Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779.
Jch Rechenschaft nur mir zu geben hätte: Was braucht' ich Eures Patriarchen? Aber Gewisse Dinge will ich lieber schlecht, Nach andrer Willen, machen; als allein Nach meinem, gut. -- Zudem, ich seh nun wohl, Religion ist auch Parthey; und wer Sich drob auch noch so unparteyisch glaubt, Hält, ohn' es selbst zu wissen, doch nur seiner Die Stange. Weil das einmal nun so ist: Wirds so wohl recht seyn. Klosterbruder. Dazu schweig' ich lieber. Denn ich versteh den Herrn nicht recht. Tempelherr. Und doch! -- (Laß sehn, warum mir eigentlich zu thun! Um Machtspruch oder Rath? -- Um lautern, oder Gelehrten Rath?) -- Jch dank' Euch, Bruder; dank Euch für den guten Wink. -- Was Patriarch? -- Seyd Jhr mein Patriarch! Jch will ja doch Den Christen mehr im Patriarchen, als Den Patriarchen in dem Christen fragen. -- Die Sach' ist die ... Klosterbruder, Nicht weiter, Herr, nicht weiter! Wozu? -- Der Herr verkennt mich. -- Wer viel weiß, Hat viel zu sorgen; und ich habe ja Mich K 4
Jch Rechenſchaft nur mir zu geben haͤtte: Was braucht’ ich Eures Patriarchen? Aber Gewiſſe Dinge will ich lieber ſchlecht, Nach andrer Willen, machen; als allein Nach meinem, gut. — Zudem, ich ſeh nun wohl, Religion iſt auch Parthey; und wer Sich drob auch noch ſo unparteyiſch glaubt, Haͤlt, ohn’ es ſelbſt zu wiſſen, doch nur ſeiner Die Stange. Weil das einmal nun ſo iſt: Wirds ſo wohl recht ſeyn. Kloſterbruder. Dazu ſchweig’ ich lieber. Denn ich verſteh den Herrn nicht recht. Tempelherr. Und doch! — (Laß ſehn, warum mir eigentlich zu thun! Um Machtſpruch oder Rath? — Um lautern, oder Gelehrten Rath?) — Jch dank’ Euch, Bruder; dank Euch fuͤr den guten Wink. — Was Patriarch? — Seyd Jhr mein Patriarch! Jch will ja doch Den Chriſten mehr im Patriarchen, als Den Patriarchen in dem Chriſten fragen. — Die Sach’ iſt die … Kloſterbruder, Nicht weiter, Herr, nicht weiter! Wozu? — Der Herr verkennt mich. — Wer viel weiß, Hat viel zu ſorgen; und ich habe ja Mich K 4
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Jch Rechenſchaft nur mir zu geben haͤtte:
Was braucht’ ich Eures Patriarchen? Aber
Gewiſſe Dinge will ich lieber ſchlecht,
Nach andrer Willen, machen; als allein
Nach meinem, gut. — Zudem, ich ſeh nun wohl,
Religion iſt auch Parthey; und wer
Sich drob auch noch ſo unparteyiſch glaubt,
Haͤlt, ohn’ es ſelbſt zu wiſſen, doch nur ſeiner
Die Stange. Weil das einmal nun ſo iſt:
Wirds ſo wohl recht ſeyn.
Kloſterbruder.
Dazu ſchweig’ ich lieber.
Denn ich verſteh den Herrn nicht recht.
Tempelherr.
Und doch! —
(Laß ſehn, warum mir eigentlich zu thun!
Um Machtſpruch oder Rath? — Um lautern, oder
Gelehrten Rath?) — Jch dank’ Euch, Bruder; dank
Euch fuͤr den guten Wink. — Was Patriarch? —
Seyd Jhr mein Patriarch! Jch will ja doch
Den Chriſten mehr im Patriarchen, als
Den Patriarchen in dem Chriſten fragen. —
Die Sach’ iſt die …
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Nicht weiter, Herr, nicht weiter!
Wozu? — Der Herr verkennt mich. — Wer viel weiß,
Hat viel zu ſorgen; und ich habe ja
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Zitationshilfe: | Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_nathan_1779/159>, abgerufen am 16.02.2025. |