Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767.oder das Soldatenglück. Franciska. Es ist kein Bettel! es ist ein sehr kostbarer Ring, den er wohl noch dazu von lieben Händen hat. Werner. Das wirds auch seyn. Von lieben Händen; ja, ja! So was erinnert einen manch- mal, woran man nicht gern erinnert seyn will. Drum schafft mans aus den Augen. Franciska. Wie? Werner. Dem Soldaten gehts in Winter- quartieren wunderlich. Da hat er nichts zu thun, und pflegt sich, und macht vor langer Weile Bekannt- schafften, die er nur auf den Winter meynet, und die das gute Herz, mit dem er sie macht, für Zeit- Lebens annimmt. Husch ist ihm denn ein Rin- gelchen an den Finger prackticirt; er weiß selbst nicht, wie es dran kömmt. Und nicht selten gäb er gern den Finger mit drum, wenn er es nur wieder los werden könnte. Franciska. Ey! und sollte es wohl dem Ma- jor auch so gegangen seyn? Werner. Ganz gewiß. Besonders in Sach- sen; wenn er zehn Finger an jeder Hand gehabt hätte,
oder das Soldatengluͤck. Franciska. Es iſt kein Bettel! es iſt ein ſehr koſtbarer Ring, den er wohl noch dazu von lieben Haͤnden hat. Werner. Das wirds auch ſeyn. Von lieben Haͤnden; ja, ja! So was erinnert einen manch- mal, woran man nicht gern erinnert ſeyn will. Drum ſchafft mans aus den Augen. Franciska. Wie? Werner. Dem Soldaten gehts in Winter- quartieren wunderlich. Da hat er nichts zu thun, und pflegt ſich, und macht vor langer Weile Bekannt- ſchafften, die er nur auf den Winter meynet, und die das gute Herz, mit dem er ſie macht, fuͤr Zeit- Lebens annimmt. Huſch iſt ihm denn ein Rin- gelchen an den Finger prackticirt; er weiß ſelbſt nicht, wie es dran koͤmmt. Und nicht ſelten gaͤb er gern den Finger mit drum, wenn er es nur wieder los werden koͤnnte. Franciska. Ey! und ſollte es wohl dem Ma- jor auch ſo gegangen ſeyn? Werner. Ganz gewiß. Beſonders in Sach- ſen; wenn er zehn Finger an jeder Hand gehabt haͤtte,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#WAC"> <pb facs="#f0095" n="91"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">oder das Soldatengluͤck.</hi> </fw><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franciska.</hi> </speaker> <p>Es iſt kein Bettel! es iſt ein ſehr<lb/> koſtbarer Ring, den er wohl noch dazu von lieben<lb/> Haͤnden hat.</p> </sp><lb/> <sp who="#WAC"> <speaker> <hi rendition="#fr">Werner.</hi> </speaker> <p>Das wirds auch ſeyn. Von lieben<lb/> Haͤnden; ja, ja! So was erinnert einen manch-<lb/> mal, woran man nicht gern erinnert ſeyn will.<lb/> Drum ſchafft mans aus den Augen.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franciska.</hi> </speaker> <p>Wie?</p> </sp><lb/> <sp who="#WAC"> <speaker> <hi rendition="#fr">Werner.</hi> </speaker> <p>Dem Soldaten gehts in Winter-<lb/> quartieren wunderlich. Da hat er nichts zu thun, und<lb/> pflegt ſich, und macht vor langer Weile Bekannt-<lb/> ſchafften, die er nur auf den Winter meynet, und<lb/> die das gute Herz, mit dem er ſie macht, fuͤr Zeit-<lb/> Lebens annimmt. Huſch iſt ihm denn ein Rin-<lb/> gelchen an den Finger prackticirt; er weiß ſelbſt<lb/> nicht, wie es dran koͤmmt. Und nicht ſelten gaͤb<lb/> er gern den Finger mit drum, wenn er es nur<lb/> wieder los werden koͤnnte.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franciska.</hi> </speaker> <p>Ey! und ſollte es wohl dem Ma-<lb/> jor auch ſo gegangen ſeyn?</p> </sp><lb/> <sp who="#WAC"> <speaker> <hi rendition="#fr">Werner.</hi> </speaker> <p>Ganz gewiß. Beſonders in Sach-<lb/> ſen; wenn er zehn Finger an jeder Hand gehabt<lb/> <fw place="bottom" type="catch">haͤtte,</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0095]
oder das Soldatengluͤck.
Franciska. Es iſt kein Bettel! es iſt ein ſehr
koſtbarer Ring, den er wohl noch dazu von lieben
Haͤnden hat.
Werner. Das wirds auch ſeyn. Von lieben
Haͤnden; ja, ja! So was erinnert einen manch-
mal, woran man nicht gern erinnert ſeyn will.
Drum ſchafft mans aus den Augen.
Franciska. Wie?
Werner. Dem Soldaten gehts in Winter-
quartieren wunderlich. Da hat er nichts zu thun, und
pflegt ſich, und macht vor langer Weile Bekannt-
ſchafften, die er nur auf den Winter meynet, und
die das gute Herz, mit dem er ſie macht, fuͤr Zeit-
Lebens annimmt. Huſch iſt ihm denn ein Rin-
gelchen an den Finger prackticirt; er weiß ſelbſt
nicht, wie es dran koͤmmt. Und nicht ſelten gaͤb
er gern den Finger mit drum, wenn er es nur
wieder los werden koͤnnte.
Franciska. Ey! und ſollte es wohl dem Ma-
jor auch ſo gegangen ſeyn?
Werner. Ganz gewiß. Beſonders in Sach-
ſen; wenn er zehn Finger an jeder Hand gehabt
haͤtte,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |