Als ſanfte ſchoͤne Zuckung ihrer Muskeln; Waͤr’, was ſie laͤcheln macht, des Reitzes unwerth, Jn den es ſich auf ihrem Munde kleidet: — Nein; ſelbſt ihr Laͤcheln nicht! Jch hab’ es ja Wohl ſchoͤner noch an Aberwitz, an Tand, An Hoͤhnerey, an Schmeichler und an Buhler, Verſchwenden ſehn! — Hats da mich auch bezaubert? Hats da mir auch den Wunſch entlockt, mein Leben Jn ſeinem Sonnenſcheine zu verflattern? — Jch wuͤßte nicht. Und bin auf den doch launiſch Der dieſen hoͤhern Werth allein ihr gab? Wie das? warum? — Wenn ich den Spott verdiente, Mit dem mich Saladin entließ! Schon ſchlimm Genug, daß Saladin es glauben konnte! Wie klein ich ihm da ſcheinen mußte! wie Veraͤchtlich! — Und das alles um ein Maͤdchen? — Curd! Curd! das geht ſo nicht. Lenk’ ein! Wenn vollends Mir Daja nur was vorgeplaudert haͤtte,
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Und weſſen? — Doch des Sklaven nicht, der auf
Des Lebens oͤden Strand den Block gefloͤßt,
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Wohl mehr, der in dem hingeworfnen Blocke
Die goͤttliche Geſtalt ſich dachte, die
Er dargeſtellt? — Ach! Rechas wahrer Vater
Bleibt, trotz dem Chriſten, der ſie zengte — bleibt
Jn Ewigkeit der Jude. — Wenn ich mir
Sie lediglich als Chriſtendirne denke,
Sie ſonder alles das mir denke, was
Allein ihr ſo ein Jude geben konnte: —
Sprich, Herz, — was waͤr’ an ihr, das dir gefiel?
Nichts! Wenig! Selbſt ihr Laͤcheln, waͤr’ es nichts
Als ſanfte ſchoͤne Zuckung ihrer Muskeln;
Waͤr’, was ſie laͤcheln macht, des Reitzes unwerth,
Jn den es ſich auf ihrem Munde kleidet: —
Nein; ſelbſt ihr Laͤcheln nicht! Jch hab’ es ja
Wohl ſchoͤner noch an Aberwitz, an Tand,
An Hoͤhnerey, an Schmeichler und an Buhler,
Verſchwenden ſehn! — Hats da mich auch bezaubert?
Hats da mir auch den Wunſch entlockt, mein Leben
Jn ſeinem Sonnenſcheine zu verflattern? —
Jch wuͤßte nicht. Und bin auf den doch launiſch
Der dieſen hoͤhern Werth allein ihr gab?
Wie das? warum? — Wenn ich den Spott verdiente,
Mit dem mich Saladin entließ! Schon ſchlimm
Genug, daß Saladin es glauben konnte!
Wie klein ich ihm da ſcheinen mußte! wie
Veraͤchtlich! — Und das alles um ein Maͤdchen? —
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Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_nathan_1779/208>, abgerufen am 22.07.2024.
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